1. Kapitel

60 12 1
                                    

Ich lies mich mit Schwung auf die weiche Matratze fallen und genoss den Augenblick der Stille. Meine Augen starrten an eine gemusterte Tapete und wanderten dann zu einer schlichten, weissen Lampe direkt über mir.

Ich hatte es geschafft. Ich war im Sommerurlaub in Italien und das sechs Wochen lang. Was besseres gab es meiner Meinung nicht. Die 10. Klasse war überstanden und das 11. Jahr wartete schon auf mich, aber über das wollte ich mir in den nächsten paar Wochen hier keine Gedanken machen. Das einzige was hier zehlten, waren Spaß und Urlaub und ich wollte mir keines der beiden nehmen lassen. Ich würde die Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge genießen, jeden Tag ein leckeres Eis essen und am Strand entlang spazieren. Der Gedanke lies mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Auf einmal wurde meine Tür laut aufgeschlagen und mein kleiner Bruder betrat stürmisch mein Zimmer. ,,Liv! Liv du musst unbedingt mit mir runter zum Strand! Du hast es mir versprochen!", rief er aufgeregt während ich mich nur seufzend unter der Bettdecke vergrub. Ja, das hatte ich wohl. Aber eigentlich hatte ich vorgehabt im Abend zu gehen. Also versuchte ich ihn hinzuhalten. ,, Timmi, denkst du nicht es währe schöner im Abend? Bis zum Sonnenuntergang dauert es nicht mehr lange!" Ich kroch wieder hervor. Augenblicklich machte er einen Schmollmund und setzte sich stur neben mich auf das Bett. Ich sah ihm in seine blauen Augen, die mich anblickten und deutlich zeigten, was sie davon hielten. Ich schloss meine Augen. Das war es dann wohl mit der Stille.

Meine Mum kam ins Zimmer und sah uns beide an. ,, Liv, dein Bruder hat erzählt, du wolltest mit ihm zum Strand. Wollt ihr das nicht jetzt schon?" Entnervt starrte ich wieder an die Decke und musste ein bisschen schmunzeln, als ich sah wie sich ein breites Grinsen auf dem Gesicht meines Bruder breit machte. Ich nickte den beiden zu. ,, ich ziehe mir nur noch schnell etwas anderes über, dann komme ich." Tim begann zu jubeln und meine Mutter scheuchte ihn aus dem Zimmer, bevor sie die Tür wieder leise hinter sich schloss.

Ich setzte mich hin. Mein Zimmer war wirklich schön groß und man hatte von meinem Fenster aus einen tollen Ausblick auf das Meer. Schnell zog ich mir etwas anderes an, da es hier deutlich wärmer war als bei uns in Deutschland. Mit hochgebundenen Haaren und meiner Kamera unter dem Arm, verließ ich mein Zimmer.

Ich lief mit meinem Bruder an der Hand die Straßen entlang. Die Leute hier schienen nett, fast jeder nickte oder lächelte uns freundlich zu, Was wir erwiederten.

Am Strand angekommen hatte ich Tim bereits ein Eis gekauft, was er fast aufhatte. Er setzte sich in den Sand und aß zu Ende. Ich versicherte mich, dass er da blieb wo er war und drehte mich dem Meer zu und packte meine Kamera aus. Mit der Zeit machte ich viele Bilder. Tim hatte bereits laut lachend angefangen eine Sandburg zu bauen.

Als ich mich einmal umschaute, ein neues Motiv suchend, sah ich etwas weiter hinten einen jungen Mann stehen, ich vermutete ihn ein bisschen älter als ich. Vielleicht siebzehn. Oder auch achtzehn. Er hatte braune Locken und trug ein weisses Shirt, unter dem sich seine breiten Muskeln abzeichneten. Er hielt sich sein Handy ans Ohr und schien zu telefonieren. Verstehen konnte ich nichts, dafür war die Entfernung zu groß. Das ich ihn beobachtet hatte, bemerkte ich erst, als Tim mich genervt anbrüllte. Ich musste ihn wohl die letzten Male überhört haben. Während ich ihm beim bauen der letzten paar Stellen half, starrte ich wieder zu dem Platz wo der Junge gestanden hatte, doch er war nicht mehr zu sehen.

Ich machte mich auf zum Wasser. Tim wollte etwas haben für seine Burg, also nahm ich mir einen seiner Eimer mit, die er extra zum Spielen dabei hatte und versuchte welches zu holen. Als ich mit nassen Hände wieder Aufstand und mich umdrehte, setzte mein Herzschlag kurz aus. Er stand vor mir und sah mir direkt in die Augen. Mit einem Schlag schien das sanfte Rauschen der Wellen noch lauter und die stechende Hitze der Sonne noch intensiever. Die braunen Locken wehten leicht im Wind, während ihm eine wiederspenstige Strähne direkt in die Stirn fiel. Ich meinte von hier aus seine Augen ebenfalls braun aufleuchten zu sehen, Es war aber immer noch zu weit entfernt um es genau erkennen zu können.

Ich atmete tief durch und lief los, den Eimer fest in beiden Händen, den Blick stur gerade aus. Als ich ganz kurz vor ihm war, richtete ich meinen Blick wieder auf ihn, was sich als Fehler herausstellte. Ich stolperte über einen großen Stein, der dort anscheind im Sand gelegen hatte und viel ihm mit einem Aufschrei in die Arme. Dabei kippte ich das gesamte Wasser über seinen Körper.

Der Schönste Sommer Meines Lebens #SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt