Kapitel 13

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Taleria P.O.V.

Man könnte meinen, dass man nach stundenlanger Wanderung durch einen bewohnten Wald langsam mal auf Zivilisation stoßen sollte. Nichts da! Zusammen mit den Wachmännern der Elben durften wir nämlich noch weiter zwei Stunden durch den Wald stapfen bis wir endlich zum Eingang der einzigen Stadt Lóthlóriens.
Ich war schon London, Paris, Wien und Sydney, aber diese Stadt übertraf alles, was ich bisher gesehen hatte.
Riesige Bäume, dicker als jedes Hochhaus, ragten mehrere hundert Meter in die Höhe. Doch das war nicht das Besondere.
Das Besondere an dieser Stadt war, dass sich kein einziges Gebäude auf dem Erdboden befand. Die gesamte Stadt war in den Baumkronen versteckt und nur die Lichter, die durch das Blätterdach hindurchfunkelten und die Treppen in den Baumstämmen wiesen auf die Existenz von Caras Galadhon hin.
Die Elben führten uns durch die vielen Baumstämme hindurch, bis wir zu einem Baum kamen, der anders aussah, als die anderen.
Er schimmerte in einem weißlichen Licht und irgendwie ging eine Kraft von diesem Baum aus.
„Das ist der älteste Baum in diesem Wald. Die Valar haben all ihr Wissen in diesen hier gelegt. Er beinhaltet die Grundsätze unserer Existenz.", erklärte mir Haldir freundlicherweise aber ich konnte nur nicken.
Es war, als ob dieser Baum ein allwissendes Wesen wäre. Als ob dieser Baum die Antwort auf alles wäre. Ich hatte das Gefühl, dass ich unbedingt berühren wollte, ich wollte seine Kraft spüren.
„Taleria!" Eine Hand fasste mich an der Schulter und brachte mich zurück in die Realität. Verwirrt sah ich mich zu Aragorn um, der mich immer noch festhielt.
„Was...?" Ich wollte ihn fragen, warum er mich festhielt, doch da bemerkte ich, dass ich einige Schritte nach vorne getreten war und nur noch wenige Schritte von diesem Baum entfernt war.
Ich spürte die Anspannung zwischen den anderen, doch ich war noch zu benommen, um klar zu denken. Einen Moment lang waren wir alle still.
„Lasst uns weiter gehen. Frau Galadriel wartet schon", brach Haldir die Stille. Die Elben übernahmen wieder die Führung und lotsten und zwischen den gigantischen Bäumen durch.
„Aragorn." Ich nahm ihn am Arm und zog ihn einige Schritte zurück. „Was war das eben? Warum waren alle so...angespannt?"
„Hast du Haldir nicht zugehört? In diesem Baum steckt so viel Macht und Wissen. Wenn du ihn auch nur berührt hättest.... Kein Mensch oder Elb hat das je überlebt. Und jetzt komm, wir dürfen die anderen nicht verlieren.", meinte er und ging weiter.
„Haben es denn schon viele Versucht?", fragte ich ihn, während ich versuchte zu ihm aufzuschließen.
„Genug, um zu wissen, dass es nicht mehr werden sollten!" „Aber...!"
„Nein! Taleria, lass gut sein. Wir brauchen dich hier und das was du vorhast, würde dich entweder umbringen oder in den Wahnsinn treiben."
„Ist ja schon gut! Ich werde schon nichts Dummes machen."
Aragorn starrte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, als wollte er sagten: Das glaubst du wohl selbst nicht. Genervt verdrehte ich meine Augen und rauschte an Aragorn vorbei.
Was denkt er sich eigentlich wer ist! Er glaubt doch wohl nicht tatsächlich, dass er einen auf klug machen kann. Was kann ich denn dafür, dass ich in diese bescheuerte Welt geraten bin. Überall ist Krieg und Gefahr! Warum kann ich nicht einfach wieder nach Hause gehen und eine normale Studentin sein?
„Dann würdest du aber deinen klügsten, schönsten, treuesten und kräftigsten Freund verlieren."
Erschrocken fuhr ich herum. „Koriat! Warm erschreckst du mich den so du Idiot!" Lachend fiel ich dem Schwarzen Hengst um den Hals und vergrub mein Gesicht in seiner vollen Mähne.
„So begrüßt du also deinen treuesten Begleiter? Dann kann ich auch wieder gehen.", meinte dieser belustigt und schüttelte schnaubend den Kopf. „Ach halt doch die Klappe. Seit wann bist du denn da?"
„Seit ein paar Stunden. Ihr habt ganz schön lange gebraucht. Seid ihr von Orks überfallen worden?"
„Äh nein, ich habe nur verschlafen und dann wurden wir bei diesem komischen Baum aufgehalten."
„Du hast ihn doch nicht etwa berührt, oder?"
„Fang du jetzt nicht auch noch damit an! Nein habe ich nicht und werde ich auch nicht. Warum glaubt ihr denn alle, dass ich unbedingt wahnsinnig werden will?"
„Du weißt doch selbst, dass du es gerne ausprobieren würdest. Wer weiß, vielleicht bist du die erste, die es unbeschadet übersteht?"
Genervt seufzte ich auf und dreht mich zu Aragorn und den anderen. Nur dass da niemand war. „Oh verdammt!"
„Was ist los?"
„Sie sind weg! War ja klar, dass sowas mal wieder mir passiert, verdammte Scheiße!"
„He! Kein Grund für Fäkalwörter. Du vergisst, dass du mit jemanden reist, der sich auskennt."
Grinsend drehte ich mich zu Koriat um. „Ich weiß, aber wie du siehst ist Aragorn nicht hier. Jetzt werde ich wohl für immer durch diesen Wald irren und irgendwann völlig erschöpft sterben müssen." Dramatisch fasste ich mir an die Stirn und schloss die Augen.
„Jetzt komm schon, Kleine. Wir sollten langsam wirklich los.", schnaube Koriat, was wohl ein Lachen sein sollte, und stupste mich mit den Nüstern an.
Grinsend kraulte ich ihn hinter den Ohren. Dann fasste ich in seine dichte Mähne und schwang mich auf seinen Rücken.
Kaum, dass ich halbwegs sicher auf dem Pferderücken saß, preschte Koriat auch schon los. Schon nach kurzer Zeit wurden die Bäume um uns herum größer und bei ein paar Bäumen konnte ich sogar Treppen im Baumstamm ausmachen. Sie wurden nicht beleuchtet, aber irgendwie ging von ihnen ein schwaches Licht aus. Plötzlich blieb Koriat stehen.
„Du musst hier raus."
„Und du?"
„Sehe ich so aus, als ob ich da rauf kommen würde?"
Lachend stieg ich ab und bedankte mich noch einmal bei ihm. Dann galoppierte er auch schon davon und ließ mich allein vor diesem riesigen Baum stehen.
„Na dann, los geht's.", murmelte ich in mich hinein und betrat die erste Stufe.

Die Zukunft der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt