30 Schuss ins Schwarze (Ethan)

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Deprimiert, weil ich mal wieder einen schlechten Tag gehabt hatte, zwang ich mich aus meinen Fußballklamotten. Kein einziges Mal hatte ich das Tor getroffen. Selbst die vierte Ersatzwahl spielte derzeit besser als ich.

Bald war die Saison zu Ende; unser letztes Spiel fand in einer Woche statt. Auch wenn uns unser Coach versichert hatte, die Mannschaft weiterhin als Verein zu führen, musste ich unbedingt bis dahin wieder in Topform sein.

„Wann kommen du und Abigail heute Abend?", fragte mich Taylor, der mir in der Umkleide gegenübersaß.

„Ich geh nicht mit ihr hin. Ich gehe gar nicht hin", war das Einzige, was ich dazu sagte.

„Was? Wie kommt's?"

„Ich habe einfach keinen Bedarf, mich in einen Anzug zu quetschen, zu der übertrieben kitschigen Lokation zu fahren und mich dort zusammen mit Abigail so aufzuführen, als wären wir ein Paar. Außerdem kann ich eh nicht tanzen."

Etwa vor zwei Tagen hatte ich die Einladung zum Ball zurückgenommen, natürlich hatte Abigail sofort Ersatz gefunden, Bob Brewster, Captain der Baseballmannschaft, mit dem sie sich die ganze Zeit in der Schule herumbiss und dabei rein zufällig meinen Blick suchte. Dachte sie wirklich, sie könnte mich damit eifersüchtig machen? Allein wenn Harper mit einem Sciencegeek sprach, hatte ich ein weitaus größeres Bedürfnis, die nächste Wand einzuschlagen, als wenn Abigail mit ihrer zweiten Wahl herummachte.

Anfangs hatte ich gehofft, mich mit Abigail von gewissen Erdmännchen abzulenken, dann jedoch eingesehen, dass es nichts brachte, da ich sie nicht mehr sonderlich anziehend fand und währenddessen ausschließlich an Harper dachte. Ich hatte unsere gemeinsamen Treffen abgebrochen und zeitgleich mitgeteilt, dass ich keine Lust auf den Prom hatte.

Dass dies daran lag, dass ich es einfach nicht ertragen könnte, Pärchen zu sehen, womöglich sogar Harper mit einem Typen „ihrer Welt", gestand ich ihr selbsterklärend nicht.

„Hast du Lust, noch etwas zu trainieren?", unterbrach Taylor meine Gedankengänge, „Es sind eh noch drei Stunden Zeit, bis ich mit einer Ansteckblume vor dem Haus meiner Verabredung stehen muss. Wenn man die zwanzig Minuten, die ich zum Fertigmachen brauche, abzieht inklusive denen für die Fahrt zu ihr und zur Lokation, haben wir noch zwei Stunden Zeit."

„Klar, wieso nicht." Ohnehin würde ich die ganze Zeit an Harper denken. Da kam es nicht drauf an, ob ich es nun alleine tat oder die Möglichkeit bestand, sie wenigstens einmal für ein paar Sekunden zu verdrängen. Zudem hatte ich Training dringend nötig.

Taylor und ich zogen uns wieder Sportklamotten an und liefen zurück aufs Spielfeld. In der gleichen Zeit begaben sich unsere Teamkameraden in Richtung Ausgang, um noch genügend Zeit zum Prom-Fertigmachen zu haben.

Weil wir von dem Neunzig-Minutentraining noch warm waren, übersprangen wir die Erwärmungsübungen und gingen sofort zu Schussübungen über.

Da es bei mir in letzter Zeit vor allem an der Zielgenauigkeit haperte, stellten wir eine Plastikflasche ins Tor, die es zu treffen galt.

„Warum bist du so in letzter Zeit? Du bist ständig abwesend, triffst kaum noch das Tor. Du hast heute kein einziges Tor bei Martin getroffen und beim guten Willen: Das ist nicht schwer", nahm Taylor ein Gespräch auf. Ah, daher drückte der Schuh: Er wollte mich ausquetschen.

Ich antwortete nichts. Blamage genug, dass überhaupt auffiel, dass ich mich derzeit nicht in Topform befand.

Sogar bei unserem Ersatztorwart traf ich nicht. Was war mit mir los? – Selbst ich fragte mich das. Seit Harper mit mir Schluss gemacht hatte, verschlechterte sich mein Fußballspiel von Tag zu Tag mehr ...

„Nein, der große Ethan, der sich geschworen hat, nie einem Mädchen zu verfallen, der selbsternannte Herzensbrecher, hat sich nicht ernsthaft verliebt", amüsierte er sich bei meinem abwesenden Blick. Was? Wie? Warum? Weshalb konnte er bloß wie in einem offenen Buch in mir lesen?

„Wer ist es?", verstand er in meinem geschockten Blick die Bestätigung für seine Annahme.

Erneut antwortete ich nichts. Stattdessen schoss ich weiterhin mehr oder weniger erfolgreich aufs Tor. Die Flasche verfehlte ich jedes Mal um Weiten.

„Nein, nicht Nerdi oder?" Genau in diesem Augenblick traf ich mit voller Wucht die Flasche. Sie zerplatzte und deren Inhalt spritzte dadurch wie eine Wasserfontäne in die Luft. Keine weitere Antwort meinerseits.

Stück für Stück schien es in seinem Kopf zu rattern. „Deshalb hat es dich so gestört, dass Jami Interesse an ihr gezeigt hat ... Deshalb hast du beim Spiel gegen die Kelso Highschool so gestrahlt, als wenn du einen Engel gesehen hast – und damit meine ich keinen Victoria's-Secret-Engel –, weil sie da war, wegen dir ... Deshalb gehst du auf keine Flirtversuche oder ähnliches von anderen Girls mehr ein." So viel Kombinier-Grips hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

Man hörte zwar eindeutig heraus, wie er sich darüber amüsierte, jedoch nicht, dass er sich deshalb über mich lustig machte. Er reagierte nicht so, wie ich es mir immer ausgemahlen hatte. An seiner Stelle, wenn ich Harper nie von dieser anderen Seite als die, die sie in der Schule zeigte, kennengelernt hätte, würde ich ihn verurteilen und seine Gefühle darauf schieben, dass er schon etwas zu viele Fußbälle am Kopf abbekommen hat.

„Momentmal: Du findest das nicht erbärmlich, verachtenswert und lachst nicht deshalb über mich?"

„Ich teile zwar nicht deinen Geschmack, nichtsdestotrotz wusste ich immer, dass du früher oder später bei jemandem landest, der deine wilde Natur bändigt."

Mein Herz machte einen Freudensprung. Ich hatte fest damit gerechnet, wenn ich mich in ferner Zukunft doch irgendwann überwand, Taylor von Harper und mir zu erzählen, dass er mich daraufhin verspottete und bei jeder sich zu bietenden Gelegenheit damit aufzog, so wie ich es womöglich getan hätte. Allerdings akzeptierte er es jetzt ohne Wenn und Aber. Dennoch holte mich trotz der Erleichterung die Realität ein. „Naja, das ist jetzt auch egal; ist ohnehin zu spät?"

„Hä, warum?"

„Wir waren heimlich zusammen und dann hat sie vor einer Woche mit mir Schluss gemacht, weil sie die Heimlichtuerei satt hatte und meinte, wir passen nicht zusammen", brachte ich aus zusammengebissenem Kiefer hervor. Wie blöd war ich gewesen, dass ich sie hatte gehen lassen? Hatte ich so wenig Vertrauen in Taylor, meinem besten Freund seit der Vorschule, gehabt, dass ich ihn nicht eingeweiht und abgewartet hatte, wie er darauf reagierte, bevor ich alles ruiniert hatte und mich deshalb in dieser armseligen Situation befand?

„Wo ist mein bester Kumpel? Du kannst es nicht sein. Mein bester Freund, Ethan Cooper, würde nie aufgeben, um zu bekommen, was er will!", schauspielerte Taylor höchst dramatisch.

Er hat recht: Der wahre Ethan Cooper würde nicht Trübsal blasen, ohne dass er alles ihm Mögliche unternommen hätte. „Ich glaube, ich muss los."

„Endlich! Ich habe schon gedacht, du kommst gar nicht mehr drauf", grinste er mich vielsagend an.

Nachdem ich ihn dankend anlächelte, rannte ich in die Umkleidekabine und riss mir die Sportklamotten vom Körper.

Mir blieben nun noch gute zwei Stunden, um eine Ansteckblume zu besorgen, den am wenigsten zerknitterten Anzug aus meinem Schrank zu fischen und um den Pennerlook loszuwerden. Und was ich zu ihr sagen sollte, musste ich mir bei Gelegenheit vielleicht auch noch überlegen.




Mist, ich habe irgendwie die Frage vergessen; sollte wohl kein Kapitel um diese Zeit veröffentlichen

Frage: Welches Tier währt ihr? (ich komme auf die Frage, weil das ein paar meiner Freunde zurzeit machen, sprich sie ordnen sich Tiere zu, laut denen bin ich übrigens ein Eichhörnchen, obwohl ich lieber eine Katze wäre^^)

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt