26. Kapitel

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Und so machte ich mich heute schon zum zweiten Mal auf den Weg, um Adriano zu finden. Sein Verhalten schockte mich immer noch. Natürlich war es süß gewesen, wie er eingesprungen war, wie er mich seine Freundin genannt hatte, wie er mich beschützen wollte. Aber er hatte Jasper Bewusstlos geschlagen und ich war mehr als nur glücklich, dass ich Jasper nicht ins Krankenhaus bringen musste um dann dort zu erklären, was passiert war.

Außerdem war er wieder einfach abgehauen. Ohne eine Erklärung, ohne einen weiteren Blick. Und ja, es verletzte mich. Denn er gab mir das Gefühl Schuld zu sein. Er hatte mir misstraut. Er hatte mich gefragt ob ich was mit Jasper haben würde, das hieß doch, dass er mir nicht vertraute. Er müsste doch gesehen haben, dass ich ziemlich unfreiwillig an diese Mauer gepresst worden war. Und trotzdem hat er mir nicht vertraut.

Es dauerte länger als normal zum Strand zu laufen. Immer wieder blieb ich stehen um mich zu fragen, ob ich ihn überhaupt finden wollte. Müsste er nicht jetzt zu mir kommen? Statt dessen ging ich jetzt wieder zu ihm...

Die Sonnenstrahlen fielen heiß auf meine Haut und die Wellen schlugen sachte gegen den Strand. Nicht weit entfernt, stand Adriano und blickte stur geradeaus. Ich holte tief Luft und ging zu ihm.

,,Hallo", sagte ich langsam.

,,Hallo", antwortete er.

Dann sagten wir bestimmt fünf Minuten nichts, sondern standen schweigend nebeneinander, wir sahen uns nicht an und wir berührten uns auch nicht.

Ich räusperte mich.

,,Adriano, warum hast du ihn geschlagen?"

,,Er hat sich an dich ran gemacht"

Ich schluckte.

,,Du hast ihn bewusstlos geschlagen!", warf ich ihm vor.

,,Das hatte der Dreckskerl verdient",knurrte Adriano. ,,Was hast du überhaupt mit ihm gemacht!?"

Da war er wieder. Dieser vorwurfsvolle Ton.

,,Warum vertraust du mir den nicht? Denkst du wirklich ich war ihm freiwillig so nahe?", langsam wurde ich wütend.

,,Eigentlich nicht, bis ich euch sah"

,,Und dann was? Hast du mich mit ihm rumknutschen sehen? Hast du gesehen wie ich mit ihm geflirtet habe?"

Er drehte sich zu mir um, sodass er genau in meine Augen sah.

,,Liv, von weitem sah es so aus. Woher soll ich den wissen, dass ihr nichts habt?"

,,Weil ich mit dir zusammen bin, du Idiot! Weil ich mit niemand anderen etwas anfangen würde! Was ist dein scheiß Problem, Adriano?"

Er knirschte mit den Zähnen.

,,Ich hatte einfach nur Angst! Was wenn da wirklich etwas gewesen wäre? Wenn ich dich verloren hätte?"

Meine Knie wurden durch seine Worte zu Wackelpudding und eine Gänsehaut überfiel meine Arme, doch die Wut konnte er nicht nehmen.

,,Adriano, Ich habe mich nicht freiwillig von ihm anfassen lassen", erklärte ich.

,,Ein Grund mehr, dem Dreckskerl ordentlich in die Fresse zu schlagen"

,,Nenn ihn nicht so!", Ich wusste selber nicht warum ich ihn gerade verteidigte, aber ich tat es und mir war bewusst, dass es Adriano in keinster Weise besänftigen würde.

,,Siehst du? Du verteidigst ihn! Er kann dir nicht egal sein!"

,,Ich kann ja wohl kaum dich verteidigen. Da gibt es nichts, was deine Reaktion auf das Geschehen verteidigt! Weisst du was für eine Angst ich hatte, als er da lag? Was hätte ich den sagen sollen?
Adriano, ich hätte dich mit nichts rechtfertigen können!" , den letzten Satz sprach ich betont langsam aus.

Darauf antwortete er nicht, das Einzige was er von sich gab, war ein demonstrierendes Schnauben.

Ich stellte ihm eine andere Frage:

,,Warum bist du einfach so abgehauen?"

,,Meinst du, nachdem ich dieses Miststück verprügelt habe?"

,,Nein. Gestern Nacht. Du bist ohne Vorwarnung einfach gegangen."

Ich kannte zwar die Version meiner Mum, aber ich wollte es nochmal aus dem Mund von Adriano hören.

,,Deine Mum hat mich rausgeschmissen"

,,Warum?"

,,Sie dachte ich würde euch bestehlen wollen"

,,Wolltest Du?"

,,Nein!"

,,Was wolltest du dann?"

,,Etwas zu trinken. Ich habe die Brötchen gegessen, nachdem du eingeschlafen bist und danach bekam ich Durst."

Aha. Ich hatte also Recht mit meiner Theorie.

,,Warum hat sie dich dann trotzdem noch rausgeschmissen?"

,,Deiner Mutter hat mir nicht geglaubt, nachdem ich versucht hatte es ihr zu erklären. Sie hat mir vorgeworfen, dass ich das Glas Wasser nur zur Ausrede benutzen würde."

,,Was hat sie dir noch vorgeworfen?"

Adriano schwieg. Warum zum Teufel Schwieg er den jetzt? Ich legte ihn eine Hand auf die Schulter.

,,Adriano, was hat sie dir noch vorgeworfen?", fragte ich eindringlicher, mein Blick durchbohrte seinen.

Er zögerte erst, dann antwortete er mir: ,, sie hat mich einen Lügner genannt. Sie sagte, dass ich mit dir und mit dem Rest deiner Familie spielen würde und dass mir nicht zu trauen sei. Danach hat sie mich rausgeschmissen und gesagt, dass es ihr egal ist wo ich übernachte"
Zum Schluss war seine Stimme nicht mehr, als ein Flüstern.

Ich verstummte und sagte gar nichts mehr. Verzweifelt nahm er meine Hand von seiner Schulter und hielt sie fest gedrückt in seinen Händen.

,,Liv, du musst mit glauben. Ich würde niemals mit dir spielen! Ich liebe dich"

Langsam blinzelte ich.

,,Sag doch was! Bitte, du musst mir glauben!", er klang wirklich verzweifelt.

Meine Füße bewegten sich wie von selbst und dann nahm ich ihn in den Arm. ,,Ich glaube dir", flüsterte ich in sein Ohr. ,,Und ich liebe dich". Seine Hände umschlossen meine Taille und drückten mich fester an ihn. Der seichte Wind blies durch unser Haar und seine Locken kitzelten die Haut an meiner Wange.

,,Warum hast du nichts gesagt? Warum bist du einfach weg?", fragte ich.

,,Was hätte ich dir den sagen sollen? Hey, ich bin weg, deine Mum hat mir gerade ziemlich deutlich gemacht, Was sie von mir hält? Du hast so schön geschlafen!"

Ich rollte mit den Augen. ,,Das ist jetzt nicht dein Ernst!" Adriano grinste.
,,Doch"
,,Du bist wirklich unmöglich"
,,Ich weiss"
,,Ich steh drauf"
,,Ich weiss"
Und dann wurde ich geküsst.

Vielleicht eine Stunde später, saßen wir im Sand und sahen ein paar Kindern beim Burgen bauen zu, während ein paar Möwen sich über uns gegenseitig an schrien . Plötzlich spürte ich seine warme Hand an meiner.

,,Liv?"
,,Mmh?"
,,Ich kann nicht hier bleiben. Ich muss weg und etwas neues sehen, vielleicht verstehst du mich ja"

Und ich habe wirklich keine Ahnung, was mich zu meiner Antwort in dem Moment trieb. Vielleicht war es die Wut auf meiner Eltern, vielleicht wollte ich nicht ohne Adriano sein, oder ich wollte auch einfach etwas Neues sehen. Manche würden sagen, dass es total schwachsinnig ist, anderer wiederum bezeichnen es als mutig und wieder andere würden es vielleicht einfach nicht ernst nehmen, aber ich meinte es absolut ernst:

,,Ich komme mit dir".

Der Schönste Sommer Meines Lebens #SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt