„Muss ich das wirklich tun", flehte Ethan mich vorm Buchclubraum förmlich an. Da erhoffte er sich von der falschen Person Mitleid. Seit ich den letzten Bissen meines Bürgers verschlungen hatte, sehnte ich mich nach diesem Moment ...
„Ja!", antwortete ich erbarmungslos. „Oder soll ich dich an die Wette erinnern und den Teil, dass du verloren hast?" Sadismus ist dir nicht zufällig ein Begriff? Ich versuchte lediglich seine Ehre zu retten, schließlich waren Wettschulden bekanntlich Ehrenschulden.
Wie ein kleiner Erstklässler am ersten Schultag stand er hilflos und ohne eine Ausrede zu finden vor der Tür. Es war echt eine Abwechslung, Ethan nicht in seiner typischen Macho-Egoshooter-und-Schulkönig-Haltung zu erleben, sondern stattdessen in dieser verunsicherten, ohne jegliches Selbstbewusstsein.
„Hi Harper", begrüßte mich Emilia, ein zierliches, schwarzhaariges Mädchen aus dem Buchclub, mit einem Lächeln. Grinsend nickte ich ihr zu. Als sie jedoch Ethan erblickte, fiel ihr unverkennbar die Kinnlade herunter. Dennoch verkniff sie sich die naive Frage, ob das wirklich Ethan Cooper war, der da eben vorm Buchclubraum stand. Wenn sie allein bei diesem Anblick schon eine derartig übertriebene Reaktion zeigte, befürchtete ich, während der Buchclubsitzung einen Krankenwagen ordern zu müssen, wenn ich ihn als heutigen Teilnehmer der Versammlung präsentierte. Allerdings war damit zu rechnen, dass sie nicht die Einzige war, die vom Stuhl kippen würde.
„Du willst doch nicht, dass die ganzen Strebermädchen da drin einen Asthmaanfall bekommen, weil sie mich, den Fußballcaptain, in ihrer Nähe haben", sah er in Emilias Reaktion einen letzten Ausweg und versuchte erneut, sich zu drücken. Sehr flache, Selbstverliebtheit strotzende Ausrede.
Erneut ohne jegliche Erbarmungslosigkeit deutete ich mit meinem Zeigefinger inklusive eines Pokerfaces auf die Tür. Augenverdrehend steuerte er in Richtung Tür, was mir ein zufriedenes Grinsen auf die Lippen zauberte.
Ich drängelte mich vor ihn und steuerte darauf auf unsere Buchclubpräsidentin zu. Dass alle Buchclubmitglieder bei Ethans Anblick ähnliche Reaktionen wie Emilia zeigten, brauchte ich wohl nicht erst betonen.
„Hi Cortney, ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass ich heute einen Gast mitgebracht habe. Er wollte unbedingt an einem Treffen teilhaben", bei dieser Lüge, musste ich mir auf die Lippe beißen, um nicht in einen Lachanfall zu geraten. Ethan und gerne sowie freiwillig den Buchclub aufsuchen, ich hätte mir ja selbst nicht geglaubt. Gespielt ernst deutete ich hinter mich auf Ethan.
„Ehm, ja, eh, klar gerne. Wir sind immer wieder offen für eh neue Interessenten." Die sommersprossige Brünette glotzte ihn geschockt und gleichzeitig anhimmelnd an. Jap, selbst im Buchclub waren einige Ethanzombies präsent. Inzwischen war ich mir gar nicht mehr sicher, wer nicht infiziert war. Lediglich bei Cloe und mir konnte ich das hundert prozentig behaupten. Apropos, wo war Cloe eigentlich? Normalerweise war sie immer vor mir da und hielt mir einen Platz neben sich frei, sodass wir während des Treffens eigene Gespräche führen konnten.
Da wir ziemlich spät dran waren, gab es keine zwei freien Plätze mehr nebeneinander, wodurch ich Ethan allein zwischen einer Horde von ihn mehr oder weniger anhimmelnden Mädchen zurückließ. Der arme kleine Hahn im Buchclub.
„Pünktlich auf die Minute eröffne ich somit offiziell das Buchclubtreffen. Wie hoffentlich jeder bei der letzten Veranstaltung vernommen hat, werden wir heute das Buch Eine wie Alaska von John Green behandeln. Will vielleicht jemand mit seiner Rezension über das Buch beginnen?", wurde Cortney ihrem Amt als Buchclubpräsidentin treu, indem sie wie jedes Mal die Diskussion leitete.
Mein Blick glitt durch den stillen Raum und blieb an einem gewissen Herzensbrecher kleben, der sich in dieser ihm unbekannten Umgebung herzlich unwohl fühlte. „Ich bin dafür, dass wir unserem Gast den Vortritt lassen", schlug ich vor. Natürlich lediglich mit der Intention, Ethan damit zu sticheln und seine Stimmung noch mehr zu verschlechtern. Welch eine Genugtuung wäre es für die von Ethan bloßgestellten Mädchen, wenn er sich zur Abwechslung mal selbst zum Gespött machte?
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Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten Blick
Teen FictionEine geekige Streberin und ein Fußball spielender Player. Normalerweise würden sich diese beiden Spezien nie in freier Wildbahn begegnen. Dumm nur, wenn das blöde Los entscheiden soll ... Das Streit vorprogrammierende Aufeinandertreffen zweier Welte...