Taleria P.O.V.
Mit zitternden Fingern schloss ich die Tür hinter mir. Thranduil hatte noch nicht von seinem Schreibtisch aufgesehen, also ging ich langsam auf ihn zu.
„Gut, dass du da bist Élor. Ich bin gerade fertig ge- Taleria?"
Die Überraschung war ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. „Um Himmels Willen, was machst du denn hier?"
„Ich ähm...ich wollte...also eigentlich ja ähm..." Mein Gestotter wurde kurzerhand von Thranduil unterbrochen, der meinen Arm nahm und mich Richtung Bett zog.
„Jetzt setz dich erstmal." Schweigend wartete er, bis ich saß, dann setzte er sich neben mich.
„So und jetzt nochmal von vorne." Betreten starrte ich auf meine Hände.
„Naja, also ich wollte nur mal mit dir reden." Den letzten Teil murmelte ich eher vor mich hin, in der Hoffnung, Thranduil würde mich nicht verstehen, doch natürlich verstand er jedes Wort.
„Und worüber genau wolltest du mit mir sprechen?"
„Ähm...also über das zwischen uns..." Mein Kopf musste inzwischen die Farbe einer überreifen Tomate angenommen haben.
Noch immer betrachtete ich meine wirklich hochinteressanten Hände. „Ach so ist das?" Ich konnte sein Grinsen förmlich in meinem Gesicht spüren.
„Ach halt doch die Klappe, Idiot." Jetzt sah ich auf und blickte direkt in seine azurblauen Augen, doch bevor ich mich in diesen verlieren konnte, drehte ich den Kopf wieder weg.
Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander auf Thranduils Bett. Schließlich atmete ich einmal tief durch und begann:
„Thranduil, es tut mir leid, dass ich einfach gegangen bin. Ich war verletzt und verwirrt und ich hatte gerade die fast wichtigste Person meines Lebens verloren. Ich hoffe, du verstehst, dass ich erst einmal allein sein wollte. Als ich dich heute wieder in dieser Halle gesehen habe, da...da war ich einfach froh. Ich habe dich vermisst, Thranduil."
Die ganze Zeit über habe ich ihn nicht einmal angesehen, sondern nur auf meine Füße gestarrt. Wieder war es eine Zeit lang still.
„Ich habe dich doch auch vermisst. Ich habe wochenlang nicht schlafen können, weil ich nicht wusste wie es dir ging oder wo du warst. Ich weiß nicht was es ist, doch da ist irgendetwas ..."
„Besonderes, Außergewöhnliches.", beendete ich Thranduils Satz und wandte mich seinem Gesicht zu.
Seine azurblauen Augen strahlten mich an, als wären es Sterne, die vom Himmel gefallen sind und ein breites Grinsen schmückte seine Lippen. Auch meine Mundwinkel bewegten sich automatisch nach oben.
„Ich hatte schon Angst, ich bilde mir das nur ein.", grinste ich Thranduil ins Gesicht.
„Glaub mir, Gefühle kann man sich weder einreden, noch einbilden. Ich habe es oft genug versucht. Aber, warum bei den Valar bist du so spät noch gekommen? Du hättest doch ganz einfach morgen früh kommen können."
„Tja, das wäre mein Plan gewesen, doch Élor und Koriat haben mich dazu überredet. Élor hat mich sogar bis zur Tür gebracht und für mich angeklopft, dass ich auch wirklich rein gehe."
Erst jetzt fiel mir auf, wie müde ich doch eigentlich war. Kein Wunder, wenn man bedenkt, was alles passiert war. Da fiel mir ein: Thranduil musste ich noch von meiner „Großmutter" erzählen, aber das konnte bis morgen warten. Erschöpft ließ ich mich rückwärts in Thranduils Bett fallen.
„Bist du müde?", hörte Thranduils Stimme neben mir.
„Es war ein langer Tag."
„Dann schlaf jetzt. Morgen ist auch noch ein Tag zum Reden."
Den letzten Teil des Satzes hörte ich schon gar nicht mehr, da glitt ich schon in einen traumlosen Schlaf.Thranduil P.O.V.
Ich sah ihr noch eine Weile beim Schlafen zu. Sie sah so friedlich, so schön aus. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre vollen Lippen und auf ihren Wangen haben sich leichte Grübchen gebildet.
Das braune Haar bildete einen dunklen Kranz um ihr Gesicht. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie nicht mehr wirklich braun waren, sondern einen leichten Rotstich bekommen hatten. Sie hatte sich so sehr verändert. Von dem Tag, an dem ich sie das erste Mal traf, bis jetzt war so wenig Zeit vergangen und doch so viel Schlimmes passiert.
Mit einem leisen Seufzen stand ich auf und stapelte die Berichte auf meinen Arbeitstisch sorgfältig. Ich musste sie heute noch zu Élor bringen.
Danach drehte ich mich wieder zu Taleria um. Wieder musste ich lächeln. Vorsichtig, darauf bedacht sie nicht zu wecken, hob ich die schöne Elbe auf und legte sie richtig in das Bett. Aus dem Schrank neben der Tür holte ich noch eine zusätzliche Decke und deckte sie damit zu.
Ich schnappte mir die Berichte und machte mich auf den Weg. Um diese Zeit war es im Palast schon stockdunkel, hätte ich hier nicht mein gesamtes Leben verbracht, wäre ich vermutlich gegen die nächste Wand gelaufen oder ein paar Mal falsch abgebogen.
Wieder verzogen sich meine Lippen zu einem breiten Grinsen, als ich daran dachte, wie verloren Taleria am Anfang noch gewirkt hatte. Sie hatte keine Ahnung wo sie hinlief, doch war sie zu stur um Hilfe von irgendjemanden anzunehmen.
Während ich so vor mich hin grinste, bemerkte ich gar nicht, wie direkt vor mir eine Tür schwungvoll aufgerissen wurde. So passierte es, dass ich mit vollem Tempo gegen die geöffnete Tür lief und meine Nase ein verheißungsvolles kracken verlauten ließ.
Die Tür fiel nach dem Zusammenprall mit mir wieder zu und ich landete mit meinem Allerwertesten auf dem kalten Steinboden.
„Majestät! Ich habe Euch gar nicht gesehen, verzeiht mir! Ist alles in Ordnung?", vernahm ich die besorgte, wenn auch etwas belustigte Stimme Élors.
„Jaja alles bestens. Dich habe ich gesucht, Élor.", meinte ich, während ich mich mühevoll wieder aufrappelte.
„Ihr seid mit den Berichten fertig, wie ich sehe!", stellte Élor überrascht fest. Ich nickte nur und reichte ihm die Pergamentzettel. Élor nahm sie sofort entgegen, doch ich sah ihm an, dass er etwas loswerden möchte.
„Was willst du mir sagen?"
„Nun ja Majestät. Wenn ich fragen darf, ist Taleria zu Euch gekommen?"
Schon wieder schlich sich dieses Grinsen auf mein Gesicht. Wenn das so weitergehen würde, hätte ich am nächsten Tag Muskelschmerzen von dem vielen Lächeln und Grinsen.
„Ja, Taleria war bei mir und wir haben miteinander gesprochen. Im Moment schläft sie aber seelenruhig in meinen Gemächern."
„Das ist gut. Diese ganzen Probleme werden ihr zu viel. Da ist es gut, wenn sie in dieser Hinsicht zumindest Gewissheit hat."
Der besorgte Ton in Élors Stimme entging mir nicht, doch ich machte mir keine großen Gedanken darum. Ich wusste, dass Élor in Taleria die kleine Schwester sieht, die er vor Jahren einmal gehabt hatte.
Ich verabschiedete mich von meinem Hauptmann der Wachen und machte mich wieder auf den Weg in meine Gemächer.
Dort lag Taleria und schlief nach wie vor tief und fest. Einige Strähnen ihrer Haare hingen ihr über die Augen, doch das Lächeln war immer noch auf ihren Lippen.
Leise zog ich mich bis auf ein leichtes Unterhemd aus und zog mir eine weiche Seidenhose über.
Dann legte ich mich vorsichtig auf die andere Seite des Bettes und zog die zweite Decke bis zum Kinn hoch.
Es dauerte nicht lange, da war ich schon in den Schlaf gesunken.
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Die Zukunft der Vergangenheit
Fantasy02.11.2019: Platz 1 in #Zukunft Zweiter Teil!! Erster Teil: Hin und wieder Zurück Die Schlacht der fünf Heere ist vorüber. Endlich kann sich Taleria auf den Weg machen und ihre Bestimmung finden. Doch muss sie zuerst ihre Vergangenheit kennen um ihr...