Kapitel 19:
Janiyanas Verwirrung hielt nur einige Sekunden, da hatte sie auch schon die Situation analysiert und hob herausfordernd das Kinn.
„Seit ihr meine Versöhnungsgeschenke?", fragte sie zuckersüß und musterte die beiden Soldaten aus der Leibgarde ihrer Brüder, als hätte sie ein Stück Fleisch vor sich. Wirklich gefährlich würden sie ihr nicht werden können und das obwohl diese Männer zu den mächtigsten Vampiren der Welt zählten.
Erik selbst hatte bereits Angebote für einen Posten in der Garde von all ihren Brüdern erhalten und kannte die meisten ihrer Mitglieder persönlich. Vor ihm standen Salvator und Mike, zwei Brüder die es irgendwie geschafft hatten am gleichen Tag verwandelt zu werden und seit dem ihre Ewigkeit gemeinsam verbrachten. Erik mochte sie eigentlich. Sie waren ehrenhaft und besonnen und damit genau das, was Valentin, Marius und Loki von den Männern verlangten, die sie in ihren Dienst stellten. Erik war keines von beiden. In der Regel kämpfte er mit dreckigen Tricks und war leicht dazu zu bewegen, jemandem mit seinem Hammer das Gehirn zu Brei zu schlagen, auch das dieser beiden Männer.
„Wir gehören zur Leibgarde eurer Brüder. Wir sollen euch zum Palazzo begleiten, zu eurer Sicherheit."
Janiyanas schallendes Lachen erhellte die ganze Straße, bevor sie sich den beiden Männern so schnell näherte, dass keiner von ihnen es wirklich wahrnehmen konnte. Salvatore, der älteste der Brüder griff instinktiv nach dem Dolch an seiner Hüfte, wagte es aber nicht ihn zu ziehen, als wüsste er, dass dies sein Untergang bedeuten könnte. Erik wartete nur darauf, dass der Portugiese mit seiner sonnengegerbten Haut und den bereits grau werdenden Schläfen etwas tat, was er als Aggression deuten konnte. Mike stattdessen, behielt seinerseits Erik im Auge und bewies damit einmal mehr, dass er nicht der klügere von ihnen war. Die wahre Gefahr war immer noch Janiyana selbst, auch wenn sie mit ihrer zierlichen Statur zwischen den drei großen Männern fast schon verloren aussah.
„Leibgarde? Wovor könnt ihr meine Brüder schon beschützen, gegen das sie nicht selber ankommen können?", fragte Janiyana belustigt und umkreiste Salvatore wie ein Raubtier. Der blieb gelassen, ließ seine Hand jedoch auf dem Dolch, während er sie offensichtlich irritiert betrachtete. Die Brüder kannten sie nicht, spürten aber instinktiv wer sie war.
„Wie bewachen ihren Schlaf und dienen ihnen als verlängerter Arm. Es ist eine Ehre ihnen dienen zu dürfen. Doch nicht jeder ist dieser Ehre würdig." Salvatores schwarze Augen schwankten kurz zu Erik, der ihn mit gebleckten Fängen provozierend angrinste. Ja, Erik mochte Salvatore – obwohl dieser ihn so gar nicht leiden konnte. Kein Garde Mitlied tat das. Eriks ständige Ablehnung dieser sogenannten "Ehre" war für sie ein Frevel.
Janiyana, mit ihrem scharfen Verstand sah ebenfalls kurz zu Erik und schien zu verstehen, worauf der ältere der Portugiesen-Brüder anspielte.
„Ihren Schlaf?", fragte sie ohne auf die Andeutung einzugehen.
„Euer Verschwinden hat sie sehr beunruhigt, sie begeben sich nur selten zur Ruhe." Janiyana suchte eine Lüge in Salvatores Worten und war höchst unzufrieden, als sie nichts dergleichen finden konnte. Dann bleckte sie ebenfalls die Fänge, knurrte, packte ihn mit nur einer Hand an der Kehle und warf ihn rücklings auf den Steinboden. Mike griff nach seinem Schwert, bekam aber keine Gelegenheit es vollständig zu ziehen, da raste auch schon ein mit Runen verzierter Hammer auf sein Gesicht zu und stoppte nur wenige Millimeter vor seiner Nasenspitze.
„Sei nicht dumm, Junge. Sie spielt nur mit ihm, sonst wäre er bereits tot." Mike hasste es als Junge bezeichnet zu werden, obwohl es durchaus zutraf. Er war nicht einmal zwanzig gewesen, als er verwandelt worden war und sah momentan wie einer dieser Jungen aus, die auf den Postern von irgendwelchen Teenager-Zeitschriften prangten. Sein Gesicht war sanft geschnitten und so schön, wie das eines Mädchens, was ihn regelmäßig zum Gespött aller machte. Allerdings nur solange, bis er den Typen, der über ihn lachte, einen Kopf kürzer machte. Mike war wie sein Bruder einer der Besten und scheiß' gefährlich. Allerdings nicht für Erik, der einige Jahrhunderte mehr auf dem Buckel hatte als die Brüder.
„Dann ist eure Aufgabe nur eine Scharade und euer Erscheinen hier eine Beleidigung. Sie selbst sind für mein Verschwinden verantwortlich und auch wenn sie dafür wahrscheinlich gute Gründe haben, dulde ich es nicht, dass sie mir durch euch ins Gesicht lügen und mich verspotten. Du packst jetzt deinen Schönling-Partner ein und verziehst dich. Und dem Nächsten der es wagt, sich mir in den Weg zu stellen, werde ich die Gedärme herausreißen und mir um den Hals hängen", fauchte Janiyana und schleuderte Salvatore das Kopfsteinpflaster entlang. Mike half seinem Bruder auf und beide verschwanden in die Nacht. Erik ließ seinen Hammer wieder sinken und nahm seine Position direkt hinter ihr ein. Die Wut, die sich in ihrer Aura manifestierte, ließ die Spitze ihrer Haare wie in einem leichten Luftzug tanzen. Er konnte nicht widerstehen, ließ seine Hand durch ihre seidigen Haare gleiten und trat dicht an sie heran.
„Was ist, wenn sie es nicht waren?" Ihr Verschwinden hatte ihren Brüdern Angst gemacht und das so offensichtlich, dass Erik zu Beginn ja selbst nicht geglaubt hatte, dass sie dafür verantwortlich gewesen waren. „ Sie haben sich nach dieser Nacht fast vollständig zurückgezogen. Die Welt sich selbst überlassen und Valentin hat mir alle Mittel zur Verfügung gestellt, um dich zu finden. Warum sollten sie das tun, wenn sie dich entführt und in dieses Loch gesteckt haben?"
Konnte es sein, dass er sich geirrt hatte? Dass er einfach das Offensichtliche anhand der Hinweise angenommen hatte? Doch gab es überhaupt noch einen anderen, der dazu in der Lage gewesen wäre?
„Ich habe dir doch schon erklärt, dass sie dazu gezwungen waren, zu tun was sie getan haben. Sie hatten allen Grund sich zu fürchten und sich zurückzuziehen. Doch diese Garde ist lächerlich, nichts kann sie vor seinem Zorn bewahren, wenn er uns finden sollte."
„Wer ist "er"?", fragte er stirnrunzelnd, doch Janiyana blieb ihm einmal mehr eine Antwort schuldig.
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Verlorene Zeit - Dark Immortals Bd.1
VampirVor Jahrhunderten wurde sie verraten, vor Jahrhunderten wurde sie eingesperrt. Er blieb ihr als einziger treu und hatte nie aufgehört, seiner grausamen und blutrünstigen Herrin mit Leib und Seele zu dienen. Denn trotz ihrer Taten besitzt Janiyana ei...