"Zwischen zwei Zweschgen... Nein, nochmal. Zwischlen... Zwischen swrei... Zwischen zwei Zwetschgen und Geigen... Äm, ich meine Zwetschgenzweigen... zischeln... nein, zwitschern drei... äh, zwei Falken. Was? Nein! Also, zwei Schwalben. Ja, genau. Nee, also... Äm... Zwischen zwei Zwetschgen und Geigen zischeln drei Falken. So war's... nicht. L-Las mich kurz nachdenken. Ich hab's gleich."
Doch das Seufzten meines Onkels unterbrach mich. "Oje, es ist schlimmer, als befürchtet.", befand der Arzt bedauernd. "Oh.", machte ich nur. "Ja, du kannst dich einfach nicht konzentrieren und lallst wie ein Betrunkener. Die blauen Masern haben deinen Körper auch fast ganz eingenommen. Also, wenn du mich sehen könntest, würdest du deine Mordlust vermutlich nicht mehr zurück halten können.", erklärte er mir die Lage. Ich nickte kurz, doch dann fiel mir etwas auf. Zweifelnd sah ich in die Kamera, als ich fragte: "Und damit du das erkennen konntest, sollte ich einen Zungenbracher aufsagen?" "Nein.", gab er sofort zu, "Das war einfach nur amüsant anzusehen."
"Hm, ach so, verstehe... Moment, warte! Was?!" Ich hörte das Lachen meines Onkels, bei meinen Worten, was mich die Augen verdrehen ließ. Gut zu wissen, dass wenigstens Einer Spaß an dem Ganzen hier hatte. "Ach, reg dich nicht auf, mein Lieber. Lass uns stattdessen lieber den Wert deiner magischen Fähigkeiten ermitteln. Versuchen wir es zunächst mit etwas Leichtem... Ich weiß. Probiere doch mal, eine Flamme zu erzeugen.", wies er mich schließlich an, als er endlich fertig gelacht hatte. Ich verdrehte abermals die Augen. Wie sollte ich das denn bitte schaffen? Schon in meinem normalen Zustand war das furchtbar schwer für mich, und die Meuchelmasern halfen da auch nicht grade.
Doch es war ja für die Untersuchungen, da hatte ich nicht wirklich eine Wahl. Ich streckte also meine rechte Hand aus, schloss die Augen und konzentrierte mich auf Feuer. Nach einer Weile, die wirklich lang andauerte, schossen schließlich ein paar rot glühende Funken unter meinen Nägeln hervor. Seufzend schüttelte ich den Kopf. Super! Ich hatte mal wieder die Leistung eines Kindergartenkindes nicht geschafft.
"Oh.", machte mein Onkel nur. "Ich habe dich schon eine Weile nicht mehr zaubern sehen, wie war das denn im Vergleich zu sonst?", fragte er schließlich, offenbar peinlich berührt darüber, meinen aktuellen Leistungsstand nicht zu kennen. Na, das war doch mal ein Wunder! Hatten meine liebreizende Tante und ihr noch wunderbarerer Sohn ihm noch nicht erzählt, wie furchtbar dämlich ich mich mit der Magie anstellte, und zwar in allen erbärmlichen Details? Vor Fremden genierten sie sich da nicht so sehr.
Leute, kommt schnell, da ist jemand, dem ihr es noch erzählen könnt! Er weiß es noch nicht, er weiß es noch nicht! Man kann wieder über den unfähigen Sohn des Sippenleiters tratschen, und das mit jemand Neuem. Yay...
Ich konnte ein verächtliches Schnauben nicht unterdrücken. "Ganz gut soweit.", murmelte ich schließlich meine Antwort. "Bitte?", hörte ich die Stimme meines Onkels und diesmal ballte ich meine Hand zur Faust, als ich knurrte: "Es war ganz gut so weit, Doktor Ember. Eine ganz gewöhnliche Leistung, vielleicht ein winziges bisschen schlechter als sonst, aber nicht viel - und Ihre Familie wird das sicher gerne bestätigen." Den letzten Teil murmelte ich so leise, dass mein Onkel es vermutlich nicht hörte, doch das war mir egal. Ich hatte es einfach sagen wollen, nur einmal laut aussprechen.
"Okay... Also, ich muss es zwar erst noch auswerten, aber wenn ich mir das hier so ansehe, dann ist es wohl besser, wenn du vorläufig in der Bücherei bleibst. Ein Transport zu den Katakomben wäre vermutlich nicht sicher genug, außerdem ist dein Körper geschwächter, als es sich für dich anfühlt. Vermeide Bewegung und versuche, viel zu schlafen, dann sollte es theoretisch in ein paar Tagen weggehen. Wenn die Masern zurück gegangen sind, müssen wir dich noch für mindestens achtundvierzig weitere Stunden unter Quarantäne behalten, zur Sicherheit. Aber so alles in allem würde ich sagen, in ein bis zwei Wochen bist du wieder fit.", lautete schließlich der vorläufige Befund meines Onkels. Ich nickte, dann verabschiedeten wir uns und die Kamera wurde auch wieder abgestellt. Ich sah es an dem roten Licht, beziehungsweise daran, dass ich das rote Licht eben nicht mehr sehen konnte.
Seufzend machte ich es mir auf der Bank gemütlich, die ich mit ein paar Sitzkissen in ein provisorisches Bett verwandelt hatte. Schlafen sollte ich also, hm? Na, der hatte gut reden! Außer schlafen und lesen hatte ich in den letzten Stunden nichts getan, wie sollte ich da noch einschlafen können? Und das für die nächsten ein bis zwei Wochen... Na, super.
Hm, wenigstens hatte mein Sarkasmus unter der Krankheit nicht zu leiden, wenn auch meine Psyche und scheinbar auch mein Gehirn. Das war zumindest etwas...
Ich seufzte noch mal, als ich mich auf die Seite drehte, um es mir gemütlicher zu machen. Half leider nicht, die Holzbank war trotzdem steinhart. Ich vermisste mein Bett. Und ich vermisste die Schule. Naja, nicht direkt die Schule. Auf die komischen Blicke und das Gerede hinter vorgehaltener Hand konnte ich gut verzichten, ebenso auf die ätzend langweiligen Unterrichtsstunden, in denen ich mich mit den nervigsten Themen rumquälen musste. Aber Lyra, Lyra vermisste ich. Ich vermisste ihr Lachen und dass sie mir das Gefühl gab, für irgendetwas gut zu sein, vielleicht sogar wertvoll. Ihre Stimme vermisste ich auch, sowie ihre strahlende Freundlichkeit und dieses bewundernde Leuchten in ihren Augen, wenn sie die Natur betrachtete. All diese kleinen Dinge, die einen begleiteten, wenn man in ihrer Nähe war, jedes Einzelne davon. Und immer, wenn ich mich nicht anderweitig beschäftigte, dachte ich an sie.
Mein Blick wanderte zu dem Handy, das ich auf dem Tisch vor mir hingelegt hatte. Es war nur eine Armlänge entfernt, nur ganz wenig. Ich könnte einfach meine Hand ausstrecken und sie anrufen, mit ihr reden. Sollte ich? Nein, das war doch eigenartig. Wieso sollte ich einfach so aus heiterem Himmel anrufen? Und überhaupt: Worüber sollte ich denn bitte mit ihr reden? Wenn ich über ihr Vorhaben, den Thron ihres Vaters zu übernehmen, reden würde, würde ich sie nur nervöser machen. Doch andere Themen fielen mir nicht ein, besonders da ich keine Ahnung hatte, wie lange ich schon hier unten war, oder was in dieser Zeit so passiert war, was ihr so passiert war...
Schon komisch. Da bin ich nur kurz von ihr getrennt, und schon kann ich an nichts Anderes mehr denken, als dass ich sie nicht sehen kann.
Mit einem Mal saß ich kerzengrade, mein Herz so laut wie ein Flugzeug und die Augen vor Schock geweitet. Denn plötzlich wurde es mir klar. "Oh, Scheiße!", murmelte ich entsetzt. "Ich hab mich ja in sie verliebt..."
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Die Dämonenspiele der Dolchherzen
FantasyLyra ist neu in Featherfield, einer Stadt nur für nicht-Menschen. Davor hat sie in der Welt der Menschen gelebt, hat sich wie ein Mensch verhalten, hat so getan, als sei sie ein Mensch. Eine schwere Aufgabe, wenn man Fuchsohren auf dem Kopf hat... ...