Kapitel 26

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"Jetzt komm endlich runter!", zischt Jas, als ich ihm eine Woche später immer noch mit meinen besorgten und löchernden Fragen auf die Nerven ging. Er hatte es mir untersagt, in meinem so unkonzentrierten Zustand auch nur daran zu denken die Patienten anzufassen, geschweige denn an ihr irgendwelche, wenn auch gut gemeinten Untersuchen zu machen.

Doch ihr Zustand, der sich rapide verschlechterte, ließ mich immer den Atem anhalten, wenn ich hinter meinem Bruder das kleine Zimmer meines Krankenhauses betrat. Sie war leichenblass, ihre Haut war eiskalt und nur die immer heller strahlenden Ranken waren das einzig lebendige, was sie momentan zu bieten hatte. Ihre Augen, ich wusste nicht ob sie schon immer blaue Augen gehabt hatte, funkelten und leuchteten definitiv hell genug um eine riesige dunkle Halle zu erleuchten, sodass man drei Meter weiter sehen konnte.

Ich schluckte. Auch heute, genau sieben anstrengende und außergewöhnliche Tage später, würde Jas unter meiner nervösen Aufsicht ihre Blutwerte messen, sowie ihren Puls und noch ein paar weitere, gesundheitsbedingliche Tests durchführen. Mein Blick wanderte über das Bett, auf dem ihr magerer Körper lag. Ihr Kopf weilte wie versteinert auf dem Kissen, welches mit lauter Federn gefüllt ist, ihre Lider schützen ihre faszinierenden Augen vor Außerirdischen wie mich, die sich von der Intensität ihrer Iris angezogen fühlen.

Gott, wie sehr ich doch mit ihr reden wollte! Ettliche Fragen lagen mir auf der Zunge, wieso ihre vollen Lippen trotz ihrer Erschwerden so erbitterlich rot sein konnten oder wie das Leben auf der Erde sein mag. Natürlich war auch ich ein paar wenige Male auf menschlichem Boden, allerdings hielt ich nicht besonders viel von den gräulichen Farbtönen, in die ein dichter feuchter Nebel die ganze Stadt, die ganze Welt tauchte.

"Konzentrier dich.", befahl ich ihm, als er seine Hände auf ihren Oberkörper legte und die Geräte sofort anfingen aufgeregt zu Piepen. Nun, auf diesem Planeten nennt man diesen Vorgang die Heilung. Selbstverständlich steckt noch ein wenig mehr hinter den versteckten und eher unbekannten Prozessen der Heilung, doch es fängt mit auf den Oberkörper gepressten Händen an, die Funken in die Luft werfen und den Raum in weißes Licht werfen.

Normalerweise galt diese Methode nur den Einheimischen, also den gebürtigen Einwohnern unseres Planeten, doch auch die wenigen Menschen konnten so in einigen seltenen Fällen gerettet werden.

"Parker.", zischte mein Bruder, während er sich von seiner Patienten wegdrehte und dünne Handschuhe anzug. Durch den Klang meines Namens schreckte ich auf, hob meinen Blick und zog fragend eine Augenbraue hoch, als er vor sich hin schmunzelte. "Du sabberst.", erklärt er und mir stieg die heiße Röte ins Gesicht. Erschrocken und ertappt fuhr ich mir mit dem Ärmel über den Mund und drehte mich weg. Was war bloß los mit mir? Ich hatte doch schon ein paar Male gesehen, wie ein menschliches Wesen geheilt wurde, was war an ihr bloß so anders, so anziehend?

***

Eins...

Zwei...

Drei...

Im Kopf zählte ich die letzten Sekunden, die mir noch blieben, bevor mich dieses überwäligende Nichts auf die Knie zwängen würde. Dann hätte Es genau das geschafft, was Es erreichen wollte, Es versuchte alles um mich mit sich in den Tod zu ziehen, doch was dieses Es genau war konnte ich nicht mit meinen eigenen Worten beschreiben. Es erinnerte mich ein wenig an eine riesige schwarze Wand, wie ein Dornenbusch. ES kommt immer näher auf mich zu, und bei jedem überwundenen Meter, der mich noch vor diesem Nebel aus Angst und Schmerzen trennte, wurden die Dornen größer. Ob es wenigstens ein schöner Rosenbusch war? Nein. Als Es nun unmittelbar vor mir stand, erkannte ich, wie sich die noch so schönen grünen Blätter an den Kanten schwarz färbten und schließlich als Rauch in den Himmel stiegen. Jedenfalls der Himmel, der sich über meinem Kopf befand, denn ich saß in einem kleinen Raum, vor mir das Gitter aus Dornen und über mir die niedrige Decke, an der sich die förmlich verbrannten Blätter sammelten.

Hunter #1.Platz Beim Platin AwardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt