15 Ein Neandertaler in unbekannten Gewässern (Harper)

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„Erzähl, wie war es auf der Party?", quetschte Cloe mich auf dem Schulflur nach den ersten beiden Stunden aus.

„Wie ich dir bereits gestern ausführlich erläutert habe ... ganz in Ordnung: Tanzen, Partyspiele und danach nach Hause gehen", antwortete ich monoton. Bereits gestern Nachmittag hatte sie mich angerufen, um alle einzelnen Partyereignisse zu erfahren. Nun horchte sie mich erneut in der Hoffnung, noch mehr aus mir herauszubekommen, aus. Jedoch verschwieg ich ihr die Sache mit Benjamin. Ihre Kommentare dazu konnte ich mir bereits bildlich vorstellen: „Bei solch einem Traumtypen musst du dich ranschmeißen" oder „Es war Schicksal, dass Ethan dich eingeladen hat und du ihn dadurch kennengelernt hast" – darauf konnte ich getrost verzichten – verfluchte mich selbst schon zu Genüge für meine Fehlentscheidung.

Sie zog einen verzerrten Schmollmund, der sich jedoch in ein strahlendes Lächeln verwandelte, als sich Miles zu uns gesellte. „Hi Mädels. Steht der Termin heute Nachmittag, Cloe? Wenn du jemand anderes gefunden hast, der dir unsere Forschungsarbeit erklärt, verstehe ich das."

„Nein, nein, der Termin steht. Ich freue mich schon auf die Atome, Bakterien und Energien", antwortete sie blitzschnell mit einem Dauergrinsen.

Klar, sie freute sich auf Atome, Bakterien und Energien und auf gar keinen Fall am meisten auf die Person, die ihr etwas über diese Dinge beibrachte.

„Ich muss dann mal los zu Mathe", verabschiedete ich mich von den beiden und wechselte den Kurs in Richtung Raum des erhöhten Mathekurses.

„Warte mal Nerdi", stoppte mich jemand, worauf ich mich umdrehte. Sicherlich war es Ethan, kein anderer sprach mich offen mit „Nerdi" an.

„Ich wollte dir noch einmal sagen, dass du dich wirklich wacker auf der Party geschlagen hast – auch wenn ich mich an den größten Teil der Party nicht mehr erinnern kann", gab er ehrlich zu.

Wie viel er wohl noch wusste? Wusste er, dass Jami und ich ihn und Taylor beim Bierpong besiegt hatten? Wusste er, dass wir die Party zusammen verlassen hatten? Und vor allem wusste er noch, was sich vor meinem Haus abgespielt hatte?

Zumindest tat er so, als wenn nichts geschehen war. Nichts war anders – außer, dass er mich mitten auf dem Schulflur anquatschte. „Ist es dir auf einmal nicht mehr peinlich, mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden?" Es war doch angeblich derartig „rufschädigend" mit mir Zeit zu verbringen.

„Jeder weiß, dass ich nichts von dir will und wir nur wegen des Schulprojekts etwas miteinander zu schaffen haben", erwiderte er. „Auf jeden Fall ist das auch der Grund, weshalb ich dich anquatsche: Heute Nachmittag, nach der Schule, so gegen um drei vor meinem Haus, dies ist die Adresse." Er reichte mir einen Zettel mit seiner Adresse. Darauf musterte ich ihn verwirrt: Er fragte nach einem Projekttreffen? Hätte nicht gedacht, dass ich das einmal erleben würde.

Ich nickte und begab mich wieder auf meinen vorherigen Kurs in Richtung Matheraum.

Dass er zu den von mir vorgeschriebenen Terminen zu spät kam, verzieh ich ihm gerade so, aber dass er mich schlicht vor seiner Haustür stehen ließ, brachte das Fass zum Überlaufen.

Punkt um drei war ich an der besagten Adresse angekommen und gammelte seitdem auf dem Bürgersteig vor einer riesigen Villa umgeben von weiteren Exemplaren dieser Angeber-Häuser.

Ich wusste, Ethans Familie war nicht die Ärmste, aber dass sie sogar in einer der Wohlstandssiedlungen von Seattle wohnten, damit hätte ich nicht gerechnet.

Pünktlich zwanzig Minuten zu spät hielt Taylors BMW am Fahrbahnrand, woraus Ethan ausstieg.

„Wie wäre es mal mit einer Entschuldigung", forderte ich ihn patzig auf.

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt