Mein Spint war leer, in Ethans befanden sich noch lediglich unsere beiden Absolventenkappen. Es war ungewohnt, in die treuen Partner der letzten vier Jahre zu gucken und sie anstelle randvoll mit Büchern, Blöcken und anderen Schulutensilien gefüllt sowie beklebt mit Fotos leer zu sehen.
In unserer Schule bestand die Tradition, dass die Schule den Seniors am Tag ihrer Zeugnisverleihung zwei Stunden lang „gehörte". Sie konnten sich noch einmal ungestört von der Highschool verabschieden, letzte Dinge mit den Lehrern klären wie zurückgegebene Projektarbeiten oder, was Ethan und ich taten, letzte Dinge aus dem Spint einpacken.
„Kannst du dir vorstellen, dass es jetzt einfach zu Ende ist? Dass wir nie wieder durch diese Gänge hechten werden?", durchstreifte Ethans fassungsloser Blick die Schulflure.
Meine Augen taten es seinen gleich. Ich ließ mir jeden einzelnen Bereich des Gebäudes ins Bewusstsein rufen. Sofort schwappten damit verbundene Erinnerungen in mir auf: Das Labor, in dem ich gefühlt die Hälfte meiner Schulzeit verbracht hatte, die Holzbank am Wasserspender, von der aus ich unweigerlich dabei hatte zu sehen müssen, wie Jungs ihre neuen Eroberungen inmitten des Flurs abschleckten, die Spinde aller Schüler, die individuell auf die Persönlichkeiten des einzelnen abgestimmt waren und aus denen man Charaktereigenschaften des jeweiligen Schülers analysieren konnte, ... – Es war schwer zu glauben, dass diese Zeit nun ruckartig vorbei war; es würde eine Umstellung sein, nicht jeden Tag an den Rhythmus der Highschool anzupassen.
„Nein, das verging alles viel zu schnell", antwortete ich ihm nach meinem kurzweiligen Ausflug in Erinnerungen, „Aber für dich muss es besonders schwierig sein, denn du verlierst deine heißgeliebten Privilegien, schließlich zählst du jetzt zu dem einfachen Volk und nicht länger zum Highschooladel." Schelmisch grinste ich ihn an. Wie er es doch hasste, wenn ich mich über seine Vormachtstellung im schulischen Sozialleben lustig machte, und wie sehr ich es doch liebte, ihn dennoch oder gerade deshalb damit aufzuziehen.
„Und was ist, wenn ich mir ein größeres Herrschaftsgebiet suche, wie zum Beispiel die Uni?", lenkte er in meinen Scherz mit ein. Von diesen Wortgefechten würde ich wohl niemals genug bekommen.
Schmunzelnd legte ich meine Lippen auf seine, daraufhin kitzelte sein nicht weichendes Grinsen an meinem Mund.
Stürmisch drückte mich Ethan gegen seinen Spint und fuhr mit seinen Händen unter mein Shirt. Wenn er das tat, hielt mich dann ja nichts mehr davon ab, es ihm gleich zu tun. So fuhr ich mit meiner Hand seinen Bauch hoch und runter, während sich meine Lippen immer noch an seine hefteten.
Oh ja, wir befanden uns im Zentrum der Schulgänge, wo jeden Augenblick jemand vorbeigeschlendert kommen könnte und ja, das war mir so etwas von egal, wenn ich daran dachte, dass ich dafür die wohltuende Explosion in meinem Bauch unterbrechen müsste.
Wie in unserer eigenen Welt in einem abgetrennten Raum gefangen, nahm ich ausschließlich Ethan und seine Handlungen wahr.
Doch dann ließ ein Klappern auf dem Flur die Blase platzen. „Harper, genau dich haben wir gesucht", ließ mich Miles Stimme etwas entfernt von uns endgültig zurückschrecken, „Mr. Hoge würde gerne in seinem Büro mit dir sprechen, warum hat er nicht gesagt, bloß dass es dringend ... Ups, ich wusste nicht, dass ihr ..." Ihm war es sichtbar peinlich, als er mit Cloe im Arm bei uns angelangt erkannte, wobei er uns so eben gestört hatte. Was ihn wohl diesen Schluss ziehen ließ? Womöglich der Fakt, dass Ethan seine Hände immer noch unter meinem Shirt hatte und ich meine unter seinem. Dass wir unsere Hände von dort entfernten, verbesserte die Situation nicht wirklich.
Cloe schob den unangenehm lächelnden Miles von uns weg. „Wir gehen schon mal raus, wir sehen uns dann gleich und wehe du setzt dich nicht auf den Stuhl, den ich für dich freihalte", befahl sie mir mit gespielt ernstem Augenbrauenheben.
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Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten Blick
Novela JuvenilEine geekige Streberin und ein Fußball spielender Player. Normalerweise würden sich diese beiden Spezien nie in freier Wildbahn begegnen. Dumm nur, wenn das blöde Los entscheiden soll ... Das Streit vorprogrammierende Aufeinandertreffen zweier Welte...