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„Mar, dass kann ich nicht machen." Ich umfasse ihre Hand, damit sie endlich stehen bleibt. Ihre Haare wehen in dem stetigen Wind, der von der Hitze getragen wird und die restlichen Blätter von den Bäumen bringt. „Line wir hatten oft genug darüber geredet. Ich lasse dich nicht alleine."

„Aber es ist dein Date. Vor allem dein erstes mit Zack." Da kann ich nicht bei sein, würde ich noch gerne hinterher schieben, doch dort tritt bereits der besagte unter den entzündeten Laternenschein hervor. Seine Hand hat die Jacke umfasst, während seine Augen nur kurz von Mar zu mir huschen, bevor er wieder zu ihr schaut. Ich habe ihn nur wenige male gesehen, auch eigentlich nur von Fotos, da er nicht auf unsere Schule geht, sondern auf die Parallelschule.

Eben auf keine Privatschule.

Seine dunkeln blonden Haare besitzen dunklere Strähnen in mitten der sauber geschnittenen Frisur. Im Gegensatz dazu ist seine dunklere Haut und das zerknitterte Hemd. Zwar kommen wir aus einem Haushalt, in dem wir keine Falten kennen, jedoch erscheint er dadurch verruchter.

Durch das leicht wachsende Lächeln entstehen kleine Grübchen, die er meiner besten Freundin widmet. „Mar." Seine Stimme ist nicht schrill, aber auch nicht tief genug, um sein Aussehen zu unterstreichen, die benannte zuckt dennoch voller Euphorie zusammen. Der Griff um mein Gelenk löst sich langsam auf, wodurch sie sich in die Arme von Zack wirft, der ihr einen kleinen Kuss auf den Hinterkopf gibt. Mein Lächeln und meine Freude für sie wird breiter und größer. Ich habe sie lange nicht mehr so Still erlebt, dafür, dass sie sonst immer der Grund für Chaos ist. „Zack das ist meine Beste Freundin Edeline." Er wusste bereits das ich mitkomme, sie haben immerhin die ganze Zeit miteinander geschrieben, wo sie ihm alles erklärt haben muss. Ich möchte mir jedoch nicht vorstellen, ob sie geschrieben hat, dass ich vollkommen durch gedreht bin oder ob ich einfach einsam bin und mich deswegen auf ein Date einlade. Beides erscheint mir nicht vorteilhaft.

Doch ganz zu meinen Erwartungen lächelt Zack mich ebenso freundlich an, was ich dann bloß erwidern kann. „Sie hat mir schon viel von dir erzählt." Murmelt er wissend, während er verstohlen zu ihr rüber schaut. „Habt ihr euch doch schon getroffen?" Die Frage rutscht mir ungewollt heraus, doch Mar schüttelt bloß ihren Kopf und hakt sich bei mir ein. „Nein, aber wir haben eine Menge geschrieben."

„Zack es tut mir übrigens unglaublich leid, dass ich mich hier so aufdränge. Würde es nach mir gehen, dann würde ich euch den Abend ganz alleine überlassen." Erneut zuckt sein Mundwinkel nach oben, während er nur den Kopf schüttelt und abwinkt. „Vergiss das ganz schnell. Marienne meinte bereits, dass es dir heute nicht gut ging und das du Abwechslung brauchst. Also egal wer der Typ ist, vergiss ihn einfach."

Ich zwinge mich zu einem Lächeln, während ich zögernd nicke und den forschenden Blick meiner Besten Freundin auf mir spüre. Ihr sollte bewusst sein, dass die Angelegenheit nichts mit einem Typen zu tun hat. Das es irgendwie anders ist. Größer. Verzweifelnder.

„Naja, jedenfalls danke." Beschämt senke ich meinen Blick, spüre die zierlichen Finger von Mar in meiner Seite, die mich wieder zum lachen bringen sollen.

„Also, welchen Film wollt ihr schauen?" Seine Augen bleiben auf der Anzeigetafel stehen, die in dem beleuchteten Flur hängt. Der Regen tropft weiter von den Dächern auf den Boden. Selbst an der Draußenkasse des Kinos ist der Boden überschwemmt.

„Casablanca." Gurrt die Brünette neben mir. Ich ziehe bereits ein paar Scheine aus meiner Tasche, als er abwehrend die Hände hebt. „Fühlt euch eingeladen, Mädels." Ungläubig verfolge ich Zack, welcher auf die Kasse zugeht und unsere Karten besorgt. Erst durch den festeren Druck um mein Arm wende ich mich Mar zu, die ihn mit verträumten Augen betrachtet. „Ich hätte nicht gedacht, dass er mich so schnell überzeugt." Gebe ich schmunzelnd fest. Durch ihr breiter werdendes Lächeln, wird auch mein lachen breiter.

Es dauert nicht lange, da tritt Zack wieder zu uns und überreicht uns die Karten, bevor er einen Arm um Mars Hüfte legt und sie zum Eingang bringt. Unglaublicherweise komme ich nicht abhanden, fühle mich auch nicht ausgeschlossen. Es ist fast herzlich, wie er seine Aufmerksamkeit auf Mar legt, ohne mich auszustoßen. Er scheint was von Besten Freundinnen zu verstehen.

„Dieses Mal lade ich euch jedoch ein. Was kann ich euch bringen?" Es soll mein Gewissen mildern, dass ich mich aufdränge.

Ich deute weiter auf die Kino-Bar, dessen Ansturm gerade weniger wird. „Edeline, das brauchst du wirkli-" Nun bin ich es, die den Kopf schüttelt und abdankt. „Das ist das mindeste, was ich tun kann. Also?" Auffordernd streifen meine Augen erst Zacks, dann Mars, welche ergeben ihre Abwehrhaltung abnimmt. „Schön. Für mich eine mittlere Popcorn und Cola." Nickend notiere ich ihre kleine Bestellung. „Dann für mich ebenso eine Cola." Mir wird bereits nun bei seinem Wunsch bewusst, dass er entweder mein Geldbeutel schonen möchte oder, was wahrscheinlicher ist, dass er mit Mar in Körperkontakt treten möchte. Auch, wenn es nur eine flüchtige Berührung durch das Popcorn ist. Er erfüllt eben ein Klischee, auf das alle Mädchen trotzdem stehen. Ich beneide meinen Satansbraten nun schon dafür, nehme mir aber auch vor, mich einen Platz weiter weg zu setzten.

Casablanca soll nicht durch Schmatzgeräusche unterbrochen werden.

„Okay, sucht ihr schon einmal Plätze, ich bringe euch dann alles." Noch einmal gleiten ihre grünen Augen über mich, als wolle sie sich versichern, dass es mir wirklich gut geht. Doch momentan kann ich weder meinen Zusammenbruch, noch alles andere erklären. Ebenso kann ich mich nicht über meinen momentanen Zustand beklagen.

„Kino Drei, Line. Kino Drei." Säuselnd dreht sie sich mit Zack um. Ich kann nicht anders als ihren lachen zu lauschen und diesen Blick in seinen Augen genießen. Ich gönne es ihr so sehr. So sehr, dass ich selber nicht einmal das Lächeln bemerke, dass sich auf meine Lippen schleicht.

Summend wende ich mich der Kasse um und bleibe vor dem Gläsernen Kasten stehen, um mir meine Auswahl anzuschauen. Möglicherweise lasse ich mir auch einfach genug Zeit, um ihnen ein wenig Privatsphäre zu lassen. Bei Mar kann ich mir gut vorstellen, dass sie nicht lange warten wird, bevor sie ihre Lippen wieder miteinander vereinen. Auf der Party sollen sie sich ja bereits geküsst haben.

Ein eisiger Wind zieht an mir vorbei, gemischt mit den Flammen eines zitternden Feuers, welches meinen rechten Arm vollkommen erwärmt. Der Schweiß beginnt sich auf meinen Armen auszubreiten, während sich dennoch eine Kühle über meinen Rücken gleitet. Es ist unangenehm, es ist zerreißend, wie die Temperaturen und meine Wahrnehmung mit mir spielt. Ich blicke um mich, umfasse fester die Scheine, suche hektischer den Raum ab. Doch jeder benimmt sich wie zuvor. Keiner scheint den aufkommenden Wind zu bemerken, nicht die glühende Hitze, die so verbrannt und doch wohltuend riecht.

Doch sie erlischt, als sich der Wind für einen Moment vollkommen um mich legt, bevor er vollkommen Spurlos vergeht. Die leise Musik der Boxen dringt wieder mit dem erbarmungslosen Regen zu mir durch. Ich keuche auf, als sich mein Herzschlag wieder beruhigt und ich noch immer den Boden fixiere. Der verschwommene Blick lässt immer weiter nach.
Sie werden bloß klar, als sich ein Körper hinter meinen stellt und dessen kalter Atem auf meinen Nacken fließt.

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt