zwanzig

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Wenn man von Verliebtheit spricht, dann benutzt man oft eine Hand voll Worte, die nervenaufreibende Aufregung und unglaubliche Glücksgefühle beschreiben.
Auf mich wirkte sich die Liebe wie ein alles verschönernder Zauber aus, der die sonst so graue Welt plötzlich in knallbunte Farben tauchte, überstreut mit haufenweise Glitzer.
Seit ich ich Mika kennengelernt hatte, gab es plötzlich einen guten Grund für mich am Morgen aufzustehen und ich freute mich sogar in die Schule zu gehen, bloß weil ich sie wiedersehen konnte.
Jede Sekunde in der wir uns nah sein konnten, genoss ich ihre Anwesenheit und saugte ihr wunderschönes Lächeln in mein Herz auf, als wäre es unstillbar durstig danach. Jeder noch so kleine Moment, in dem wir uns nur auf uns konzentrierten und die restliche Welt um uns ausblendeten, gehörte nur uns beiden und brannte sich tief in mein Gedächtnis ein, damit ich keinen dieser Momente jemals wieder vergessen konnte.
Auch wenn unsere Liebe noch ganz frisch war, wie eine junge aufgehende Knospe, fühlte sie sich echter und wahrhaftiger an, als jedes Gefühl, das ich je in der Lage gewesen war zu empfinden.

Durchtränkt von Aufregung, die meinen ganzen Körper zittern ließ, und durch meine Adern floss, als bestünde ich aus nichts anderem, lief ich nervös durch mein Zimmer, zupfte meine Bettdecke glatt und schob meinen Teppich gerade.
Mika würde heute zum ersten Mal zu mir Nachhause kommen und somit etwas mehr von mir kennenlernen. Ihre akkurate Ordnung in ihrem schlicht eingeräumten Zimmer war ein starker Kontrast zu meinem verspielt eingerichteten Raum und ich hatte Angst, dass sie sich bei mir womöglich nicht wohl fühlen könnte.
Um ihr gut zu gefallen, trug ich meine Haare offen über die Schultern fallend und hatte einen schlichten schwarzen Rock und ein weißes Oberteil angezogen. Auf meine flauschigen pinken Wollsocken wollte ich trotzdem nicht verzichten, ganz egal ob Mika mich dafür auslachen würde oder nicht. Ich war nur dezent geschminkt und hatte ein wenig Parfüm aufgetragen, dazu eine silbrig glänzende Kette um den Hals und ein letzter entschlossener Blick in den Spiegel sicherte mich ab, dass ich mich so blicken lassen konnte. Jede einzelne Lichterkette, die ich in meinem Zimmer verteilt hatte, leuchtete funkelnd und erhellte den Raum.
"Also gut", sprach ich mir selbst Mut zu, "Alles wird gut gehen, es ist schließlich nichts besonderes. Sie kommt mich nur besuchen."
Natürlich war ich auch früher jedesmal unendlich aufgeregt gewesen, als Mika und ich uns getroffen hatten, doch seit ich ihr meine Liebe endlich offen gestanden hatte, fühlte sich alles noch viel aufregender an und heute würde sie nicht nur das erste mal zu mir kommen, sondern wir wären auch das erste mal allein, seit meinem Liebesgeständnis.
Meine Mutter wusste zwar, dass ich Mika eingeladen hatte, konnte sich meine Nervosität aber nicht erklären, da sie von der kleinen Romanze zwischen Mika und mir natürlich nichts wusste.
Generell hatte ich nicht vor in nächster Zeit mit jemandem darüber zu sprechen, schließlich war die gesamte Situation noch viel zu neu und ungewohnt für mich, weshalb nicht einmal meine beste Freundin davon wusste.
Ein Klingeln an der Haustür holte mich ruckartig aus meinen Gedanken und mein Herz begann wie wild zu schlagen.

Jetzt beruhig dich!

"Hallo", sagte sie mit melodischer Stimme und setzte ein umwerfendes Lächeln auf, das die ganze Freude der Welt in einem einzigen Menschen zu verkörpern schien.
Schwungvoll hatte ich die Tür aufgerissen und starrte nun genau in Mikas schönes Gesicht, könnte ein dämliches Grinsen nicht verhindern und spürte die gewohnten Schmetterlinge in meinem Bauch erwachen.
"Hey", gab ich schüchtern zurück und bat sie zur Tür herein, nicht ohne ihr flüchtig einen keuschen Kuss auf die Wange zu hauchen.
"Es ist schön, dass du heute Zeit hast und nicht auf deinen Bruder aufpassen musst", begann ich ein Gespräch und versuchte mich beim sprechen nicht zu sehr von ihrem perfekten Aussehen ablenken zu lassen.
"Ja, das finde ich auch. Meine Mom war zwar nicht sehr gut gelaunt, als ich ihr gesagt habe, dass ich nochmal weggehe, aber das hat wirklich nichts mit dir zu tun. Sie ist einfach so, immer von allem genervt. Muss angeboren sein."
Ich war Mika dankbar, dass sie dieses ernsthafte Thema mit einem Lächeln quittierte und durch ihre scherzhafte Art auflockerte. Ich hätte wirklich nicht gewusst, wie ich sie bezüglich ihrer strengen Mutter hätte trösten können, aber das schien sie gar nicht zu erwarten und schob das Thema augenblicklich ungerührt wieder beiseite.
"Also auf jeden Fall bin ich froh, dass ich hier sein kann. Aber jetzt mal ganz ehrlich, wenn ich google Maps nicht benutzt hätte, dann hätte ich dein Haus wahrscheinlich morgen noch nicht gefunden!"
Lachend stimmte ich Mika zu, indem ich heftig nickte.
"Tut mir echt leid, unsere Wohnsiedlung ist wirklich gut getarnt hinter den ganzen Bäumen hier. Ich könnte fast sagen, ich wohne im Wald."

Nachdem ich Mika durch unser kleines Haus geführt und ihr alles gezeigt hatte, nahmen wir in meinem Zimmer Platz und unterhielten uns etwas.
Mika schien sich entgegen meiner Erwartungen sehr wohl zu fühlen und betrachtete die vielen Lichterketten, brennenden Kerzen und Kissen mit Rosenmuster bewundernd. Die Aufregung fiel langsam von mir ab und ich entspannte mich immer mehr. Während wir über belanglose Dinge, wie die Schule und unseren Freundeskreis sprachen, fiel mir Molly wieder ein und mir wurde bewusst, dass ich ihr noch immer keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Auch wenn ich enttäuscht von ihr war, fand ich, dass es langsam Zeit würde mich bei ihr zu melden und ich zückte mein Handy.
"Warte kurz, mir ist gerade etwas eingefallen. Ich muss schnell Molly schreiben", sagte ich zusammenhangslos und erntete einen überraschten Blick von Mika, die gegenüber von mir saß und gerade etwas über ihre ehemalige Schule erzählte.
"Ist was passiert?", wollte sie interessiert wissen und hob eine Augenbraue an.
"Nein. Naja, also eigentlich schon. Aber nichts konkretes", entgegnete ich knapp und schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln.
"Jetzt sag schon! Ich bin neugierig", hakte Mika grinsend nach und rutschte näher zu mir, um auf mein Handydisplay schauen zu können.
Ich atmete tief durch und hoffte inständig, meine darauffolgenden Entscheidung nicht zu bereuen und dann begann ich seufzend alles zu erzählen. Es hatte keinen Sinn Geheimnisse vor Mika zu haben, denn ich wollte, dass sie alles von mir wusste und erwartete im Gegenzug genauso von ihr, dass sie mir alles anvertraute. Also fing ich an ihr von der Nacht im Freien zu erzählen und nannte ihr letztendlich den Grund, weshalb ich überhaupt betrunken gewesen war. Während ich sprach, ließ sie mich keine Sekunde aus den Augen und nachdem ich ihr alles offenbart hatte, blieb sie kurt still, ehe sie antwortete.
"Oha. Du... Du hast dich wegen mir betrunken? Und du hast ernsthaft auf einer Parkbank geschlafen?"
Ich seufzte erneut, was als Antwort zu reichen schien, denn Mika breitete ihre Arme aus und zog mich in eine tröstende Umarmung.
"Das tut mir leid für dich, du kleiner Klumpen. Das wollte ich nicht."
"Schon gut, es war nicht deine Schuld."
"Vielleicht solltest du Molly jetzt wirklich schreiben, sie wartet bestimmt schon darauf."
Als Zustimmung nickte ich entschlossen und tippte eine Antwort in mein Handy, in der ich Molly erklärte, dass sie mir eine Menge Süßigkeiten schuldete, aber ich ihr verziehen hatte.

Der Tag verlief ruhig und entspannt, zwischen Mika und mir herrschte eine gute Stimmung, doch ich hatte das Gefühl, dass wir beide unbewusst versuchten, diese kleinen intimen Momente zu vermeiden, in denen wir uns einfach nur anstarrten und nicht wussten, ob wir uns küssen sollten oder nicht. Eigentlich war ich froh darüber, denn es war mit jedesmal unendlich peinlich, wenn sie mit ansah wie sich mein Gesicht knallrot verfärbte vor Verlegenheit, aber andererseits vermisste ich das Knistern zwischen uns und wollte ihre Lippen endlich wieder auf meinen spüren. Offiziell waren wir noch kein Paar und keiner von uns wusste, wie man das Verhältnis zwischen uns bezeichnen sollte. Freundschaft Plus, die erste richtige Liebe? Es war mehr als das und trotzdem weniger.
Insgeheim hoffte ich, dass Mika mich nach einer richtigen festen Beziehung fragen würde, allerdings hatte ich mindestens genauso sehr Angst davor, was das bedeuten würde.

Nachdem Molly erfolgreich zu einer Antwort meinerseits gekommen war, legte ich mein Handy beiseite und erschrak, als Mika plötzlich viel näher neben mir saß und mich verlegen angrinste. Sie musste unbemerkt weiter zu mir gerutscht sein und nun raubte sie mir den Verstand mit ihrer puren Anwesenheit.
Ich konnte förmlich spüren, wie sich mein Gesicht erhitze, ich schwitzige Hände bekam und mein Herz laut zu klopfen begann.
Wie eine Wolke aus dichtem Nebel hüllte mich das Verlangen ein, Mika endlich zu küssen. Die Spannung zwischen uns war fast greifbar, beinahe glaubte ich Funken und Blitze zu sehen, so stark kribbelte die Mischung aus Lust und Nervosität in der Luft.
Ich spielte aufgeregt mit meinen Haaren, die mir in leichten Wellen über die Schultern fielen und mir strähnenweise ins Gesicht hingen.
Dann spürte ich plötzlich eine zarte Hand, die meinen Hals entlangfuhr, Liebevoll Muster auf meiner Haut malte und starke Gänsehaut auf meinem Körper auslöste.
Noch ein intensiver Blick in ihre strahlend schönen, blauen Augen und es war vollends um mich geschehen.
Langsam legte ich meine Lippen auf ihre, die sie augenblicklich leicht öffnete und Sekunden später war mein Gehirn wie leer gefegt, bis auf das Wissen, dass ich in Mika meine große Liebe gefunden hatte.
Jede der sanften Berührungen ihrer schmalen Finger an meiner Wange, meinem Nacken oder meiner Taille fühlte sich so gut an, als wären ihre Hände nur dafür gemacht, mich anzufassen.
Dieser Kuss war anders als die vorherigen; er war leidenschaftlicher, fordernder und ich nahm das Gefühl der grenzenlosen Liebe so stark war, wie noch nie zuvor in meinem Leben.

"Ich liebe dich so sehr, mein kleiner Klumpen."
"Und ich dich erst."

Since our fate has decided (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt