17. Kapitel

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**Livs Sicht**

Kannst du zum Strand kommen? Ich muss dich sehen.

Ich las die Nachricht noch einmal und noch einmal. In meinem Kopf befanden sich drei riesige Fragezeichen, die so ziemlich genau meinen momentanen Gedankenvorgang beschrieben. Ich fragte mich was er wollte. Wir hatten uns vielleicht eine Stunde nicht gesehen. Wie viel konnte da den schon passieren? Ich gab meinen Eltern Bescheid, schickte meine Antwort an ihn los und lief den Weg zum Strand entlang.

Ich hatte mir zwar schon gedacht, dass irgendwas nicht stimmen konnte, aber jetzt machte ich mir wirklich Sorgen. Was wenn er und sein Vater sich nicht aussprechen konnten? Oder wenn es gar nichts mit ihm zu tun hatte, sondern es einen anderen Grund gab, weshalb er mit mir sprechen wollte? Lag es an mir?

Ich schüttelte den Kopf. Nein... Ich zerbrach mir nur unnötig den Kopf. Es wird einen Grund geben, wesswegen er mich sehen wollen wird, aber es musste ja nicht gleich den Weltuntergang bedeuten.

Ich betrat den Strand und genoss den Geruch nach dem Meer. Ich wusste nicht wieso, aber ich liebte diesen Geruch. Warscheinlich auch noch weil Adriano so ähnlich roch. Nur noch mit Veilchen vermischt und das topte kein Meer der Welt. Mein Blick viel auf braune Locken vor mir und ich lenkte meine Füße zu ihm.

,,Hey!", Ich ließ mich neben ihn fallen. Jetzt hatte ich ein bisschen Angst, dass er wieder mit dem "ich muss abhauen" Thema anfing. Ich versuchte meinen Herzschlag ein wenig zu beruhigen. Ich sollte es einfach auf mich zukommen lassen.

Er nahm mich in den Arm. Keine Begrüßung, kein Kuss, einfach nur eine Umarmung. Er hielt mich fest an sich gedrückt, als ob er Angst hätte, ich könnte mich im nächsten Moment in Luft auflösen. Er wirkte verzweifelt und ängstlich.

Ich erwiderte die Umarmung und sagte nichts. Wenn er mit mir reden wollen würde, dann würde er es tun. Ich würde ihm zuhören und für ihn da sein, aber in diesem Moment wollte er einfach nur umarmt werden und ich akzeptierte es. Und währen wir für die Ewigkeit so zusammengefroren, währe es mir egal gewesen.

Es dauerte eine Weile, dann ließ er mich wieder los. Ich konnte sein Gesicht sehen und war überrascht wie schnell sich das Aussehen einer Person so radikal verändern konnte. Vor etwas mehr als einer Stunde, hätte ich schwören können, keine so Lebensfrohe und lustige Person zu kennen, wie Adriano. Jetzt wirkte er kein Stück mehr Lebensfroh. Seine Augenringe stachen noch stärker hervor, begleitet von dunklen Schatten unter seinen Augen. Seine Haut wirkte Blass und kalt. Als ob jegliches Leben aus ihm herausgesaugt worden währe. Mein Blick glitt zu seiner Lippe. Eine blutige Kruste zeichnete sich auf ihr ab. Als ich auf seine Hände herab sah, konnte ich das Blut auch auf seinen Fingern erkennen. OMG, dachte ich.

,,Adriano... Was ist passiert" er sah mich nur ausdruckslos an. ,,Tut mir leid dir das sagen zu müssen, aber du siehst absolut nicht gut aus", erklärte ich ihm.

Er grinst. Ja! Wirklich! Er grinste. ,,Ich sehe immer gut aus", schnaubte er. Er machte Witze... Er hatte Blut an seinen Fingern kleben und machte Witze! Was war nur los mit ihm!?

Um die Situation aufzulockern, ging ich auf seine Worte ein, konnte dabei aber ein Zittern in meiner Stimme, nicht verbergen. ,,Im nächsten Leben villeicht aber garantiert nicht in diesem", meinte ich ironisch. Wieder dieses unbezahlbare Grinsen.

,,Was ist den jetzt passiert?", wollte ich wissen.
Er zuckte nur mit den Schultern. ,,Mein Vater hat unser Gespräch belauscht." Ich nickte. Ja, das wusste ich.
,,Tja... er war nicht so begeistert von meiner Idee", ein gezwungenes Lächeln lag auf seinen Lippen. Auch das hatte ich mir schon gedacht. Aber ich wunderte ich immer noch.
,,Und warum hast du jetzt Blut an deinen Fingern kleben?"

Sein Blick glitt nach vorne, in die Ferne, wo er sich irgendwo im Horizont verlor, dort wo sich Sonne und Meer berührten. Ein Schleier legte sich über eine Augen, so als ob er nicht mehr anwesend währe. Er war irgenwo alleine mit sich und seinen Gedanken und ich konnte ihm nicht folgen.

,,Schau dir das an", flüsterte er. Ich folgte seinem Blick, der über die Wogen des Wassers glitt und die schillernden Farben bestaunte. ,,Schau dir diese unendliche Weite an. Wie groß muss diese Welt sein. Wie viele Gehimnisse müssen wir noch nicht entdeckt haben. Was wartet wohl noch alles auf uns, leise schlummernd, bereit dazu gefunden zu werden."

Ich schluckte. Ich wusste worauf er hinaus wollte. ,,Adriano...", versuchte ich es. Aber er legte einen Finger auf meine Lippen. Ich verstummte.
,,Da draußen ist so viel neues, so viel schönes und keiner der unsere Leben für uns bestimmt. Dort ist keiner der denkt er wüsste was du willst und keiner der dir irgendwas einreden kann." Er drehte seinen Blick zu mir und sah mich an, in seinem Blick lag so viel Sehnsucht, dass ich wirklich Angst davor bekam, dass er jetzt aufspringen und losrennen könnte. ,,Liv, verstehst du das?" Ich versuchte Zeit zu schinden bevor ich antwortete, also nahm ich seine Hand in meine und strich über seine langen Finger. Das Blut war mittlerweile angetrocknet. Fieberhaft dachte ich über passende Worte nach.
,,Adriano, ich weiss nicht was vorgefallen ist als ich gegangen bin, aber ich werde nicht mit dir abhauen." Sein Blick wurde wieder trüb und ausdruckslos

,,Hey! Hör mir zu", sagte ich als er sich schon wieder von mir abwenden wollte. ,,Ich bin hier und glaube mir, du wirst mich so schnell auch nicht mehr los. Egal was es ist, Ich bin für dich da. Du bist nicht alleine verstanden?" Er nickte. Langsam legte er seinen Kopf auf meine Schulter. Ich konnte seine warme Wange an meiner spüren und ich hatte das Gefühl ihn endlich mit meinen Worten erreicht zu haben.

Ich merkte wie sein Oberkörper anfing zu beben und dann spürte ich seine Tränen, wie sie an meiner Wange entlang liefen. Zart und vorsichtig. Sie fielen auf mein Top und hinterließen nasse Spüren. Es machte mir nichts aus. Es war vollkommen okay. Ich fühlte mich schlecht. Ihm ging es ganz eindeutig nicht gut und ich hatte das Gefühl irgendetwas machen zu müssen, damit es ihm besser ging. Ich wusste ich konnte nichts tun. Diese Erkenntnis weckte nur ein noch schlechteres Gewissen in mir.

,,Liv?", fragte er.

,,Ja?", antwortete ich.

,,Ich kann nicht nach Hause", flüsterte er und ich hörte seine Stimme zittern.

,,Du kommst mit mir.", sagte ich bestimmt .

,,Was?", ruckartig hob er seinen Kopf.

,,Ich nehme dich mit in unser Hotel.", machte ich es noch deutlicher und sah ihm fest in sein unendliches Braun

Sein Blick hellte sich auf. Stürmisch umarmte er mich. Durch seinen Schwung vielen wir beide nach hinten, in den Sand. Lachend hielt ich mich an ihm fest, während er sein Gesicht in meinem Haar vergrub.

Der Schönste Sommer Meines Lebens #SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt