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„Edeline, ich bin überrascht dich hier wieder zu sehen."

Ein fragwürdiger Ausdruck legt sich auf seine Gesichtszüge, während ich mir voller Scham ein Lächeln aufzwinge. Ich habe diesen Ort immer verspottet und nun scheint er mir als einziger Ruhe zu schenken.

„Ich bin ehrlich gesagt auch ziemlich überrascht hier zu sein." Gebe ich mühsam von mir. Das reden fällt mir schwer, zumindest das klare reden. Ich habe das Gefühl meine Zunge ist geschwollen und bringt mein Körper zum pulsieren. Jede Faser meines Shirts nehme ich so viel Kraftvoller wahr, dass es beinahe schmerzt, wie der Stoff über meine nackte Haut gleitet. Mein Bh, ist einfach viel zu eng, er schürt mir alle oben liegenden Nerven und Blutgefäße ab. Ich möchte mich winden, schreien, um mich schlagen. Dieses Gefühl darf einfach nicht anhalten.

Meine Hände zittern noch immer. Unser Pastor wirft einen Blick in den Himmel und seufzt leise. „Ich weiß was du meinst. Zu dieser Zeit, ist der Glaube und die Verzweiflung das stärkste was man besitzt." Ich schnappe nach Luft, erkenne endlich ein Muster. Das meinte sowohl Thunder, als auch die Älteste damit, dass ich es nur wissen muss und das ich es erst später verstehen werde.

Glaube und Verzweiflung stehen sich so nah. Es ist ebenso ein Gegenteil, wie die Engel und die Dämonen. Sie ernähren sich von ihrem gebiet. Und bisher haben Menschen immer gleich gehofft und somit gleich verzweifelt. Es war immer eine Woge des Gleichgewichtes, was die Dämonen irgendwie durchstoßen konnten.

„Geht es dir nicht gut?" Eine Hand umfasst meinen Arm, wodurch ich schreckhaft zurück trete. Es ist nicht so, dass er mich verletzt hat, viel eher habe ich sein eigenes Blut pochen spüren und hören können. Ich habe so viel von seinem Körper und seinen Nervensträngen mitgenommen, dass sich schwarze Punkte vor meinem Inneren Auge aufbauen.

„Nein, ic- kann ich rein?" Er schaut noch immer skeptisch, nickt dann aber und öffnet für mich das kleine Tor. Es ist wie eine Flut der Erleichterung, als ich durch das Tor gehe und mit einem mal nicht mehr all das schmerzende spüre. Als die Geräusche abebben und ich erst nun bemerke, wie Still der Wald wirklich ist. Das Rauschen meines Herzens und Blutes nimmt ebenso ab. Ich atme durch. Lasse den Schweiß weiter über mich rinnen.

„Dir geht es wirklich gut?" Ich nicke weiter, löse aber den Blick der kleinen Kirche und setzte ihn auf unseren Pastor, welcher ebenso das Tor beschreitet.
„Dieser Ort, er besitzt viel Geschichte oder?"

Ein Lächeln huscht über seine Lippen. „Die Kirche war das erste Gebäude was hier gebaut wurde. Es siedelten sich immer mehr Leute an, aber sie war der Startpunkt."

„Was wissen Sie über Engel?" Ich drehe mich endgültig ihm zu und erkenne die Nachdenkliche Miene. Ich bin erleichtert darüber, dass er meine Frage nicht allzu in den Dreck zieht. Er scheint es wirklich ernst zu meinen und das tue ich ebenso. „Es gibt sehr viele Geschichten über sie. Sie gelten als Rein, Unschuldig, Gerecht. Daher die Kinder." Er geht vor und öffnet erneut die Kirchtür für mich, wodurch ich hinter ihm her gehe. „Und Dämonen?"

„Da wo es das gute gibt, gibt es auch das Böse. Nicht ohne Grund gibt es die Hölle, als Sinnbild des schlechten. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es dem wirklich alles so nahe kommt."

Seine Mundwinkel zucken nach oben. „Woran glauben Sie?" Frage ich leise nach. Meine Finger berühren die Bank, das Holz liegt rau unter meinen Fingern.

Seine schallende Lache klingt durch die Kirche und lässt mich von dem Gebäude zu ihm schauen. „An alles. Ich schließe nichts aus. Mir ist bewusst, dass ich meine Religion als besonders überzeugend empfinde, aber ebenso als besonders falsch. Du wirst keine richtige Antwort finden, Edeline. Das hat noch nie einer."

Ich bin ihr aber so nah. Ich weiß so viel mehr und die Menschheit sollte es erfahren. Sie sollten wissen, woran sie glauben. Sie sollten wissen, dass sie so stark sind, um so etwas wie unsere Engel zu erschaffen. Sie sollten wissen, dass die Nordlichter mehr zu sagen haben, als ein funkelnder Streifen am Horizont. Die Magie ist echt und sie war die ganze Zeit vor unseren Augen, nur hat keiner etwas ahnen können.

„Wahrscheinlich haben Sie Recht." Murmle ich leise, ehe ich mich auf der Bank nieder lasse. „Es geht nicht darum, ob ich Recht habe, sondern an was du glaubst. Aber ich glaube dem ist dir Bewusst."

Schweratmend lasse ich mich auf eine der Bänke nieder, während ich mir ein Nicken abringe.

Meine Brauen ziehen sich zusammen, als ich Barbara sehe, die ihre Haare um ihren Finger wickelt, während sie weiter mit dem Football Captain redet. „Wir müssen deinen Engel umbenennen." Murmle ich Nachdenklich, spüre dabei, wie das Lächeln von Mar abebbt. Ich habe sie wohl dabei erwischt, wie sie mit Zack geschrieben hat. „Meinen Engel?" Nur zögernd schaue ich von Barbara weg, um sie zu mustern. Ihre Stirn ist Ratlos in Falten gelegt. Meine wäre es auch, wenn Mar mir das Selbe sagt.

„Ja? Ich meine, wir haben ihn die dicke Barbara genannt. Und dann auch noch nach der echten Barbara." Ich könnte frustriert aufseufzen, als ich daran denken muss, dass irgendwo ein Engel umherschwirrt, die diesen Namen trägt. Das ist mehr als unfair. „Du bist wirklich komisch geworden, Line. Umso besser das bald Thanksgiving ansteht. Meine Eltern sind dann bei irgendeinem Mandanten, sodass du zu mir kommen kannst. Wir machen uns fertig und Zack und Richard holen uns ab." Mit geweiteten Augen schaut sie weiter zu mir, während ich mir auf meine Lippe beiße. Es klingt verlockend, doch der Gedanke, dass dort Dämonen sein könnten, die sich in meine Mitmenschen eingenistet haben und die auf der Suche nach mir sind, schreckt mich doch ab. „Ich bin am überlegen nicht hinzugehen."

„Edeline, du machst mich wirklich fertig. Was ist nun schon wieder der Grund dafür?" Sie ist verletzt. Das Grün ihrer Augen scheint beinahe gebrochen, wodurch ich seufzend meine Schultern richte. „Also gut, dann komme ich eben mit. Ich tische meinen Eltern einfach irgendeine kleine Notlüge auf." Murmle ich ergeben, die sie sogleich freudig aufspringen lässt. Ihre Arme wickeln sich um meinen Hals. „Gott, danke!"

„Aber du darfst mit Zack nicht früher abhauen." Warnend löse ich mich wieder von ihr und erkenne das nicken, dass mich ebenso nicken lässt.

„Und was gedenkst du dann an dem Abend noch mit Richard zu tun?" Ihr Mundwinkel zuckt nach oben, meiner jedoch sinkt von dem Moment an, an welchem sie die Frage von sich gibt. „Ich gedenke gar nichts mit ihm zu machen. Und ich bezweifle das, dass auch was mit uns wird."
„Du musst ja nicht gleich mit ihm zusammen kommen." Murmelt sie betrübt. Die Vorstellung, dass ich mit Richard zusammen komme, scheint ihr mehr willkommen zu sein, als mir. „Ich war gestern bei Hannes." Gebe ich von mir, um das Thema endlich zu wechseln. Ihre Augen weiten sich, ihre Haltung strafft sich, ehe ich einen Blick zur Uhr gleiten lasse. Es sind noch zehn Minuten, dann haben wir Sport und dann Schluss. Und ich kann es kaum erwarten, diese Stunde hinter mich zu bringen.

„Wegen dieser Alibi-Ausnutz-Sache, die du ebenso mit ihm angestellt hast?" Augenrollend lehne ich mich nach vorne. „Er ist ein Widerling, in Psychopath, man müsste ihn einsperren." Meine Zähne knirschen aufeinander, während die Geräusche um mich herum wieder zunehmen und ein zittern durch mich gleitet. Das Bild meiner lodernden Augen kehrt zurück und lässt mich meine Lider schließen, damit ich ruhig durchatme.
„Du scheinst mir verändert." Ich öffne wieder meine Augen und schaue zu Mar, welche mich nachdenklich mustert. „Irgendwie... mehr Energiegeladener und Rebellischer." Ihr Kopf legt sich schief, ihre Lippen verziehen sich zu seinem Lächeln.

„Das gefällt mir, Line. Wir sollten dir einen angemessenen Spitznamen geben. Ich meine, der Name erscheint mir sehr Süß." Ich kann nur meinen Kopf schütteln. Ich möchte keinen anderen - besonderen- Namen haben.  Ich brauche keinen anderen. „Nein, Mar, dass ist vollkommen überflüssig."

„Du wolltest, dass ich meinen Engel umbenenne." Ihr Blick spricht Bände, wodurch ich verstumme und meinen Kopf in den Nacken lege. Gegen sie werde ich keine Chance haben.

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt