59 | „Alles in Ordnung?"

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Geschockt blieb ich stehen, denn nun machte es Klick bei mir.

Das musste die Alexia von Luke sein. Sie ähnelte mir sehr, sie war gleich groß und hatte lange Haare, dass sagte Mal Luke zu mir. Er teilte mir mit, dass wir Ähnlichkeiten hatten und gerade bekam ich auch die Bestätigung, dass wir so viele Ähnlichkeiten hatten. Aber das konnte nicht sein.
War sie nicht tot?

,,Ist was? Du siehst bedrückt aus.", holte mich Mom aus der Starre raus.

Mir war aufgefallen, dass sie immer noch irgendwie in Panik steckte und mein Besuch vollkommen unerwartet war, doch was war los?
Wer waren die beiden Kinder?

Ich schenkte ihr einen leicht verwirrten Blick und näherte mich dann zu ihr, während sie mich nicht aus den Augen ließ.

,,Wer sind die beiden?", fragte ich und sie fing an irgendetwas zu murmeln. Langsam wurde ich sauer und beschloss ihr wirklich klar zu machen, dass ich es jetzt wissen möchte. Doch meine Mutter guckte mich nur erschrocken an, als hätte sie einen Geist gesehen.

,,Verdammt! Was verheimlicht du vor mir?!", schrie ich ungewollt und sie zuckte leicht auf. 

Plötzlich stoppte ich und versuchte mich zu beruhigen, doch das klappte wohl nicht so gut. Sie schien auszusehen, als hätte sie Angst vor mir. Was war los mit ihr?

,,Wer. Sind. Die. Gewesen?", knirschte ich mit meinen Zähnen. In dem Moment fiel mir auf, dass sie ihre Hand unauffällig versuchte auf den Notfallknopf zu legen. Schnell bewegte ich mich zu ihr und schlug ihre Hand weg.

,,Es ist eine ganz normale Frage.", fing ich leise an und sah ihr tief in die Augen,
,,Wer sind die gewesen?"

,,Deine Geschwister!", schrie sie und diesmal zuckte ich leicht zusammen, als ich ihren wütenden Blick auf mir spürte,
,,Hast du es jetzt?! Es sind deine Geschwister!"

Schnell zog ich die Hände von ihrem Bett und sah ihr erschrocken ins Gesicht.

Das kann nicht sein...
Nein.
Sie verarscht mich.
Genau, das tut sie.

Sie sah mich immer noch so wütend an, wie sie es damals tat. Erinnerungen sprangen mir in den Kopf und mir wurde schlecht. Erinnerungen, wo sie mich fertig machte, denn genau das tat sie gerade auch.

,,Es sind meine Kinder, verstanden? Meine!", schrie sie weiter,
,,Meine wahren Kinder!"

Es tat mir weh. Es tat mir erneut so weh, so dass ich in meinen Gedanken diese Frau verfluchte mich überhaupt auf die Welt gebracht zu haben. Plötzlich stieg die Wut in mir und platzte aus mir heraus.

,,Wieso hast du mich dann auf die Welt gebracht?! Du Scheiss...", stoppte ich mich schreiend selbst, als ich kurz davor war sie zu beleidigen.

Ich platzierte wütend meine Hände auf ihr Gesicht und blickte sie mit glasigen Augen an.

,,Ich hasse dich.", murmelte ich leise und wurde dann immer lauter,
,,Ich hasse dich, weil du mir ein Leben gegeben hast, das ich nie wollte!"

Ein paar Krankenschwester rannten zu uns und zerrten mich von ihr, doch ich konnte mich nicht beruhigen. Ich zappelte wie eine Verrückte und schrie immer weiter.

,,Du hast sie wahrscheinlich mehr als mich geliebt, obwohl ich es mehr verdient habe! Du hast mir mein Leben ausgeraubt, ohne das Recht dabei zu haben!"

Sie sah mich traurig an und dabei merkte ich, wie sie anfing zu weinen. Ehe ich überhaupt nachfragen konnte, befand ich mich draußen. Weg von ihr. Weg von ihren Blicken.

,,Beruhigen Sie sich Mal.", befahl mir eine Krankenschwester und ließ mich auf einen Stuhl sitzen.
,,Möchten Sie etwas Wasser haben?"

Ich schüttelte meinen Kopf und spürte die Blicke auf mir. Und die Blicke von meinen Geschwistern. Ich und der Junge tauschten andauernd Blicke aus, die ich doch lieber hätte vermeiden sollen, denn ich wurde wütender als davor. Schnell sah ich weg und schloss meine Augen.

,,Beruhig' dich, Ann. Beruhig' dich...", murmelte ich ganz leise und merkte, wie eine kalte Luft über meine Haut zu spüren war. Ich öffnete leicht meine Augen und sah dem Jungen in die Augen.

,,Alles in Ordnung?", fragte er vorsichtig und bot mir seine Hand an.

Was?
Wollte der mich verarschen?
Wollte die Welt mich verarschen?

Verwirrt sah ich ihn an und verstand gar nicht, was er nun erreichen wollte. Wollte er den Kontakt mit mir aufbauen oder wollte er mir einfach nur helfen?

Ohne ein Wort zu sagen, stand ich auf und sah ihm in die Augen. Die grünen Augen verrieten mir, dass mein Vater und seiner wahrscheinlich nicht gleich waren. Also, musste Mom eine Affäre gehabt haben. Besser gesagt, nicht nur eine. Mein Blick schweifte zu dem Mädchen, die uns analysierend anschaute. Langsam grinste ich vor Wut und sah wieder den Jungen an, dessen Hand immer noch in der Luft war. Ich nahm seine Hand und ließ sie senken. Diese Berührung erzeugte eine heftige Gänsehaut in mir. Ich hatte gerade meinen Bruder berührt.

Ich werde es niemals akzeptieren.

Anschließend grinste ich ihn an und ließ seine Hand wieder los, doch er beobachtete mich einfach nur mit seinen grünen Augen.

,,Du und deine Schwester sollt mich in Ruhe lassen, Verstanden? Ich bin nicht verpflichtet neue Bekanntschaften zu knüpfen.", sprach ich leise und lockerte mein Grinsen. Irgendwie wusste ich, dass die beiden schon wussten, dass wir verwandt waren.
Besser gesagt: Geschwister waren.

Ich merkte, wie es unerwartet kam, doch er blickte mich nicht verwirrt an. Im Gegenteil – er lächelte schwach.

,,Mein Name ist William-"

,,Pass Mal auf, William. Wie ich schon sagte, ich bin nicht interessiert neue Bekanntschaften zu knüpfen. Dies kannst du auch Alexia sagen. Es ist mir egal, wenn wir etwas gemeinsam haben. Es interessiert mich nicht."

Er wendete den Blick von mir und rief seine Schwester. Alexia kam zu uns und stellte sich neben ihren Bruder. Mir kam das alles so lächerlich vor. Mein Leben kam mir so lächerlich. Ich fühlte mich von alles und jeden verarscht und versuchte mir die Schuld zu geben.

Andauernd schaute ich Alexia an, die mich irgendwann verwirrt an sah.

,,Was?"

,,Ich dachte, du seist tot.", fing ich sofort an und sie wechselte ihre Verwirrung mit Schock aus,
,,Ich meine... So kennt es doch jeder oder nicht?"

Das Mädchen versuchte das ganze zu überlachen und schüttelte schwach ihren Kopf.

,,Ich weiss nicht, was du mei-"

,,Okay.", unterbrach ich sie und schenkte den beiden noch einen fröhlichen Blick.
,,Sorry."

Schnell entfernte ich mich von ihnen und konnte mir vorstellen, dass sie nun verwirrt waren, doch es interessierte mich rasch wenig.

Angel Ine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt