sieben

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Das knirschende Geräusch von aneinander reibenden Steinen ertönte, als ich mit meinen Füßen vor Aufregung Spuren in den Kies malte.
Lukas und ich saßen nebeneinander auf der Parkbank, die nun schon zum zweiten Mal unser Treffpunkt geworden war.
Wieder hatte er Pizza für uns mitgebracht und seine gute Laune war nicht zu übersehen, da ein stetiges Grinsen seine Lippen zierte.
Meine Stimmung war anders als bei unserem letzten Treffen, doch das schien er gar nicht zu bemerken. Dafür war er viel zu aufgeregt, was ich unschwer daran erkennen konnte, wie er sich immer wieder schüchtern am Hinterkopf kratzte.

Mir war bewusst, dass ich nicht länger etwas vortäuschen konnte und der Gedanke, dass ich ihm so bald wie möglich eine möglichst schonende Abfuhr erteilen musste, um schlimmeres zu vermeiden, quälte mich die ganze Zeit.
Wie sollte ich das bloß anstellen? Um mich etwas abzulenken, begann ich ein Gespräch über die Schule mit ihm. Erst redeten wir über unseren Mathelehrer und dann über eine bevorstehende Klassenarbeit für die wir beide noch zu lernen hatten.

Meine angestaute Aufregung war während unseres Gesprächs etwas abgeklungen, doch sie wuchs wieder, als irgendwann keiner von uns mehr wusste, was er sagen sollte und eine peinliche Stille zwischen uns entstand.
Wahrscheinlich versuchte Lukas genauso krampfhaft wie ich, ein weiteres, gutes Gesprächsthema zu finden, aber seinem Schweigen zu Folge, fiel ihm genauso wenig ein wie mir. Wir saßen einige Minuten nebeneinander, unentschlossen worüber wir reden könnten.

Oh nein, diese Verabredung verwandelt sich gerade in ein Desaster... 

Ich war ihm wirklich dankbar für das Essen, das er wieder mitgebracht hatte, weil mein Magen schon seit Stunden knurrend rebelliert hatte, aber die Tatsache, dass ich ihm mit dieser Verabredung falsche Hoffnungen machte, löste Unbehagen in mir aus.
Ich fühlte mich unwohl, da ich alleine mit einem netten Typen im Park saß und er sich ganz offensichtlich mehr davon erhoffte, als nur ein nettes Gespräch.
Doch ich wusste, dass ich seinem Wunsch nicht gerecht werden konnte.
Je länger wir nebeneinander saßen ohne etwas zu sagen, umso größer wurde meine Anspannung, meine Schuldgefühle schienen unaufhörlich zu steigen und vor Unbehagen spielte ich nervös mit meinen Händen.
Gerade als ich meinen Blick auf den See vor uns gerichtet hatte und versuchte, die unangenehme Stille irgendwie zu überstehen, spürte ich plötzlich eine Hand, die meine Hand in ihre nahm. Schlagartig stieg mein Puls und ich wagte es nicht, Lukas anzuschauen. Ich spürte, wie er zögerlich seine Finger mit meinen verschränkte und atmete panisch ein und aus. Mein Herz hämmerte in meiner Brust wie ein Presslufthammer, aber nicht weil ich Schmetterlinge im Bauch hatte, sondern weil sich das alles hier so seltsam und falsch anfühlte. Ich war noch nicht so weit und ich würde wahrscheinlich auch niemals so weit sein.
Als wäre das nicht alles sowieso schon zu viel für mich, beugte Lukas sich plötzlich zu mir, umfasste mein Gesicht mit seiner freien Hand und drückte die andere, die meine Hand noch immer festhielt, stärker zu.
Er war dabei mir behutsam eine lockere Strähne, die sich aus meinem unordentlichen Zopf gelöst hatte, hinter mein Ohr zu schieben und strich mit seinen warmen Fingern über meine Wange.
Zu meinem Unglück war ich wie gelähmt und überrumpelt von seinem Handeln, weshalb ich nicht in der Lage war, etwas dagegen zu tun, geschweige denn ihn davon abzuhalten.
Erst als er sich langsam zu mir vorbeugte und seine Lippen sich kurz vor meinen befanden, erwachte ich aus meiner Starre, entzog ihm ruckartig meine Hand und rief verzweifelt:
"Nicht Lukas! Bitte, lass das!"
Blankes Entsetzen spiegelte sich in seinem Gesicht wider, er sah mich mit großen, erschrockenen Augen an und hatte einen zutiefst verletzten Ausdruck im Gesicht.
Ich konnte es ihm nicht übel nehmen, ich hatte ihn mit meiner Aktion scheinbar sehr gekränkt und plötzlich schwappte eine Welle aus Schuldgefühlen über mir zusammen.
Erst war es nur ein leicht aufgewühltes Gewässer aus schlechten Gefühlen gewesen, welches sich in mir im Laufe des Tages entwickelt hatte, doch nun war daraus eine Monsterwelle entstanden, die mich mitleidlos überflutete.
Lukas saß regungslos neben mir auf der Bank, sah mich an, als wartete er auf eine Erklärung für mein Abblocken. Er tat mir leid, weswegen ich tief durchatmete, meinen ganzen Mut zusammenkratzte, wovon tatsächlich momentan nicht viel übrig war und sagte:
"Es tut mir so leid, Lukas. Es war unfair von mir, dir nicht gleich die Wahrheit zu sagen und dich mit Hoffnung zappeln zu lassen, aber mir ist klargeworden, dass mir das hier alles zu schnell geht. Ich habe gedacht, dieses Treffen würde meine Meinung vielleicht ändern, aber da sind einfach keine Gefühle für dich. Bitte verzeih mir, ich habe mich nicht getraut, es dir eher zu sagen."
Meine Stimme wurde mit jedem Wort, das ich sprach immer leiser und mir wurde klar, wie schwachsinnig sich diese Erklärung für ihn anhören musste.
Er schaute mich einfach an, ohne etwas dazu zu sagen und der Moment schien mir endlos lang, was die gesamte Szene, die sich hier abspielte, nur unangenehmer machte.
Es hätte niemals so weit kommen dürfen, doch ich merkte, dass ich nichts tun konnte, um mein peinliches Fehlverhalten rückgängig zu machen und merkte was für einen großen Fehler ich begangen hatte, mit seinen Gefühlen so achtlos umzugehen.

Since our fate has decided (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt