11 Elefant im Porzellanlanden (Harper)

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„Warum musst du mich bloß allein in dieser Primatenhöhle zurücklassen", beschwerte ich mich bei Cloe, während ich an meinem Kleid herumfummelte sowie mein dezentes Makeup kritisierend musterte.

„Es tut mir echt leid, aber meine Eltern und ich müssen morgen früh um fünf zum jährlichen Familientreffen fahren. Von früh bis abends besinnliche Stunden mit der Archer Family", entschuldigte sie sich.

Sicher, sie war verplant und somit gab es keine Chance, dass sie mich begleitete, dennoch wollte ich nicht akzeptieren, allein auf Taylors Party zu müssen. Jedoch konnte ich mich nicht drücken; Ethan hatte mehr als deutlich gemacht, dass ich unsere Wette – wir hatten es zwar nicht explizit so benannt, allerdings war es eine inoffizielle um Ruhm und Ehre gewesen – verlor, wenn ich nicht auf die Party kommen würde. Deshalb zwang ich mich lieber auf die Party, anstatt mir die Blöße zu geben, Ethan gewinnen zu lassen.

„Und warum genau machst du dich nochmal so schick", stichelte sie mich, als sie mich grinsend musterte.

„Weil das zum Teil unserer Wette gehört: Ich soll auf die Party kommen inklusive vernünftigen Outfit", konterte ich. Das war der einzige, einzig und alleinige, Grund, weshalb ich mich seit über einer Stunde in das mir ungewohnte Kleid zwang und mich ausnahmsweise mal mehr schminkte als nur mit Mascara.

„Achja", äußerte sie ihre Ungläubigkeit offen.

Darauf ging ich nicht weiter ein und blickte stattdessen erneut in den Spiegel. Die Person, die mich daraus anstarrte, erkannte ich nicht. Es war eine Girlyversion von mir: Ich trug ein berryfarbenes, kurzes Kleid mit leichtem Rückenausschnitt aufgrund der hinten querliegenden Träger. Zudem hatte ich meine Lockenmähne definiert, indem ich mit dem Glätteisen einzelne Locken durchfahren hatte. Den krönenden Abschluss bildete mein Makeup: Ich hatte meine Lippen im gleichen Ton des Kleides angemalt und meinen Augen leichte Smokey Eyes verpasst.

Kurzum: Trotz der wenigen Veränderungen erkannte ich mich nicht wieder.

„Auch wenn das nicht du bist, siehst du trotzdem richtig heiß aus. Glaube mir, wenn das nichts Party-Vernünftiges ist, dann fresse ich einen Besen." Cloe trat von hinten an mich heran, legte ihren Kopf auf meine Schulter und lächelte mich friedenstiftend an.

„Wann musst du noch einmal genau los", fragte sie mich.

Ich blickte auf die Uhr. „Jetzt", antworte ich monoton. Eigentlich vor einer halben Stunde. Vorher war ich noch nicht mental bereit dafür gewesen: Vorerst hatte ich mich an meine radikale Typveränderung gewöhnen müssen. Ohnehin wäre mein verspätetes Eintreffen kein Grund dafür, die Wette zu verlieren, wenn man berücksichtigte, dass Ethan der König im Zuspätkommen war.

„Wenn du das nicht überlebst, vermachst du mir dann deinen Fernseher inklusive deiner DVD-Sammlung", scherzte sie, als ich gerade nach meine Lederjacke griff.

Trotz des stichelnden Kommentars nickte ich.

Ich umarmte sie und verließ darauf gemeinsam mit ihr mein Haus.

Somit konnte die Party starten. Hoffentlich blieb mein Fernseher weiterhin in meinem Zimmer stehen ...

Wie ein Elefant im Porzellanladen fühlte ich mich. Ich befand mich ganze zwei Minuten auf der Party und fühlte mich bereits wie ein Elefant im Porzellanladen.

Jungs tranken oder flirteten mit den Mädchen. Mädchen lästerten, tanzten oder genossen es, angebaggert zu werden und flirteten zurück.

Alle anderen Mädchen passten hier her. So wie sie sich hier gaben, so waren sie auch. Sie gehörten auf Partys. Jedoch war ich dagegen ein Fremdkörper. Ich war kein Girly oder Partymädchen. Wenn ich meine Haare sexy nach hinten werfen wollte, sah dies aus, als würde ich mir meine Haare ausreißen, zudem blieb meist ein Ohrring in meiner Mähne hängen, den ich dadurch herauszog. Wenn ich mir auf die Lippen bis, wirkte dies viel mehr, als risse ich mir meine Lippen auf, als dass ich verführerisch war. Und anstatt mit Jungs zu flirten, würde ich sie wahrscheinlicherer belegen, anstatt zurückzuflirten. Man sah, ich war die Verkörperung vom Elefanten im Porzellanladen – ein Geek auf einer Party der Angesagten.

„Hey Süße, gehst du auch auf unsere Schule? Habe dich da noch nie gesehen", belaberte mich Brandon von der Seite. Er begutachtete mich mit seinen tiefbraunen Augen von oben bis unten und machte den Eindruck, als gefiele ihm das, was er sah.

Ich schob es mal auf seinen erhöhten Alkoholpegel, dass er mich nicht erkannte. „Ja, ich bin Harper Nickelson", entgegnete ich. Vielleicht bekam ich ihn dadurch von mir los.

Darauf verzog sich seine Miene lediglich irritiert. „Was, Harper Nickelson, nein das kann nicht sein. Harper ist versnoppt und würde nie auf einer Party sein, geschweige denn, dass sie so heiß aussehen könnte. Sei ehrlich, wie ist dein richtiger Name", wunderte sich der dunkle Lockenschopf lallend mit einem ungläubigen Lächeln. Tja, diesen Eindruck hatte offensichtlich nicht bloß Ethan von mir. – Hatten wohl viele der Fußballer eine gestörte Wahrnehmung.

„Harper Nickelson", behauptete ich nochmals, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

„Naja, vielleicht erzählst du mir ja später deinen wirklichen Namen." Er glaubte mir also immer noch nicht. „Wollen wir hochgehen, da sind noch ein paar Zimmer frei." Er zwinkerte mir zweideutig zu und hielt erneut den Plastikbecher an seinen Mund.

Er hat schon eindeutig genug intus, wenn er dich anmacht. Ja, das hatte er, wäre besser, ihn vom weiteren Trinken abzuhalten. Ob nun um ihm vom morgigen Kater zu entlasten oder vielleicht auch ein klein wenig aus Rache, legte ich ruckartig meine Hand auf seinen Becher und drückte ihn nach oben. Folglich kippte der gesamte Inhalt auf sein Shirt. Eine Bierdusche hatte noch niemandem geschadet. „Ich glaube, du hast genug getrunken." Ich lächelte ihn unschuldig an, worauf ich ihn bloß perplex stehen ließ und mich mit dem lustig machenden Lachen im Hintergrund auf die Suche nach Ethan machte.

Wenn man schon vom Teufel sprach, kam er passend dazu gerade eben in meine Richtung. Ich war noch nie so froh gewesen, ihn zu sehen – allgemein war ich noch nie froh gewesen, ihn zu sehen, dieses Detail spielte jetzt allerdings keine Rolle.

„Hi, wie versprochen, hier bin ich."

„Harper Nickelson auf einer Party. Hätte echt nicht damit gerechnet, dass du wirklich kommen würdest. Siehst sogar heute mal gar nicht so unscharf aus", empfing er mich höhnisch lachend.

„Danke, das interpretiere ich jetzt mal als Kompliment", konterte ich stirnrunzelnd.

Sein Blick wanderte auf den Hintergrund, wo Brandon damit beschäftigt war, sich abzutrocknen und seine Fassung wiederzugewinnen. Fragend deutete er auf ihn.

„Ich fand, er brauchte mal eine Abkühlung", kommentierte ich lediglich. Hätte sogar schwören können, daraufhin ein Grinsen auf Ethans Lippen zu entdecken.

„Ach übrigens, herzlichen Glückwunsch zum Sieg gegen die Portland High School."

„Du weißt davon", irritierte er sich. „Du stalkst mich doch nicht etwa?" War ja klar gewesen, funktionierte schließlich nicht ohne selbstverliebten Kommentar.

„Ja, der Artikel steht fettgedruckt auf der Startseite der Schulhomepage, war somit nicht zu übersehen, als ich mich über den Sciencewettbewerb erkundigt habe", verteidigte ich mich. Und ausversehen hast du auch noch draufgedrückt und es gelesen ... Das musste er ja nicht wissen, interpretierte er sicher bloß falsch, zudem wäre dies gefundenes Fressen für sein ohnehin schon übertriebenes Ego.

„So, führ mich in deine Welt ein, Partykönig. Was macht ihr typischerweise auf euren legendären Partys?", lenkte ich vom Thema ab und schenkte ihm ein herausforderndes Lächeln.

„Das ist unterschiedlich: Quatschen, Leute aufreißen – damit solltest du allerdings nicht ohne weiteres anfangen – tanzen und trinken. Mit Trinken sollten wir anfangen", schlug er vor und deutete, ihm zu folgen. Zeit, vom Meister zu lernen, wie man sich richtig auf Partys verhielt – auch wenn das nicht meine erste Wahl sein würde, gäbe es nicht diese Wette.

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt