„Und das Kleid ist atemberaubend, nicht wahr? Stell dir vor: Ich makellos gestylt in diesem Kleid und Miles, dessen Augen bei meinem Anblick herausspringen. Ich sag's dir, dieses erste Date wird jedes seiner vorigen in die Tonne hauen", ergötzte sich Cloe bei der erneuten Demonstration ihres Abschlussballkleides, ein weinrotes, bodenlanges Kleid, dessen Stoff am Decolté mit blumiger Spitze besetzt war und sich nach unten an ihren Körper schmiegte. Wieder einmal war es ihr offensichtlich entgangen, dass ich beim Kauf anwesend gewesen war: Nach vier Stunden des Beratens und Pro-und-Kontra-Liste-Verfassens zwischen besagtem Exemplar und einem mintfarbenen hatte ich sie schlussendlich dazu gedrängt, es endlich zu kaufen. Nebenbei erwähnt hätte sie sich sonst nie entschieden. Ich kannte meine beste Freundin: Selbst das Perfekte war nicht perfekt genug für sie.
Auch wenn ich selber ein Mädchen war, würde ich wohl nie den Hype um das perfekte Aussehen mit sündhaft exquisiten Klamotten verstehen.
Ich stemmte mich aus der bequemen Sitzposition auf meiner Couch und umschlag Cloe von hinten. „Ja, wie ich dir bereits beim Kauf gesagt habe: Das ist es, aber was ist zu erwarten, schließlich habe ich dir bei der Entscheidung essenziell geholfen." Ich grinste sie selbstverliebt an. ... Und vielleicht trug ich ebenso ein wenig Schuld daran, dass es dieses beinahe kitschig vollkommene Paar überhaupt gab.
Kurz schenkte sie mir ein überbreites Strahlen, jedoch schaute sie sich darauf verträumt selbst im Spiegel an. Es war nicht schwer zu erraten, woran sie dachte: Miles.
Einen Augenblick schwappte Neid in mir auf: Cloe war glücklich, strotzend von Rosaroterbrille ausgelöster Glücklichkeit, in Gedanken an ihren Schwarm. Wenn ich daran dachte, war ich nicht glücklich; in dieser Situation blieb mir lediglich übrig, Tränen zu verdrängen und versuchen zu vergessen. Ich wollte dieses negative Gefühl nicht gegenüber meiner besten Freundin empfinden.
Ich legte mein Kinn auf ihre Schulter. Cloe war immer für mich da, es war nicht fair, wütend auf sie zu sein, bloß weil sie zufrieden war und ich nicht. War ich doch eigenverantwortlich dafür.
„Mit wem gehst du nun eigentlich hin?" Sie wendete ihren Kopf in meine Richtung inklusive aufblinkenden Neugier in den Augen.
„Mich hat niemand gefragt, somit werde ich an diesem Abend meine Füße schonen, während ich sie beim Filmesuchten hochlege." ... Obwohl ich wahrscheinlich selbst dann nicht hingegangen wäre. Warum sollte ich auch? Um sich in das klischeehafte Highschool-Leben einzugliedern? Um mich in ein überteuertes Ballkleid rein zu zwängen und mich Stunden aufzustylen, wodurch ich meine letzten Stunden im System der verhassten Highschoolhierarchie noch einmal nicht genoss? Und um zu sehen, wie glücklich die anderen Pärchen waren, während der Typ, auf den ich stand, dort mit einer anderen war – nein noch viel schlimmer, ausgerechnet mit der in ihn verliebten Abigail – mit ihr eng verschlungen tanzte und sie „traditionsgerecht" auf offener Tanzfläche befummelte? Diese Blöße gab ich mir nicht. Abgesehen davon, dass mein Makeup bei Ethan Anblick in jegliche Richtung fließen würde.
„Und was ist aus deinem Plan geworden, jemanden aus dem Scienceclub einzuladen?", schossen Cloes Augenbrauen vor Ungläubigkeit geladen nach oben.
Zu schüchtern? – Nein, Schüchternheit wäre wohl nie einer meiner Probleme.
„Okay, es liegt daran, dass ich kein passendes Kleid gefunden habe. Ohne Kleid, kein Ball." Zugegeben meine Ausreden wurden immer unkreativer. Kein Wunder, dass sich Cloe langsam sichtbar veräppelt zu fühlen schien.
Wütend stampfte sie an meinen Schrank heran, kramte darin herum und holte ein blaues Abendkleid hervor. „Und du hast da nicht zufällig das Kleid deiner Mom vergessen, von dem sie seit zwei Wochen schwärmt, und das zufällig deine Größe hat und das Traumkleid schlechthin ist?" Ertappt, würde ich sagen. Wieso noch einmal verstanden sich Mom und Cloe so blendend, sodass sie ein Unlimited-Gast bei uns war und ständig Zeit bei mir zu Hause verbrachte? Und warum konnte Mom nicht einmal aufhören, mich die ganze Zeit scharf auf dieses überwältigende tiefblaue, bis zur Taille mit Silbersteinchen verzierte Kleidungsstück im Cinderella-Schnitt zu machen?
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Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten Blick
Teen FictionEine geekige Streberin und ein Fußball spielender Player. Normalerweise würden sich diese beiden Spezien nie in freier Wildbahn begegnen. Dumm nur, wenn das blöde Los entscheiden soll ... Das Streit vorprogrammierende Aufeinandertreffen zweier Welte...