Taleria P.O.V.
Stumm saß ich in meinem Zimmer und wartete, dass Élor mich endlich abholen kam. Die vier Männer waren nun schon seit einer Stunde in Thranduils Zimmer verschwunden, um den weiteren Ablauf der Geschehnisse zu besprechen. Es hat eine Weile gedauert, bis Thranduil eingewilligt hat, doch schließlich hatte er Gandalf zugestimmt.
Endlich hörte ich ein leises Klopfen an meiner Tür und bald darauf steckte Élor seinen Kopf in das Zimmer.
„Kommst du, Taleria?"
Mit einem tiefen Seufzen stand ich auf und folgte dem Hauptmann der Wachen. Thranduil, Gandalf und Aragorn saßen zu dritt in Thranduils Arbeitszimmer.
Alle hoben den Kopf, als wir den Raum betraten. Schweigend setzte ich mich auf einen der freien Stühle und blickte in die Runde.
„Was ist jetzt? Wie wäre es, wenn mich hier mal jemand aufklären würde.", maulte ich, als niemand das Wort ergriff.
„Natürlich!", meinte Gandalf, „Thranduil hat recht, du bist noch nicht stark genug, um es mit mehreren starken Gegnern gleichzeitig aufzunehmen. Deshalb – mach den Mund zu und lass mich ausreden Kind – gehen wir, Aragorn, du und ich, nach Lóthlórien zu deiner Großmutter. Währenddessen –was ist denn?"
„Tut mir wirklich ausgesprochen leid aber wärst du wohl so freundlich und erklärst mir erst einmal, wer meine Großmutter denn überhaupt ist. Ich habe nämlich nicht die geringste Ahnung.", unterbrach ich Gandalf, mit einem bissigen Unterton.
„Du wirst sie noch früh genug kennenlernen. Alles was du wissen musst ist, dass sie eine ausgesprochen mächtige Person ist. Wenn das also geklärt ist, möchte ich gerne ohne Unterbrechungen fortfahren."
Als mir Gandalf alles erklärt hatte, machte ich mich wieder auf in mein Zimmer, um alles Nötige für die bevorstehende Reise zusammen zu suchen. Dann begab ich mich in die Ställe, wo Koriat schon auf mich wartete.
„Na Kleine, wann geht's los?"
„Morgen früh. Du wirst einiges an Gepäck schleppen müssen. Der Weg nach Lóthlórien soll lang sein."
„Würden wir allein reisen, wären wir in vier Tagen dort."
„Natürlich wären wir das, aber wir reisen nun einmal nicht alleine."
„Nein, tun wir nicht."
Ein lautes Schnauben verließ Koriats Nüstern. Dann beugte er seinen Kopf zu mir herab und stupste mir auf die Wange.
„Und wie hat er das aufgenommen? Immerhin bist du eine ganze Weile weg."
„Er hat das gut aufgenommen. Es ist nicht so wie du denkst, wir sind nur...ach keine Ahnung was wir inzwischen sind. Jedenfalls nicht das was du denkst."
„Ah ja."
Den ungläubigen Ton in seiner Stimme hörte ich sogar in meinen Gedanken.
„Ja. Du wirst es wahrscheinlich nur schwer verkraften können, mit deiner Menschenkenntnis versagt zu haben."
„Menschenkenntnis wäre hier wahrscheinlich wenig von nutzen. Zumal ich ein Pferd, und du kein Mensch, sondern –auch wenn du es immer wieder zu vergessen scheinst– eine Elbin bist. Ich spüre deine Gefühle, Taleria. Das könntest du auch, wenn du dir nur einmal die Zeit nehmen würdest in dein inneres zu blicken."
„Naja ist ja auch egal.", versuchte ich das Thema schnellstmöglich zu wechseln. „Sag mal, wenn du meine Gefühle spüren kannst, kann ich dann deine auch spüren?"
„Das würdest du, wenn du deinen Geist weit genug ausdehnen könntest. Allerdings schaffen das nur die wenigsten."
„Irgendwann werde ich es schaffen Koriat. Dann kannst du nicht mehr vor mir verbergen, welcher Stute du dein Herz schenkst." Mit einem zwinkern drehte ich mich um und verließ den Stall. Bevor sich die Tür schloss, vernahm ich ein leises Schnauben. Fast wie ein Lachen, dachte ich grinsend.
Ein grelles Licht blendete mich. Es war überall und doch irgendwie nirgendwo.
Dann hörte ich sie. Ihre Stimme. Was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, doch ich spürte, dass sie nach mir rief. Ich wusste nicht, wo die Stimme herkam, doch meine Füße bewegte sich selbstständig in eine Richtung.
Eine halbe Ewigkeit ging ich so dahin, ohne stehen bleiben zu können. Was ist das für ein Ort?
Plötzlich wurde alles stockfinster, doch meine Füße behielten stur ihren Kurs bei.
Dann ertönte ein lautes Summen, so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte, wenn ich doch nur meine Arme bewegten hätte können.
Es fühlte sich an, als ob mein Trommelfell jeden Moment platzen könnte. Meine Füße gingen einfach weiter, als wäre nichts. Irgendwann wurde das Summen immer leiser, bis es schließlich gänzlich verschwand und mit dem Summen verschwand auch die Finsternis.
Sobald sich meine Augen an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, konnte ich die Silhouetten von Bäumen erkennen. Ein Wald!
Als meine Füße schon langsam anfingen zu schmerzen, blieben sie so plötzlich stehen, dass ich fast das Gleichgewicht verloren habe.
Dort, vor mir zwischen den Bäumen, war sie. Meine Großmutter. Sie lächelte mich einfach an, als wäre ich ein schöner Vogel, den sie beobachtete.
Doch neben ihr stand noch eine zweite Person. Sie war kleiner und ihre schwarzen Harre und ihre Azurblauen Augen glänzten unnatürlich. Ist das ...
Zögernd versuchte ich einen Schritt zu machen. Es funktionierte. Dann ging ich noch drei weitere Schritte, bis ich direkt vor der Person stand. Es bestand kein Zweifel. Sie war es. Knapp einen halben Meter von mir entfernt stand meine beste Freundin Aislinn und lächelte mich an.
„Ash...wie...du bist doch...tot!"
„Für euch schon."
„Was heißt 'Für euch schon'? Sag schon!"
„Ich bin nicht tot. Nicht wirklich... Ich bin nur in so einer Art Zwischenwelt gelandet und komm nicht mehr raus."
„Ash, was redest du d–"
„Warte! Bevor du mich, oder besser gesagt dich, für verrückt erklärst, hör mir zu! Du weißt, Sauron erholt sich von seiner Niederlage. Er wird stärker und stärker, wir müssen etwas dagegen unternehmen, sonst wird die Welt zu Grunde gehen." „Wir? Du bist tot! Wie willst du etwas unternehmen?"
„Ich sagte doch: Ich bin nicht tot! Und nur du kannst mich zurückholen."
Ich wollte schon etwas dagegen sagen, doch ihre letzten Worte ließen mich stutzig werden. Wenn die Hoffnung besteht... „Wie?", flüsterte ich.
Aislinn schien mich trotzdem verstanden zu haben. „Folge deinem Herzen. Erst, wenn du Frieden in deinem Herzen hast, bist du in der Lage mich zu retten. Wenn du soweit bist, frage deine Großmutter um Hilfe. Sie weiß was zu tun ist."
Dann wandten sich beide um und gingen tiefer in den Wald hinein. „
Aber Ash! Was meinst du mit Frieden? Wie soll ich das anstellen?"
Doch es war zu spät. Zwischen den Bäumen waren nur noch Schatten zu erkennen.
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Die Zukunft der Vergangenheit
Fantasy02.11.2019: Platz 1 in #Zukunft Zweiter Teil!! Erster Teil: Hin und wieder Zurück Die Schlacht der fünf Heere ist vorüber. Endlich kann sich Taleria auf den Weg machen und ihre Bestimmung finden. Doch muss sie zuerst ihre Vergangenheit kennen um ihr...