Taleria P.O.V.
Ein starkes Ruckeln, riss mich aus meinem Schlaf. Verwirrt öffnete ich meine Augen.
„Na? Auch schon wach?"
„Koriat? Wie hast du mich gefunden?" Koriat ließ ein belustigtes Schnauben von sich hören.
„Na du hast mich doch gerufen!"
„Ich dachte nicht, dass es funktioniert hat. Wie hast du mich auf deinen Rücken bekommen?"
„Ich hatte ein wenig Hilfe."
Verwirrt sah ich mich um. Niemand war zu sehen.
„Wer hat dir geholfen?"
„Aragorn. Er ist schon vorgegangen, um den anderen Bescheid zu sagen. Wir sind sowieso bald da. Was hast du eigentlich getan?"
„Ich wollte alleine sein. Das Licht des Baumes hat mich neugierig gemacht..." Ich zögerte kurz. Bestimmt würde mir Koriat eine ewige Standpauke halten, wenn er wüsste, das ich den Baum berührt hatte. „Die ganze Aufregung war wohl zu viel für meinen Körper. Ich bin wahrscheinlich einfach umgekippt."
„Aha" Koriat schien nicht wirklich überzeugt zu sein, doch er stellte keine weiteren Fragen. Müde ließ ich mich auf seinen Hals sinken und schloss die Augen. Das war einfach viel zu viel für mein Gehirn. Ich hatte die Sache mit Thranduil noch nicht einmal realisiert, da kam auch schon das nächste Ereignis dazu. „Taleria!"
Erschrocken fuhr ich hoch. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir schon da waren. „Aragorn?"
Kaum eine Minute später waren wir auf den Weg nach oben. Die ganze Zeit musste ich mir Aragorns Vortrag über die Gefahren des Waldes und meine Verantwortungslosigkeit anhören.
„Jetzt halt mal die Luft an!", unterbrach ich ihn. „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Außerdem brauchte ich einfach meine Ruhe, um das alles zu verarbeiten! Was denkt ihr denn, wie ich mich fühle? Glaubt ihr, ich kann mit Thranduil einfach abschließen und ihn jetzt als Feind ansehen?", fauchte ich meinen Freund an. „Weißt du was? Ihr könnt mich mal!" Wütend stampfte ich davon.
Wir waren nicht weit vom Thronsaal entfernt und da ich keine Lust hatte, mich den Fragen der anderen zu stellen, ging ich auf direktem in mein Zimmer. Kaum dass ich den Raum betrat, schmiss ich die Tür zu und ließ mich mit geschlossenen Augen auf den Boden gleiten. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen und versuchte meine Gedanken zu sortieren. „Geht es dir gut?", sagte eine Stimme vor meinem Gesicht und jagte mir einen Heidenschreck ein.
„Was zum Teufel? Élor! Was hast du hier zu suchen?" Ich hatte den Elben komplett übersehen, als ich in den Raum kam. Élor lächelte kurz, dann sagte er: „Ich mache mir Sorgen um dich. Die Sache mit Thranduil schein dich sehr mitzunehmen."
Er stand auf und ließ sich neben mich auf den Boden sinken. „Natürlich nimmt es mich mit. Was hast du denn erwartet? Ich werde es schon überleben. Wäre ja nicht das erste Mal, dass er mich enttäuscht..."
Den letzten Teil murmelte ich eher zu mir selbst, doch Élor hatte mich trotzdem verstanden. „Das tut mir leid.", meinte er nur und stand wieder auf.
„Das ist nichts wofür du dich entschuldigen müsstest." Ich stand ebenfalls auf und klopfte mir den Dreck vom Gewand. „Wenn du mich nun entschuldigen würdest, es war ein langer Tag und ich möchte etwas Schlafen."
Élor nickte und öffnete die Tür. Doch er blieb noch einmal kurz stehen und drehte sich zu mir um. „Taleria? Aragorn hat uns erzählt, dass er dich beim Baum gesehen hat. Du hast ihn doch nicht berührt, oder?"
Ich zögerte mit meiner Antwort. Wenn ich die Wahrheit sagen würde, würden sich alle wieder schrecklich aufregen und das konnte ich eindeutig nicht gebrauchen. „Nein.", sagte ich also. „Ich bin doch nicht Wahnsinnig."
Élor nickte lächelnd und ging aus dem Zimmer raus. Sobald die Tür geschlossen war, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Die Rädchen in meinem Kopf begannen sich wieder zu drehen. Unzählige Fragen schwirrten in meinen Gedanken umher.
Was hatte dieser komische Baum mit mir angestellt? Aragorn hatte mir deutlich gesagt, dass bisher niemand eine Berührung mit seiner Macht unbeschadet überstanden hatte. Und doch lag ich hier in meinem Bett. Kerngesund und bei Sinnen. Es wollte einfach keinen Sinn ergeben!
Genervt stand ich auf und setzte mich an den Schreibtisch. Dort kramte ich einen Bogen Pergament und eine Feder mit Tintenfass hervor. Langsam begann ich alle meine Gedanken aufzuschreiben. Wirklich alle Gedanken, die mich beschäftigten. Von meinem Auftauchen in Mittelerde, über den Tod meiner Freunde, bis zu dem Vorfall im Wald.
Ich schrieb und schrieb. Es tat gut, alles aufzuschreiben. Es war, als ob ich sie aus meinen Kopf herausziehen und auf dem Pergament festhalten würde.
Als mir irgendwann die Tinte ausging, hatte ich den Bogen mit meinen wirren Gedanken gefüllt. Müde legte ich den Kopf auf die Tischplatte. „Ach was mach ich hier eigentlich?", murmelte ich leise vor mich hin.
Ja, was machte ich hier noch? Ich schuldete diesen Leuten gar nichts. Ich hätte aufstehen und gehen können. Doch ich konnte nicht. Egal wie ich mich gerade fühlte, ich konnte Aragorn und die anderen nicht im Stich lassen.
Entschlossen stand ich auf und verließ das Zimmer. Weit kam ich nicht, da wurde ich schon von jemanden aufgehalten. Als ich jedoch sah, wer es war, verdrehte ich nur die Augen und drehte mich in die andere Richtung. „Taleria! Jetzt renn nicht weg, wir müssen dringend reden." Gandalf packte mich am Arm und hielt mich auf.
„Es gibt nichts mehr zu reden Gandalf. Thranduil hat uns verraten und wir machen ohne ihn weiter." Ich versuchte mich von ihm loszureißen, doch sein Griff war unerbittlich.
„Das meine ich auch gar nicht. Komm mit!" Gandalf zog mich zurück zu meinem Zimmer.
„Was meinst du dann? Den Baum? Ich habe Élor bereits gesagt, dass ich ihn nicht berührt habe!" Wieder versuchte ich mich loszureißen, doch mein Versuch scheiterte erneut.
„Komm einfach mit."
Der Zauberer zog mich weiter bis zu meiner Zimmertür, öffnete diese und schob mich dann hinein.
„So und jetzt erzählst du mir die Wahrheit. Hast du den Baum berührt oder nicht?" Er packte mich an den Schultern und sah mich an. „Taleria, es ist wirklich wichtig, dass du mir die Wahrheit sagst. Wenn du die Berührung überlebt hast, können wir davon ausgehen, dass du weit mehr Macht besitzt. Das kann ein Vorteil sein!"
Die hellblauen Augen des Graubärtigen bohrten sich in meine und es war, als ob er direkt in meinen Kopf hineinblicken konnte.
Wissend, dass er gewusst hätte, wenn ich gelogen hatte, sagte ich ihm schließlich die Wahrheit: „Na gut! Ja ich habe ihn berührt."
Gandalf atmete einmal tief durch. Dann sah er mir wieder mit diesem durchdringenden Blick in die Augen.
„Taleria, es ist wichtig, dass du es niemanden erzählst! Hörst du? Wirklich niemanden. Weder Aragorn noch Élor. Auch nicht deine Großeltern. Niemand darf dieses Detail wissen!"
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Die Zukunft der Vergangenheit
Fantasy02.11.2019: Platz 1 in #Zukunft Zweiter Teil!! Erster Teil: Hin und wieder Zurück Die Schlacht der fünf Heere ist vorüber. Endlich kann sich Taleria auf den Weg machen und ihre Bestimmung finden. Doch muss sie zuerst ihre Vergangenheit kennen um ihr...