zehn

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"D..du brauchst mich?"
Ihre Stimme hatte einen zerbrechlichen, schwachen Klang, wie ein kostbares Stück Porzellan, das jeden Augenblick zu zersplittern drohte, wenn man nicht gut genug darauf Acht gab.
Ich konnte hören, wie sie zitterte und spürte den Sturm an Emotionen der in jedem ihrer Worte mitklang.
Dass meine Aussage sie so berühren würde, hatte ich nicht für möglich gehalten und irgendwie genoss ich diesen beinahe skurrilen Moment, in dem wir beide endlich miteinander redeten.
Wie sehr ich Mika vermisst hatte, könnte ich mit keinen Worten dieser Welt beschreiben und diese Tatsache verwunderte mich, da sie mir mehr bedeutete, als ich zuerst geglaubt hatte.
Plötzlich durchzuckte mich das mir all zu gut bekannte Gefühl von Schuldbewusstsein.

Wenn Mika mir in so kurzer Zeit so wichtig geworden ist, vernachlässige ich dann Molly?

Tatsächlich hatte ich in den Kontakt zu meiner besten Freundin in den letzten Tagen nur selten aufrecht erhalten, dafür aber umso öfter über Mika nachgedacht.

Ach was, ich hatte einfach viel um die Ohren und natürlich habe ich viel an Mika gedacht, schließlich ging es ihr nicht gut und sie erzählt mir nicht, was los ist.

Mikas Stimme holte mich aus meinen Gedanken zurück in die Realität.
"Elly, bist du noch dran?" fragte sie vorsichtig nach, was mir bewusst machte, dass ich ihr noch gar nicht geantwortet hatte.
"Ja, ich bin noch dran. Ich war wohl in Gedanken... Tut mir leid." Ich holte tief Luft und wischte mir die salzigen Tränen von den Wangen, bevor ich weitersprach.
"Ja, Mika. Ich brauche dich. Ich weiß nicht warum du seit einigen Tagen so abweisend zu mir warst, obwohl ich mir echt Mühe gegeben habe, zu dir durchzudringen, aber Fakt ist, dass mir dadurch umso klarer geworden ist, wie sehr du mir fehlst."
Erst als ich es schon ausgesprochen hatte, fragte ich mich, ob Mika das was ich gesagt hatte vielleicht seltsam finden würde, doch nun war es sowieso zu spät. Irgendwie war ich aufgeregter als sonst, wenn ich mit Freunden telefonierte und knabberte unruhig an meiner Unterlippe, bis sie wehtat.
"I..ich fehle dir?" fragte sie beinahe nervös, was ich irgendwie süß fand, doch sie ließ ihre emotionale Seite schnell gekonnt wieder verschwinden und redete mit ihrer typischen, lässigen Stimme weiter.
"Du fehlst mir doch auch, mein kleiner Klumpen. Aber wieso hast du mich überhaupt angerufen? Du hast ja geweint. Was ist denn passiert?"
Mir entging natürlich nicht, dass sie nicht darauf einging, dass sie mir etwas verschwieg, doch ich wollte sie jetzt nicht zum Reden drängen. Ich zuckte ahnungslos mit den Schultern, bis mir auffiel, dass sie das gar nicht sehen konnte und antwortete dann:
"Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Das ging alles so schnell und jetzt ist es vorbei. Aber wenn ich ehrlich bin, ist das echt gut so! Ich meine, endlich ist es vorbei, was auch immer das überhaupt war. Ich hätte den ganzen Scheiß und den emotionalen Druck bestimmt eh nicht länger ausgehalten."
"Elly, was faselst du denn da?" wollte Mika neugierig und zugleich besorgt wissen.
"Sag mir jetzt was passiert ist."
Ihre Stimme hatte diesen gewissen Nachdruck, der es nicht duldete, ihr zu widersprechen, also redete ich. Ich begann damit, dass ich erst geglaubt hatte, alles würde gut zwischen Lukas und mir ausgehen und redete dann darüber, dass er mich aufdringlich gedrängt hatte, ihn zu küssen und anschließend erzählte ich ihr auch von seinem rasanten Abgang. Dass ich dann überfordert zusammengebrochen war, erwähnte ich nur kurz, weil es mir schon peinlich genug war, dass sie mich überhaupt weinen gehört hatte.
"Weißt du was? Sag mir wo du wohnst und ich hol dich."
Mika klang plötzlich total überzeugt und auch wenn ich nicht ganz begriff was sie meinte, sagte ich ihr wo ich wohnte.
"Mika? Was meinst du damit? Du kannst mich doch nicht einfach abholen? Es ist schon spät und was ist mit deiner Mutter?", wollte ich deshalb wissen.
"Mach dir keine Sorgen, ich bin dieses Wochenende bei meinem Vater. Der ist viel freundlicher als meine Rabenmutter und würde dich sicher sofort abholen, wenn ich ihn frage. Ich glaube es würde uns beiden guttun, wenn wir richtig miteinander reden könnten. Nicht nur übers Telefon. Sondern richtig."
Ich wusste nicht, welches Argument mich am meisten überzeugt hatte, aber tatsächlich hielt ich Mikas Idee für gar nicht schlecht und beschloss mich einfach darauf einzulassen. Wenn ich ehrlich war, hätte ich die Nacht alleine sowieso nicht überstanden. Dafür waren meine Gedanken einfach zu aufgewühlt und ich fühlte mich ohnehin sehr einsam.
"Okay, dann frag ihn", antwortete ich und konnte hören, wie Mika erleichtert aufatmete.
"Aber nur, wenn das nicht zu viele Umstände macht! Ich will auf gar keinen Fall eine Last sein", fügte ich hastig hinzu, denn ich wollte nicht unhöflich wirken.
"Mach dir keine Gedanken, mein Vater ist locker drauf, das macht ihm bestimmt nichts aus", sagte Mika und verabschiedete sich von mir, um mit ihrem Vater zu sprechen.

Since our fate has decided (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt