Kapitel 22:
„Welche dritte Partei?" fragte Janiyana gerade heraus. Teilweise weil sie auf den Punkt kommen, teilweise wie sie sich nicht weiter schuldig fühlen wollte. Loki hatte eine Wahl gehabt und er hatte sich dazu entschieden seine Gefährtin zurückzulassen und der Familie zu folgen.
„Ich weiß es nicht, es ist nur eine Vermutung. Ich versuche diesen Planeten vor Kronos abzuschirmen. Mal gelingt mir das besser, Mal schlechter. Einige Jahrhunderte vor deinem Verschwinden gab es einen Einbruch."
Janiyana hatte nicht einmal gewusst, dass ihr ältester Bruder dermaßen mächtig war. Seine psychische Begabung nahm immer neue Formen an und das viel zu schnell für ihren Geschmack.
„Davon hast du nie etwas erzählt." Sagte Valentin besorgt und mit einem traurigen Stirnrunzeln. Seine Gabe war nicht nur die Zeitmanipulation, die noch in den Kinderschuhen steckte, sondern auch ein unfassbar großes Herz. Das ihn aus der Sicht von Fremden zum sympathischsten der Geschwister machte. Janiyana konnte nicht anders. Anders als ihre anderen Geschwister, hatte er sie nicht aufgegeben – niemals. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, die er sofort mit seiner bedeckte. Seine Augen wirkten verloren, manchmal sogar verwirrt und weltfremd, als verstünde er nicht was gerade vor sich ging, das passierte in der Regel nur wenn er einmal eine Vision gehabt hatte. Jene prophetischen Träumen, die ihn alle paar Jahrhunderte heimsuchten und dafür sorgten, dass seine Kräfte sich wohl niemals stabilisieren würden, weil in diesen Visionen sich selbst immer wieder verlor.
„Eine äußerliche Macht hat meine Schilde zerschlagen und sich noch im selben Moment in Luft ausgelöst. Ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass es jemand aus unserem Volk gewesen sein könnte. Wer weiß schon welche Götter auf dieser Weltenebene existieren. Es hätte alles und gar nichts bedeuten können."
„Wenn es Kronos gewesen wäre, hätten wir es gemerkt. Auf die harte Tour", fuhr Janiyana seinen Gedankengang zu Ende. Marius nickte bestätigend.
„Kronos Geist fühl sich anders an. Zuletzt spürte ich einen Funken davon am Tag deines Verschwindest, aber es kann auch eine Reflexion aus eurer Gefährschaft gewesen sein. Er hat gespürt, dass etwas mit dir nicht stimmte und hat sein Zorn auf denselben Weg an dich zurückgesandt, wo es zu mit durchdrang. Allerdings gingen wir kein Risiko ein. Ich habe beschlossen, dass wir uns zurückziehen. Wenn er dich gehabt hätte, wäre der nächste logische Schritt unsere Vernichtung gewesen."
Deswegen war ihr keiner ihrer Brüder zur Hilfe geeilt. Egal wer sie verschleppt hatte, er hatte sich Marius Pragmatismus zunutze gemacht, um mit ihr zu verschwinden.
„Aber Kronos war es nicht, dass muss dir irgendwann klar geworden sein." Marius wirkte kurz beschämt, doch so schnell wie dieses Gefühl über sein Gesicht huschte, war es auch schon wieder verschwunden. Er schüttelte den Kopf und schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln.
„Nein. Ich dachte du hast ihn dazu gebracht uns ihn Ruhe zu lassen im Austausch gegen deinen freien Willen." Ihren freien Willen. Um ihn zu behalten war sie erst vor ihm geflohen. Valentin hatte in der Nacht kurz vor ihrem erwachsen werden, gesehen dass Kronos ihr den nehmen würde und zu einer Existenz als Marionette verdammen würde. Ewiges währendes Leid. Damit begann ihre Flucht und Kronos beschloss ihnen hinterher zu jagen und alles auf seinen Weg zu zerstören.
Marius hatte sie immer und immer wieder gerettet. Bis hin dazu, dass er von Valentin forderte einen Riss im Raum zu verursachen durch den sie entkommen konnte. Er sollte auf eine Ebene führen, die ihrem Volk bekannt gewesen war. Stattdessen landeten sie hier. In einem Universum, das beängstigend leer war und so jung, dass es noch keine Rasse geschaffen hatte Unsterblichkeit zu erlangen.
„Und nun? Da du mit Sicherheit weißt, dass Kronos mich nicht bekommen hatte? Jetzt glaubst du, dass an diesem Tag doch etwas hier herkam. Und das dieses etwas mich eingesperrt hat." Das war logisch und mit so vielen Fragen gespickt, dass sich Janiyana fast wünschte, es wäre einer ihrer Brüder gewesen. So viele Unbekannte in einer Gleichung machte ihr Angst. Marius aber nickte so fest entschlossen wie an dem Tag ihrer Flucht.
„Es ist jemand unserer Art, jemand, der nicht mächtiger ist als wir, denn sonst hätte dieser jemand nicht damit gewartet, dass du dich zur Ruhe begibst, um dich zu schnappen. Seine Motive kenne ich nicht, aber wenn er warten musste, um eine Chance zu haben, haben wir die Möglichkeit diesen Jemanden in einem offenen Konflikt zu töten."
Auch das klang logisch und auch Janiyana lebte genauso wie Marius nach dem Motto: Erst töten und dann Fragen stellen. Doch das dieser jemand ausgerechnet sie als einsperrte. Welchen Zweck sollte das gehabt haben? Er hatte sie nicht getötet und ihre Brüder nicht danach einzeln angegriffen. Logische Schlüsse, die zu viele Fragen offen gießen.
„Es ist doch kein Zufall, dass dieser mysteriöse Dritte ausgerechnet Janiyana aus denn Weg räumte. Bei ihrer Bedeutung ", nahm Valentin den Faden wieder auf. Er hatte recht. Es schien zu viel des Zufalles.
„Wenn er, warum auch immer, uns aus den Weg räumen will ohne in der Lage oder Willens zu sein, uns auch zu vernichten, wäre ich sein erstes Opfer gewesen. Ich bin der Schwächste von uns."
„Jetzt nicht mehr." Fuhr Marius dazwischen und sprach genau das aus, was sie selbst gerade gedacht hatte. Von allen Geschwistern war Janiyana in Bezug auf die Macht nun auf den letzten Platz gerutscht. Und das obwohl sie nach Marius am besten mit ihren Kräften umgehen konnte. Dennoch fiel ihr kein Motiv ein, der dieses Verhalten rechtfertigen könnte. Es würde wohl niemals wirklich Sinn ergeben.
„Es spielt auch keine Rolle, warum dieser Jemand es getan hat. Du bist entkommen und ich bezweifle das sein Motiv verschwunden ist." Nein. Er würde mit Sicherheit einen neuen Versuch unternehmen, sie in die Finger zu bekommen. Wer auch immer – warum auch immer. Die einzige Möglichkeit dieses Risiko aus den Weg zu räumen, was diesen Jemand zu fassen, auszuquetschen und dann zu vernichten.
„Du willst mich als Köder benutzen und ihm oder ihr eine Falle stellen." Das war bedauerlicherweise der beste Plan, der ihr selbst einfiel. So weit schien ihr Bruder aber noch nicht denken zu wollen.
„Eine Falle zu stellen, macht keinen Sinn, solange wir nicht wissen, wie er oder sie sich beim ersten Mal bekommen hat. Das Leck könnte heute noch existieren." Janiyana spürte selbst wie ihr die Gesichtszüge entglitten als sie diesen letzten von Marius Schlussfolgerungen bis zum Ende verfolgte.
„Aber Janiyana, hat geschlafen, sie weiß nicht wie sie entführt worden war", brabbelte Valentin, etwas langsame mit seinen Gedankengängen. Da stürmte Janiyana auch schon aus dem Raum. Dieses verdammte Arschloch.Sie war dumm, sie war ja so dumm gewesen.
Natürlich konnte sie ihm bei der Suche nach diesem Leck nicht helfen, weil sei geschlafen hatte. So tief und so wehrlos, wie nur ihre Spezies es konnte. Aber jemand anderes konnte Marius diese Antworten geben. Erik.
Sie stürmte die Treppe herunter auf der Suche nach den Dienern, die ihn weggetragen haben und suchte mit der mentalen Verbindung zwischen ihnen nach seinem Geist. Und fand gar nichts.
Erik würde niemals mit Absicht etwas verheimlichen, was er über dieses Leck wusste. Wenn er etwas davon mitbekommen hatte wie Yassir und Poul gegen sie aufgehetzt worden waren, dann unterbewusst. Und dieses Unterbewusstsein würde ihr Bruder Schicht für Schicht mental auseinander nehmen, solange bis sein Verstand vollkommen zerstört und nur noch eine sabbernde Hülle von ihm übrig blieb.
Und ganz nebenbei würde er eine Gefahr für sie alle aus dem Weg räumen. Das musste sie verhindern, sie musste ihn finden.
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Verlorene Zeit - Dark Immortals Bd.1
VampirVor Jahrhunderten wurde sie verraten, vor Jahrhunderten wurde sie eingesperrt. Er blieb ihr als einziger treu und hatte nie aufgehört, seiner grausamen und blutrünstigen Herrin mit Leib und Seele zu dienen. Denn trotz ihrer Taten besitzt Janiyana ei...