7 Kontrollversuch (Ethan)

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„... Oder weil er endlich mal etwas zu sagen haben wollte ... Ist ihm nur leider nicht geglückt, denn ich kenne keinen Schüler, der ihn respektiert oder zumindest nicht nur als kleinen, spießigen Harry Potter Zwerg ansieht", verspottete ich Mr. Franklin. Ich brach noch während meiner Worte in unkontrolliertes Lachen aus, worauf sie mit einstimmte. Nerdi konnte also doch lachen. Das sollte sie ruhig öfter machen, denn ihre Lache hörte sich echt niedlich an. Achja? Irgendwelche Jungs würden sicher so denken, ich aber nicht. Ich war nur verwundert, dass sie überhaupt mal über ihren spaßbremsigen Schatten springen konnte.

Scheinbar hast du doch mehr gemeinsam mit Streberlein, als du dachtest ... Das zählte nicht; jeder konnte Mr. Franklin nicht leiden.

„Willst du etwas essen oder trinken? Wenn ja würde ich uns einen kleinen Snack holen", fragte sie mich, als sie sich langsam von ihrem aufgelösten Gelächter beruhigt hatte. Mal keine Beleidigung aus ihrem Mund?

„Ja gerne, Kaffee mit Milch und Zucker wäre nice", nahm ich ihre nette Geste an.

„Okay, dann zweimal gezuckerter Milchkaffee und Oreokekse." Eins musste man ihr lassen: zumindest in Sachen heiße Getränke und Kekse hatte sie Geschmack.

„Ähm, ich könnte ja währenddessen schon einmal weitermachen mit der Textbearbeitung", hielt ich sie auf. „... Hast du irgendwo ein Wörterbuch. Bin zu blöd, raffe die ganzen Texte nicht ohne."

„Klar, in einem der Schreibfächer unter meinem Schreibtisch. Schön, dass du es einsiehst." Sie grinste mich höhnisch an. Ja, ich hatte ihr damit soeben einen weiteren Grund gegeben, sich über mich lustig zu machen. Aber scheiß drauf: Ich wusste, dass ich nicht die hellste Birne im Glühbirnengeschäft war; ich hatte nun einmal andere Prioritäten ...

Mein Zungeherausstrecken bekam sie sicher nicht mehr mit, allerdings war es mir dennoch eine Genugtuung. Wenn sie mich weiterhin so am Stück niedermachte, würden garantiert selbst bald ihr die Beleidigungen ausgehen ...

Was zum Teufel ... War sie so krank, dass sie ausgestopfte Katzen bei sich herumzustehen hatte? Auf ihrem Schreibtisch lag eine regungslose, grau melierte plüschige Katze. Sie machte schwer den Anschein, dass sie nicht mehr ganz so putzmunter war ... Manchmal konnte Katzenliebe schon ein wenig zu weit gehen. Aber was war von einer zukünftigen Katzenlady sonst du erwarten?

Als ob sie bei meinen Gedanken von den Toten auferstanden wäre, streckte sie sich nun und gab ein lautes Gähnen von sich. Ups, die war wohl doch nicht so tot, sondern hatte einfach nur einen ziemlich festen Schlaf.

Nun blickte sie mich halb verschlafen an. Die war aber auch niedlich!

Ich hatte mir, als ich kleiner gewesen war, immer eine Katze oder Kater gewünscht, um nicht immer so alleine zu sein, wenn ich schon kein Geschwisterchen bekommen hatte. Doch meine Eltern hatten dies mit der Begründung Katzen machen nur Dreck und bringen Flöhe ins Haus abgewehrt. Und nach ihrer Scheidung hatten sie andere Dinge im Kopf gehabt, als mir meinen Wunsch zu erfüllen. Danach arbeiten und arbeiten. Ich wurde erwachsen und hatte das Bedürfnis irgendwann komplett aufgegeben – mich dann stattdessen mit meinen Kumpels und irgendwelchen Mädchen vergnügt.

Aber als ich nun dieses kleine zuckersüße Geschöpf vor mir sah, konnte ich das kleine fünfjährige Ich verstehen: Wie schön wäre es doch gewesen, nicht immer alleine zu Hause zu sein?

Wirst beim Anblick einer Katze gleich zur Pussy oder was? Verstanden, das war nicht das, was meiner Rolle entsprach. Doch ich konnte dem Drang nicht widerstehen, sie wenigstens einmal zu streicheln ...

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt