20. Kapitel

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Adriano lies mich wieder los, so dass ich in seine Augen sehen konnte. Sie waren voller Freude und Erleichterung, was mich zum einen glücklich machte, aber zum anderen fragte ich mich nur noch mehr: Was war passiert, dass er nicht mehr nach Hause wollte?

Tim, der ja immernoch auf seinen Beinen lag, war durch unsere Umarmung wach geworden und blinzelte uns aus verschlafenen Augen an. Meine Mutter nutzte die Chance um ihn auf den Arm zu nehmen. Sie ging mit ihm aus dem Raum. Wir sahen ihr hinterher. Es war offensichtlich, dass sie von der Idee, Adriano illegal hier zu behalten, nicht viel hielt. Der Blick meines Vaters lag auf uns.

,,Gut äh...", stammelte er und kratzte sich am Hinterkopf. Er war sichtlich nervös.
,,Ihr schlaft also in einem Bett...", brachte er hervor, daraufhin schloss ich die Augen. Nicht schon wieder diese Nummer.

,,Ihr äh...", stotterte er. Mein Vater war noch nie so richtig begabt in so etwas gewesen. ,,Dad...", murmelte ich und warf ihm einen meiner vielsagenden Blicke zu. ,,Ich mein doch nur... Ihr solltet vielleicht äh...", er schien nach den richtigen Worten zu suchen. ,,...Ihr solltet vorsichtig sein", erklärte er dann. ,,Dad!", sagte ich und wurde direkt Rot. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen wir Adriano anfing frech zu grinsen. Na, das half ja gerade echt super... Ohne Vorwarnung stieß ich ihm meinen Ellbogen in die Seite und sein Grinsen verschwand, doch ich sah, dass er sich ziemlich zusammen reisen musste um nicht laut los zu prusten. Ich zog ihm am Ärmel von der Couch, an meinen Dad vorbei, in mein Zimmer.

,,Entschuldige meinen Dad", sagte ich, nachdem ich die Tür hinter uns geschlossen hatte. Adriano schüttelte nur den Kopf, das Grinsen immer noch über sein gesamtes Gesicht verteilt, doch seine Worte waren ernst und erlich: ,,Nein, alles Gut. Deine Eltern lassen mich gegen die Regeln hier schlafen, ich bin ihnen wirklich dankbar." Ich nickte.

,,Wirst du mir erzählen was passiert ist?", fragte ich. Etwas änderte sich an ihm, als ich meine Frage stellte.  Das freche Grinsen war verschwunden und aufeinmal schien er durch mich hindurch zu blicken, er sah mir in die Augen, aber ich konnte erkennen das er mich nicht sah. Es schien ihn wirklich zu bewegen, was auch immer passiert war.

,,Vielleicht", murmelte er. Ich lies es dabei. Neugierig zu sein würde nicht helfen, das war mir klar. Wenn er es mir erzählen möchte, werde ich ihm zuhören, aber jetzt werde ich erstmal nur still für ihn da sein können. ,,okay",flüsterte ich. Ich setzte mich auf mein Bett und er setzte sich neben mich.

,,Dir ist klar, dass du hier oben bleiben musst während wir unten essen gehen?" Ich sah ihm eindringlich in die Augen. Adriano nickte. ,,Ich werde versuchen, dir etwas mit zu nehmen. Aber es darf dich halt keiner sehen." Wieder nickte er nur. Ich lies meinen Blick aus dem Fenster schweifen. Die klare Nacht hatte sich bereits schützend über die Stadt gelegt. Hier und da waren die Sterne als kleine funkelnde Punkte auszumachen. Ich ging einen Schritt auf das Fenster zu und öffnete es. Die Luft, die mir entgehen ströhmte, war immer noch warm, aber angenehmer als am Tag. Ich konnte Gelächter vernehmen, in den Häusern brannte das Licht und erhellte die Straßen, durch die die Paare Hand in Hand schlenderten um gegenseitig verliebte Blicke auszutauschen. Weiter hinten schimmerte das Meer im Schein des Mondes. Es war wunderschön. Ich hörte mein Herz in einem regelmäßigen Takt schlagen und spürte die Ruhe die sich in meinen Körper ausbreitete. Adriano umarmte mich von hinten. Seinem Kopf legte er auf meine Schulter. Ich spürte seine Lippen zart an meinem Hals. Meine Augen schlossen sich und ich genoss die Berührung auf meiner empfindlichen Haut.

Ich hörte die Tür aufschnellen und gegen die Wand prallen. Wir drehten uns um und Adriano lies von meinem Hals ab. Die Augen meines Vater hatten sich erschrocken geweitet, während er zwischen uns hin und her sah. ,,Äh... Liv, wir müssen zum Essen" Seine Augen huschten noch einmal schnell zu Adriano, dann schloss er die Tür hinter sich. Meine Wangen glühten. Ich ging auf die Tür zu, doch Adriano war schneller. Er stellte sich vor mich und versperrte den Weg.

,,Adriano ich muss...", wollte ich sagen, doch seine Finger wanderten an mein Gesicht und zeichneten vorsichtig meine Wangenknochen nach. Er neigte seinen Kopf um mich zu küssen, doch ich war schneller. Grinsend wich ich seinen Lippen aus und schlängelte mich an ihm vorbei. Er zog einen Schmollmund, der mir bei seinem Anblick ein Lächeln entlockte. ,,Später.", flüsterte ich. Dann lies ich ihn in meinen Zimmer zurück.

Die Tür zum Hotelflur stand offen, meine Familie muss schon los gegangen sein. Ich lief hinterher, in den großen Saal, indem alle Hotelgeste aßen. Ich machte meine Eltern und Tim an einem der Tische ausfindig und setzte mich zu ihnen. Mir fiel auf, dass Mum es miet mich anzusehen und Dad die ganze Zeit auf seinen Teller starrte. Der einzige der wirklich gute Laune zu haben schien, war mein Bruder der die ganze Zeit am grinsen war. Das war aber nichts besonderes. Tim war ein sehr fröhliches und Energiegeladenes Kind. Mit seiner süßen Art hatte er mich schon des Öfteren zum Lachen gebracht, was meißtens dazu führte das er auch genau das bekam, was er wollte. Er war einfach zu drollig um ihm einen Wunsch abzuschlagen.

Ich sah wieder zu meinen Eltern, dann zu dem reichlich gefüllten Buffet und dann wieder zu meinen Eltern. Ich zupfte mit meinen Fingern unruhig an der Tischdecke. ,,Sollen wir uns nicht auch etwas zum Essen holen?"

Mittlerweile stand ein Gast nach dem anderen auf und kam mit einem vollen Teller wieder. Gierig starrte ich auf die Köstlichkeiten und zog den atemberaubenden Duft ein. Mein Magen gab zur Bestätigung ein lautes Grummeln von sich. Mum, Dad und Tim standen auf und ich folgte ihnen um mich ein wenig später mit einem vollen Teller wieder zu setzten.

Eine halbe Stunde später und mit vollen Magen, ging ich langsam an dem Buffet entlang. Ich hatte die Zeit abgewartet bis sich gerade keiner etwas holte, damit ich ungestört nach etwas zu Essen für Adriano schauen konnte. Der Arme starb wahrscheinlich schon fast vor Hunger. Mein Blick viel auf zwei helle Brötchen. Die würden seinen Hunger reichlich stillen. Ich blickte mich um, ob auch keiner zu mir sah, dann schnappte ich sie mir und lies sie unter meinem Pulli verschwinden. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Ich stahl essen und versteckte eine Person in meinem Hotelzimmer. Die alte Liv hätte es sich im Leben nicht ertäumen lassen jemals so weit zu gehen.

Die alte Liv. Mir fiel auf, dass ich seid dem ich Adriano kannte, anders war. Ich war nicht nur glücklicher, sondern einfach... anders. Er hatte einen Einfluss auf mich. Ob einen Guten, oder Schlechten kann ich nicht sagen, aber er hatte einen.

Ich lief schnell zu unserem Tisch zurück und verdeckte die kleine Wölbung, die sich nun unter meinen Shirt abzeichnete, mit meinen Händen. Ich nickte meinen Eltern zu und sie standen auf. Zusammen gingen wir aus dem Saal. Sie wussten, das ich etwas zu Essen mit nehmen würde. Schließlich musste Adriano auch etwas zu sich nehmen und selber hatten wir nichts mehr. Beide waren sehr bleich und verkrampft, was ich ihnen nicht verübeln konnte. Ich sah bestimmt genau so aus.

Als ich an einer Tür, die zur Mädchentoilette führte vorbei ging, merkte ich plötzlich den Druck der auf meiner Blase lag und bis mir auf die Lippe.

,,Mum? ,Dad?"

,,Ja?"

,,Ich geh noch kurz zur Toilette"

,,Kannst du das nicht erledigen wenn wir wieder im Zimmer sind?"

,,Ne... Ich komme gleich nach", damit ging ich durch die Tür.

Als ich fertig war, trat ich wieder auf den Hotelflur. Meine Hände lagen immer noch schützend über den Brötchen, falls jemand an mir vorbei gehen sollte.

Aufeinmal wurde ich  brutal an die Wand gedrückt. Ich keuchte auf, als ich merkte wie zwei Hände kräftig an meinen Schultern lagen und sich in meine Haut bohrten, so dass ich nicht entkommen konnte. Meine Finger klammerten sich ängstlich an den Brötchen fest.

Ich sah in das Gesicht eines Jungen, dessen schwarzes Haar ihm strähnig in die Stirn hing. Sein gehäsiges Grinsen tauchte vor meinen Augen auf während er sprach:

,,Was versteckst du den unter deinem Pulli, Kleine?"

Der Schönste Sommer Meines Lebens #SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt