Kapitel 30

22 2 0
                                    

Dernächste Tag brachte nichts Gutes mit sich. Jas stürmte in meinZimmer, nur um mir einen Haufen schwarzer Klamotten auf das Fußendedes kuscheligen Betts zu werfen und gleich darauf wieder verschwand.Mühsam kroch ich unter der dicken Decke hervor und schwang meinedünnen Beine über die Kante, sodass sich die Kälte an meineempfindliche Haut krallte. 

Ich stand auf, probierte mühsam mich mitmeinem fehlenden Gleichgewichtssinn auseinanderzusetzen und taumelte,den Haufen billig aussehenden Klamotten unter meinem Arm, insBadezimmer. Ich spürte deutlich, wie sich mein Körper dagegenwehrte, doch ich hatte wenig Lust auf einen weiteren Aufenthalt indiesem Krankenhaus.

 Ich würde tun, was nötig ist um von hierverschwinden zu können. Jemand klopfte an die Tür. Etwas zu doll,dennoch wartete derjenige auf meine Erlaubnis, einzutreten."Moment!", quietschte ich zwischen zusammen gepresste Zähnen und hüpfte auf einem Bein durch den Raum, während ich mirden weichen Stoff der schwarzen Jogginghose bis zum Knie hochzog.

 Alsich mit einem musternden Blick in den zerbrochenen Spiegelfeststellte, dass ich doch schlimmer aussah, als ich es befürchtethatte, verdrehte ich die Augen und band meine Haare zu einemschnellen Knoten zusammen. Langsam gewöhnte ich mich an das toteWeiß meiner Haare und sie wuchsen mir ans Herz. "Bin soweit!",murmelte ich und drehte von innen den goldenen Türknopf.

 Ich zog dieTür auf und trat hinaus in den Flur- nur um festzustellen, dass eingrimmig dreinschauender junger Mann genervt an der Wand lehnte, unddas eine Knie angewinkelt an dem bröckelnden Gestein abstützte. Alser mich sah spähte er genervt auf seine Uhr und lief kopfschüttelndund mit einer Geste, dass ich ihm folgen solle, los. Sein Tempo- dasErste, an das ich mich gewöhnen musste. Seine Geselligkeit- dasZweite. 

Er machte sich nicht einmal die Mühe mir zu erklären, wo ermich hin brachte. Er schwieg. Die ganze lange Zeit. Um mich abzulenkenmusterte ich ihn. Seine aufrechte Haltung, sein fester, schnellerGang und das sein ganzer Körper mit Muskeln versehen war. Zu spätbemerkte ich, dass er mir einen fragenden Blick zuwarf, der mir dieRöte in die Wange stiegen ließ. 

Ich lief langsamer, folgte ihmweiterhin schweigend und fühlte mich in seiner Anwesenheit allesandere als wohl. Er beunruhigte mich und das er dazu noch einen Kopfgrößer war als ich, war nicht gerade beruhigend. "Wie heißtdu?", murmelte ich um die Stille zu verbreiten, in der ich jedenmeiner Atemzüge betont leise ausübte und mich fragte, wieso er sichwie eine Katze bewegen und keinerlei Geräusche machen konnte.

 Ertrug eine graue Hose, an der mehrere Tasche die Beine hinunterangenäht waren. Er hatte ein schwarzes Hemd an, seidig glatt gebügeltund dazu fielen ihm seine lockigen, dunklen Haare tief in die Stirn.Ich fragte mich, welche Farbe seine Augen wohl hatten.Selbstverständlich antwortete er auf keine meiner Fragen, egal wiesehr ich mich bemühte, interessiert zu klingen. War es denn soverkehrt, zu wissen, mit wem man es zu tun hatte? 

Aus Protest bliebich stehen und ballte die Hände zu Fäusten. Er lief stur geradeaus,doch ich war mir sicher, dass er gemerkt hatte, dass er nun alleindurch den ewig langen Flur schritt. Tatsächlich! Sein Gang ähneltedem eines Luchs.

 Leise, elegant und unglaublich gefährlich, wenn ersich irgendwem anschliche. Irgendwann gab ich es auf und folgte ihmin einen großen Raum, der die Größe zweier riesiger Sporthallenaufwies. An den Wänden reihten sich haufenweise grauer Matten,Sprung- und Sportgeräte und verschiedend große Kästen. Seile undTaue baumelten von der meterhohen Decke und fahles Licht drang durchdie vielen Fenster, die an Decke und Seitenwände eingebaut waren.

 Ich staunte, weil dieser Raum etwas anmutiges an sich hatte,gleichzeitig wurde mir aber auch bewusst, dass der gigantische schweraussehende Parkur, den er gerade aufbaute, auf meine faule Gestaltwartete. Ich stöhnte, als ich den Blick über die Geräte schweifenließ und feststellte, dass die Kästen, Kletterwände und Hürdenhöher waren, als ich springen konnte. 

"Das ist doch nichtnotwendig..!", beklagte ich mich, doch er zuckte mit keinerBraue und ließ mich mit zwanzig Runden einlaufen. Zwanzig Runden,die sich am Ende so anfühlten, als wäre ich ganze vier Stundeneinem qualvollen Workout ausgesetzt gewesen. 

Ich verschwendete jedenGedanken und gab Hunter die Schuld daran, dass ich das hier alleinedurchmachen musste. Könnte er mich nicht wenigstens hier raus holenoder mir zumindest eine Nachricht schreiben mit genauen Angaben, woer sich gerade befand?

 Ich fand, dass schuldete er mir. Mein Herzschmerzte bei dem Gedanken, dass ich ihn Wochen nicht mehr gesehenhatte- vielleicht sogar nie wieder sehen würde! Aber auch, weil ichmir nicht einmal sicher sein konnte, dass er wohlauf war. Ich ließmich auf eine der Matten fallen und schloss müde die Augen. "Stehauf.", befahl er mir, doch ich weigerte mich. 

"Ich kennenicht einmal deinen Namen, wieso sollte ich auch nur irgendetwas tun,was du mir aufgibst?", zickte ich und rollte mich auf denRücken. Er stand über mir, die starken Arme vor der Brustverschränkt. Wieder lockerte er seinen ernsten Gesichtsausdrucknicht, strafte mich eher mit einem tadelnden Blick. "Du solltestlieber so viel Trainieren, wie du kannst. 

Mit diesen peinlichenLeistungen bist du noch schwächer, als ich es gedacht hatte!",lachte er, drehte sich um und verschwand ohne mich eines letztenBlicks zu würdigen. Nach ein paar weiteren Schmollversuchen, beidenen ich mich schließlich aufsetzte und zu ihm begab, schossen mirhunderte von Flüchen durch den Kopf, die ich ihm an den Kopf werfenwollte.



Hunter #1.Platz Beim Platin AwardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt