9 | „Angeline will ich."

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Nach ungefähr zwei Stunden fuhren wir nach Hause und als wir die Tür öffneten, stürzte sich ein kleines Mädchen auf Luke.
,,Luukee!", schrie sie freudig und Luke hob sie in die Luft.
,,Komm her, Kleine."

Ich musterte die beiden. Wie Luke sie in die Luft nahm. Wie sie ihn umarmte, als wäre er alles für sie. Die Art wie die beiden sich anguckten. Die Freude in ihren Augen.
Es war einfach unbeschreiblich.

Mein Blick wanderte zu Jane, die mich grinsend an sah.
,,Wo wart ihr beiden?", fragte sie und Luke antwortete schnell, dass wir nur Luft schnappten. Sie nickte und bat uns rein. Wir saßen uns alle auf die Couch, während die Kleine mich andauernd anstarrte.

,,Wer ist das?", fragte sie mit ihrer zuckersüßen Stimme, bei der ich lächeln musste.

Ich stand auf und näherte mich zu ihr.
,,Ich bin Angeline. Du kannst mich auch Ann nennen.", stellte ich mich vor, während sie sich näher an Luke drückte.
Nebenbei merkte ich die Blicke von Jane und Luke auf mir.

Nach einigen Sekunden sprach die Kleine: "Ann..."

Mir stockte der Atem und ein Funkeln bildete sich wahrscheinlich in meinen Augen. Sie war so süß.

,,Und wie kann ich dich nennen?", fragte ich vorsichtig lächelnd.

,,Lyve!", schrie sie freudig und wir lachten.

,,Das ist aber ein toller Name!"

,,Habt ihr Hunger?", fragte Jane und Luke antwortete, dass er sehr hungrig sei. Ich war auch hungrig, doch wollte es nicht zeigen.

Jane bat uns an den Tisch, wo Luke und ich zusammen aßen.

***

Wir saßen zusammen vor dem Fernseher und schauten Lyve's Kinderserien. Eigentlich schaute nur ich mit, Luke und Jane waren am Handy.

,,Hast du auch Caillou geschaut, als du klein warst?", fragte mich Lyve wieder mit ihrer zuckersüßen Stimme, wobei Luke sofort den Blick auf mir heftete.

Mir wurde die Situation echt unangenehm, doch Lyve konnte es ja nicht wissen. Niemand konnte es wissen. Vielleicht nur Luke, da ich mich ihm geöffnet hatte.

,,Ehm...", fing ich mit einer zitternden Stimme an, doch setzte mir dann ein gezwungenes Lächeln auf,
,,Ja, sehr oft sogar", log ich.
Luke fiel auf, dass die Situation mir unangenehm wurde, somit wechselte er das Thema und lag sein Handy weg.

,,Lyve, Schlafenszeit.", gab er bekannt und Lyve seufzte.
,,Nur noch fünf Minuten, bitte.", murmelte sie.
,,Dein Bruder hat recht. Es ist wirklich echt spät.", sagte Jane und trug sie auf.

Gerade als die beiden ins Zimmer wollten, sagte Lyve etwas, welches jeden überraschte.

,,Angeline will ich."

Ich sah geschockt zu ihr, während Jane versuchte die Situation zu lockern. ,,Angeline hat besseres zu tun."

,,Mama bitte. Ann soll mit mir kommen!"

Ich konnte es einfach nicht aushalten, wie süß sie war. Es war einfach ein ganz anderes Gefühl.

Jane schnaubte und ich antwortete sofort: ,,Natürlich, schlafe ich mit dir."

Ein breites Lächeln huschte über Lyve's Lippen, während ich mich zu ihr näherte.

,,Das ist wirklich nicht nötig. Das musst du nicht machen.", sagte Jane, doch ich schüttelte meinen Kopf, als die Kleine sich an mir klammerte.

,,Es macht mir wirklich nichts aus.", entgegnete ich und sie lächelte.
,,Danke."

Ich nahm Lyve in den Armen und trug sie auf ihr Zimmer.

Sie sprang sofort in ihr Bett und ich setzte mich neben ihr.

,,Erzählst du mir eine Gute Nacht Geschichte?", fragte sie müde.

Gute Nacht Geschichte? Ich kannte keine! Was sollte ich erzählen? Einfach irgendeins, Okay? Erfinde eins!

,,Ehm...", fing ich an und sie sah mich wartend an.

,,Es war einmal ein Mädchen. Ihre Eltern mochten sie nicht wirklich und sie war immer alleine. Eines Tages, als sie wirklich sehr traurig war, ging sie raus. Und zu ihrem Unglück wäre ihr fast etwas ganz Schlimmes passiert."

Ich stoppte. Was zur Hölle erzählte ich da überhaupt? Meine Geschichte? Wieso verderbe ich ihr den Spaß an Märchen?

,,Und dann...?", fragte sie im Halbschlaf.

Ich lächelte. Einfach irgendetwas erzählen. Es muss ja nicht wahr sein.

,,Dann traf sie einen Prinzen auf einem schwarzen Pferd. Dieser Prinz war ihr erster wirklicher Freund, der sie nicht kritisierte. Jemand, der ihr half und sie nicht beleidigte. Jemand, der ihr etwas neues schenkte im Thema Vertrauen. Obwohl sie den Prinzen erst neu kannte, wusste sie, dass er ihr helfen würde. Zumindest dachte sie es. Das Mädchen, das davor niemanden vertraute und sich nie traute mit jemandem zu sprechen, nahm die Hand des Prinzen an und er zog sie in eine andere Welt, wo alles doch einen Sinn ergab. Doch das Mädchen konnte die schlechten Dinge in ihrem vorherigen Leben nicht vergessen und dies war auch sehr schwer für sie. Aus diesem Grund konnte sie auch die schlechten Sachen, die sie heimlich tat, nicht aufgeben und auch niemandem erzählen."

Ich hörte ein kleines leichtes Schnarchen und betrachtete die Kleine. Sie schlief so friedlich und ich stand langsam auf. Bevor ich raus ging blickte ich sie nochmal an.

,,Du kannst dich echt glücklich schätzen, Kleines..."

Dann verließ ich ihr Zimmer.

Angel Ine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt