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„Wir bräuchten für die Nacht ein Zimmer."

„Zimmer 23, brauchen sie Hilfe bei dem Gepäck?" Meine Brauen ziehen sich zusammen, als er mir den Schlüssel mit einem Lächeln überreicht. „Benötigen sie keine Angaben?" Der Mann antwortet mir auf meine Frage nicht, wodurch sich mein Bauchgefühl immer mehr bestätigt. „Danke." Murmle ich frustriert als ich nach dem Schlüssel zwischen uns greife und die Lobby verlasse. Thunder lehnt am Auto und blickt vom Boden auf. „Das wäre wirklich nicht nötig gewesen." Seine Mundwinkel zucken nach oben, ehe er sich abstützt und zu mir kommt. „Dein Vater wird es schaffen jeden Stein nach deinen eingecheckten Daten zu suchen. Das zu riskieren wäre dumm."

„Aber hier müssen die Menschen auch von etwas leben." Immerhin befinden wir uns in einer abgeschnittenen Kleinstadt. Die Menschen hier werden sicherlich bereits jeden Penny umdrehen, damit sie anständig leben können. „Dann geben wir ihnen mehr als genug, aber es geht darum dich in Sicherheit zu bringen." Mein Kopf scheint zu platzen, während er den bewusstlosen Engel aus dem Auto hebt und mir andeutet zu unserem Zimmer zu gehen. Mir wird erst nun bewusst, dass wir uns wohl ein einziges Zimmer zu dritt teilen müssen. Wo sie noch schläft könnte es vielleicht sogar angenehm werden, aber die Sorge steigt umso länger sie schläft. Denn dann wird sie irgendwann in absehbarer Zeit aufwachen.

„Hör auf dir Gedanken zu machen." Der leichte Windhauch umhüllt mich. Lässt mich von der Leere zu ihm schauen und die niedergelegten Schleier finden. „Es ist Zimmer 312."
„Geh vor, Ella, sonst wächst du mir dort noch fest." Seine spöttische Lache irritiert mich. Zumindest für den ersten Moment, denn meine Mundwinkel heben sich von ganz alleine, als ich schließlich an ihm vorbei gehe.

Wie zu erwarten ist das Zimmer Spartanisch eingerichtet. Die alten hell-orangengen Wände stechen sich mit den grünen Akzenten, wie der verstaubte Lampenschirm und den grünen Kissen. Selbst der Fernseher ist ein alter Röhrenfernseher, dessen Staubschicht, ihn weiß erscheinen lässt.
„Möchtest du dich ausruhen?" Ich schüttle meinen Kopf auf seine Frage hin und beobachte ihn, wie er meinen Engel auf das Bett legt. Ihre roten locken fallen wie ein Schleier über seine Hand, als er sie unter ihrem Nacken zieht. „Sind alle Engel so schön?"

Voller Scham zucke ich zurück und erkenne das breiter werdende Lächeln auf seinen Lippen. Die Genugtuung die ich ihm mit meinen Worten gegeben habe, bereue ich nun bereits. „Dankeschön." Er zieht das Wort unnötig in die Länge, unterstreicht meinen Fehler und seine steigende Arroganz. Mit aller Mühe versuche ich mir das Schnauben zu unterdrücken. „Vergiss es einfach, Thunder." Das Lächeln auf seinen Lippen zieht sich über sein Gesicht. Und irgendwie beginnt es selbst mich anzustecken. Es erweckt mein zu Stein gefrorenes Herz erneut ein Stück. Und bevor ich es aufhalten kann, beginne ich zu lachen. Ich beginne das erste Mal seit so langer Zeit zu lachen. Mit jedem Moment der verstrichen wird, spüre ich wie kräftig mein Herz pulsiert, wie sehr es sich freut, wie sehr sich selbst Thunder von allem löst. In einer solch absurden Situation. In einer solch freudlosen Situation, tut es einfach mal gut zu lachen.

Müde schlage ich meine Augen auf und betrachte das Zimmer, welches der Dunkelheit erliegt. Es verschlingt alles in einem, es lässt mich im dunklen tapsen und doch verspüren, dass sich etwas verändert hat. Meine Finger fahren die Matratze hinauf, um an den Nachttisch zu gelangen und die kleine Lampe darauf anzuschalten. Das dumpfe Licht durchflutet meine Sicht und lässt mich auf die leere Betthälfte schauen, auf der sich der schlafende Engel befand. Und anschließend betrachte ich den leeren Sessel, auf welchen Thunder saß. Seufzend beiße ich mir auf meine Lippe, ehe ich mich dazu überwinde aufzustehen und die Tür zu öffnen. Ich presse meine Lippen aufeinander, als ich die beiden Engel auf einer der Liege betrachte, die an dem Pool stehen. Seine Arme sind um ihren Körper geschlungen, während er ihr irgendwas erzählt. Der vertraute Anblick lässt mein Herz zusammen ziehen. Schmerzvoller, als es hätte eigentlich sein sollen. Sie wirken so bekannt, so intensiv. Sie wirken so, wie Thunder und ich niemals wirken können. Allein, weil unsere Welten dies niemals zu lassen würden. Weil er es niemals zulassen würde.

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt