einunddreißig

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Die nächsten Tage verflogen so schnell und unbeschwert, dass ich die Spannungen zwischen Mika und mir schon fast vergessen hatte.
Wir verstanden uns sogar weit aus besser als vor der Sache mit dem Kuss, denn irgendwie hatte uns das Leiden gezeigt, wie sehr wir einander wirklich brauchten und dass wir füreinander da sein sollten.
Weihnachten rückte immer näher und während der Winter sich die gesamte Stadt zu Eigen gemacht und in ein totales Schneechaos gehüllt hatte, waren wir alle in die Festtags-Vorbereitungen vertieft.
Meine Mutter bekam ich kaum noch zu Gesicht, da sie Tag für Tag in der Küche stand und alle möglichen Plätzchenrezepte ausprobierte, die sie irgendwo in Zeitschriften oder auf Internetseiten fand.
Auch Thomas ließ sich von der fröhlichen Weihnachtsstimmung anstecken, denn irgendwie kam er mir freundlicher und zuvorkommender vor, weshalb ich mich sogar ab und zu mit ihm unterhielt, ohne schnellstmöglich die Flucht zu ergreifen.
Mika hingegen ließ sich nichts derartiges anmerken. Sie sprach nicht ein einziges Mal über den heiligen Abend, übers Plätzchen backen, Geschenke kaufen oder gemeinsame Beisammensein mit ihrer Familie.
Es schien fast so, als würde sie Weihnachten überhaupt nicht interessieren, was ich beim besten Willen nicht versehen konnte. Ich hatte sie noch nicht darauf angesprochen, aber das wollte ich bei der nächsten Gelegenheit tuen. In der Schule kam ich einfach nicht dazu mit ihr zu reden, da wir seit unserem letzten Gespräch jeglichen verbalen Austausch vermieden. Lukas schien tatsächlich zu glauben, dass Mika und ich uns immer noch die kalte Schulter zeigten, weshalb er uns wirklich in Ruhe ließ.
Mikas Mutter hatte bisher also noch keine böse Vorahnung und das Bild war ihr nicht bekannt.

„Mika?", fragte ich meine Freundin zögernd, als wir gemeinsam auf meinem Bett saßen.
„Hm, was denn?", entgegnete sie und sah auf.
„Ich habe mir überlegt, dass ich meiner Mutter vielleicht von uns erzählen sollte. Ich meine..." sagte ich leise und fummelte aufgeregt an meinem großen Plüscheisbären herum, „Mein Vater weiß Bescheid von uns und er hat gut reagiert. Wieso sollte meine Mom dann anderer Meinung sein?"
Mika musterte mich eingehend und antwortete schließlich: „Wow, damit habe ich nicht gerechnet, aber ich finde es gut. Ehrlich, ich finde es sogar sehr gut. Vielleicht können wir dann endlich aufhören jedes Mal Angst zu haben, dass sie etwas mitbekommt."
Ich nickte zustimmend, denn ich wollte mich nicht mehr länger vor meiner Mutter verstecken müssen.
Mit Mika schwebte ich auf Wolke sieben und wie konnte meine Mutter schon etwas dagegen haben, dass ich eine Person gefunden hatte, die mich mehr als glücklich machte?
„Ich habe bis jetzt noch nicht den richtigen Zeitpunkt dafür gefunden, aber ich bin stolz auf dich und das werde ich nicht vor meiner eigenen Mutter geheim halten. Sie hat ein Recht darauf es zu erfahren."
Bei meinen Worten bildete sich ein dunkler Schleier in Mikas sonst so strahlenden blauen Augen. Es war zu spät das Gesagte zurückzunehmen, aber mir war plötzlich klar, dass ich bei Mika einen wunden Punkt getroffen hatte.
„Das.. bei deiner Mutter ist das natürlich etwas anderes.. Ich wollte dich damit jetzt nicht unter Druck setzen. Du weißt ja, dass ich verstehe, dass es deine Mutter besser nicht erfahren sollte. So war das jetzt nicht gemeint."
Sie sah mich an mit einer Emotion im Blick, die ich nicht deuten konnte. Innerlich verpasste ich mir eine Ohrfeige für das was ich gesagt hatte. Mika musste jetzt unumgänglich das Gefühl haben, ich würde von ihr erwarten, dass sie auch ihrer Mutter von unserer Beziehung erzählte.
„Ist schon gut", sagte sie zerknirscht und starrte auf den Boden.
„Du hast ja Recht. Ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast. Eine Mutter sollte wissen, wenn ihre Tochter in einer glücklichen Beziehung ist. Ich kenne meine Mom aber eben gut genug und ich weiß nun mal, dass sie es nicht tolerieren würde."
Während sie sprach, sah Mika so traurig aus, dass es mir einen schmerzenden Stich im Herzen verursachte, doch ich wusste, dass es keine Worte auf der Welt gab, die sie ausreichend trösten würden. Es musste sich schrecklich anfühlen, von der eigenen Mutter verurteilt zu werden.
Plötzlich spürte ich ihre warme Hand auf meinem Arm und sie rutschte etwas näher.
„Aber ich denke trotzdem, dass ich es ihr sagen sollte, bevor sie es doch noch durch Lukas erfährt. Man weiß ja nie, wie er sich noch entscheiden sollte, auch wenn er uns vielleicht momentan in Ruhe lässt. Ich will nicht riskieren, dass es durch so eine dumme Sache wie dieses Foto rauskommt, also sage ich es ihr besser selbst."
Mika musste merken, dass ihre Entscheidung mich mehr als aus der Bahn warf, denn sie sah mir teils angespannt und teils amüsiert dabei zu, wie meine Kinnlade nach unten klappte und ich wild mit den Händen zu gestikulieren begann.
„Was?!", brachte ich unter höchster Konzentration nicht zu hyperventilieren hervor und stieß noch einen erstaunten Laut aus.
„Keine gute Idee?", wollte Mika mit zusammengekniffenen Augen wissen.
„Ich hab absolut keine Ahnung. Ich meine, natürlich bedeutet es mir viel, dass du dich dazu bereit fühlst, aber was ist, wenn sie dir den Kontakt zu mir verbieten will oder ich nicht mehr kommen darf?" Die Panik war deutlich aus meiner Stimme heraus zu hören und ich machte mir nichtmal die Mühe es zu verbergen.
„Elly, niemand wird mich davon abhalten meine große Liebe zu sehen, auch nicht meine Mutter, klar?"
Ich nickte zwar, fühlte mich aber dennoch nicht ganz wohl bei der Sache.
„Wenn du meinst. Du musst es ja schließlich wissen."

Since our fate has decided (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt