23. Kapitel

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**Adrianos Sicht**

Meine Hand streichelte sanft durch ihr Haar. Sie hatte sich eng an mich gekuschelt und ihre Augen geschlossen. Ich lauschte ihrem ruhigen Atem und genoss ihre Wärme auf meiner Haut. Meine Augen lagen auf ihrem Gesicht und betrachteten jedes einzelne Mal. Ich sah, dass ihre langen, dunklen Wimpern nass waren. Hatte sich auch geweint? Wegen mir? Hatte ich Ihr so leid getan? Ich vegrub mein Gesicht in ihren Haaren und saugte ihren Geruch ein. Sie war etwas ganz besonderes. Man kann gar nicht beschreiben wie glücklich ich war, sie bei mir zu haben. Sie gab mir immer meine Energie, egal was war. Eine weitere Träne kullerte über meine Wange und verfing sich in ihren Strähnen. Mir vielen wieder Mrs. Adneys Worte ein. Ich vertraue diesem Adriano nicht. Ich schluckte. Er wickelt uns alle um den kleinen Finger.

Ich konnte ihr keine Vorwürfe machen. Wahrscheinlich hätte ich genauso gedacht. Sie wussten nicht was mein Vater getan hatte. Was zwischen meinen Eltern war. Ich war vielleicht siebzehn, aber im Moment fühlte ich mich wie ein kleines Kind. Schutzlos und auch irgendwie verlassen. Das einzige was mich im Moment beruhigte, war das Wissen, dass Liv mir vertraute. Und mehr brauchte ich im Moment auch nicht.

Das mein Vater mich geschlagen hatte, war zwar nicht das erste Mal gewesen, aber verletzt hatte es mich trotzdem. Er hatte mir noch nie die Lippe blutig geschlagen. In seiner Wut hatte er mir auch ziemlich deutlich gemacht, dass er mehr Angst davor hatte, dass ich seinen Ruf schädigen könnte, als dass mir etwas passieren würde. Der Gedanke an seine Enttäuschung versetzte mir einen Stich. Wahrscheinlich machte er sich auch gerade wenig Sorgen um mich, sondern eher darüber was wohl Großvater und der Rest dachte, da ich nicht Zuhause war. Ich seufzte und eine weitere Träne landete in Livs Haar.

Mein Magen stieß ein lautes Brummen aus und zeigte mir deutlich, was er wollte. Mein Blick glitt zu den Tisch auf dem die Brötchen lagen. Mein Magen gab zur Bestätigung ein weiteres Brummen von sich. Vorsichtig versuchte ich mich hinzusetzen, ohne Liv dabei aufzuwecken. Ihre Hand viel von meiner Brust auf die Matratze und ich erstarrte. Sie gab irgendein komisches, murmelndes Geräusch von sich, wachte aber nicht auf. Ich atmete erleichtert die angehaltende Luft wieder aus. Langsam stieg ich aus dem Bett zu dem Tisch.

Die Brötchen sahen ziemlich demoliert aus. Sie waren zerquetscht und weisten ein paar aufgerissene Stellen auf. In dem Moment war mir aber ziemlich egal, was mit ihnen geschehen war, also bis ich in eines der beiden und lies den Bissen über meine Geschmacksknospen wandern. Ich griff nach dem zweiten und tappte an das Fenster, wo ich die klare Nacht beobachtete.

Als ich die Brötchen aufgegessen hatte, spürte ich ein Brennen in meinem ausgetrockneten Rachen. Ich brauchte etwas zu trinken. Mein Blick wanderte suchend durch das Zimmer, bis ich gefunden hatte, was ich brauchte. Auf Livs Nachttisch stand eine Taschenlampe, die ich ohne zu überlegen griff.

Vorsichtig öffnete ich die Tür, um laute Geräusche zu vermeiden, damit Liv nicht aufwachte. Auf Zehenspitzen lief ich zu der kleinen Küche. Dort angekommen, stellte ich die Taschenlampe so hin, dass sie den gesamten Raum beleuchtete und ich in Ruhe nach einem Glas suchen könnte.

Meine Finger griffen eine Schranktür nach der anderen, öffneten und schlossen sie wieder. Ich fand den Schrank mir Gläsern, griff nach einem und stellte den Wasserhahn an. Das Wasser floss langsam in das Glas und füllte es. Ich begann zu trinken. Das kühle Nass lies mich entspannen und ich schloss die Augen.

Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Schlagartig waren meine Augen wieder offen und ich fuhr herum. Vor Schreck viel das Glas aus meinen Fingern zu Boden. Es sprang mit einem lauten Knall in tausende kleine Splitter, die sich in meine nackten Füße bohrten. Das restliche Wasser spritze gegen die Wände, Möbel und auf unsere Klamotten. Ich ignorierte das Brennen der Glasscherben, die sich durch meine Haut gebohrt hatten. Vor mir stand eine dunkle Gestalt die mich wütend betrachtete.

,,Was machst du hier?", fuhr sie mich an und trat in das Licht der Taschenlampe. Vor mir stand Livs Mum, Louise. Ich schluckte.

,,Ich habe mir ein Glas Wasser geholt", verteidigte ich mich.

Sie sah nicht einmal zu den Scherben, die sie nicht ansatzweise zu jucken schienen.  Sie lachte. ,,Ich glaube dir nicht."

,,W...Was?"

,,Ich glaube dir nicht!", schrie sie aufgebracht

,,Aber..."

,,Du hast hier rumgeschnüffelt! Du wolltest uns bestehlen", warf Livs Mutter mir vor.

,,Nein! Ich brauchte etwas zu trinken!", ich machte eine protestierende Handbewegung zu dem verschütteten Wasser.

Sie schnaubte

,,Das hast nur für eine Ausrede gesorgt!" Ihr Blick wanderte zu meiner Lippe. Langsam kam sie näher. Sie müsste eigentlich schon längst in eine Scherbe getreten sein. Mit einem schnellen Blick versicherte ich mich jedoch, das sie Hausschuhe trug.

,,Was ist mit deiner Lippe passiert, mmh?" Ich blinzelte.

,,Na los, sag schon! Was ist passiert?"

Ich sagte nichts. Aus irgendeinem Grund heraus wollte ich nicht, dass sie es wusste.

,,Adriano, was haben deine Eltern getan, dass du abgehauen bist? Warum sagst du es nicht?" Ich biss mir auf die Lippe.

,,Das ist doch alles nur eine Lüge! Dir ist gar nichts passiert!" Sie kniff die Augen zusammen. ,,Du spielst mit uns. Du nutzt unser Vertrauen aus, richtig? Du spielst mit meiner Tochter." Geschockt sah ich sie an. Das glaubte sie doch nicht wirklich!

,,Mrs. Adney, glauben Sie mir bitte, ich liebe ihre Tochter! Ich würde niemals mit ihr spielen!", verzweifelt versuchte ich es ihr zu erklären.

,,Du kleiner Lügner!", Ich konnte erkennen wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. Geschockt ging ich einen Schritt zurück und zuckte schmerzhaft zusammen, als sich die Scherben tiefer in meine Haut bohrten.

,,Verschwinde aus diesem Hotel! Sofort! Es ist mir komplett egal wo du pennst, Hauptsache nicht hier! Dreckskerl!", schrie sie. Dann kam sie auf mich zu. Grob tastete sie mich ab.

,,Was machen sie da?!"

,,Ich gehe nur sicher, dass du dir auch nichts von uns gekommen hast", knurrte sie. Als sie nichts fand, blickte sie mir feindselig in die Augen. ,, Und jetzt verschwindest du besser", flüsterte sie bedrohlich.

Mit diesen Worten ging sie und lies mich zurück, inmitten von Scherben und einer eisigen Kälte in mir.

Der Schönste Sommer Meines Lebens #SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt