46. Kapitel

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Saphiras Sicht:

Das strahlend weiße Licht ließ mich unbewusst meine Augen öffnen. Sofort schossen mir schreckliche Bilder und Szenen durch den Kopf. Mein Herz hämmerte stark gegen meine Brust. Ich richtete mich langsam auf und atmete tief durch. Dann machte ich mich auf den Weg ins Bad und versuchte auf andere Gedanken zu kommen.

Eine Stunde später lief ich wie jeden Morgen neben meiner Schwester zur Schule. Sie war morgens nicht wirklich gesprächig, sondern nur in ihr Handy vertieft. Aby hatte mir gestern geschrieben, dass zwischen Juniper und Luke Funkstille herrschte. Juniper schien unter der Trennung nicht wirklich zu leiden, deshalb machte ich mir gar nicht erst die Mühe sie darauf anzusprechen.

In der Schule angekommen suchte ich gleich die anderen, und fand Nelly, die sofort auf mich zukam. Ein aufgeregtes Grinsen huschte über ihr Gesicht. Während bei meiner Freundin sich Aufregung und Energie breit machte, drehte sich mir der Magen um. "Ich freu miiich", sagte Nelly zwischen zusammen gebissenen Zähnen und zog mich zu einer Gruppe von Jungs.

Liam stand natürlich in der Mitte. Seine Kumpel Jasper und noch drei andere Jungs, namens Nick, Jake und Ben, standen um ihn herum und lachten sich gerade tot. "Hey!" Nelly strahlte Liam an. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so fehl am Platz gefühlt. Ich konnte nur hoffen, dass Aby und Zoe gleich auftauchten. Und das taten sie auch, gleichzeitig traten die beiden rechts und links von mir vor. Beide lächelten mich an, und wir umarmten uns kurz.

"Hi Zoe!" Jake blickte freundlich zu meiner Freundin, die leicht angewidert zurückwich. Zoe hatte viele Verehrer, doch meistens ließ sie diese gleich wieder abblitzen. Zoe ließ ihren Blick weiter zu Nelly und Liam schweifen und sofort sah Aby mich warnend an. Ich nickte und schnappte mir Zoes Arm, um sie ins nächste Klassenzimmer zu begleiten.

Im Augenwinkel sah ich noch, wie Aby sich zu Jasper gesellte. Ich seufzte. Sie könnten sich ja wenigstens auch auf den Weg machen. Mitleidig legte ich einen Arm um Zoe. Sie musste wirklich genug durch machen.

Den ganzen Tag über konnte ich an nichts anderes als an Salvan denken. Aus Langeweile kritzelte ich in mein Englischheft. Da ich mit den Gedanken komplett woanders war, merkte ich gar nicht was ich da zeichnete. Aby stubste mich an.

"Was ist das?"

Ich sah kurz in ihre kühlen blau-grünen Augen, dann wieder zurück in mein Heft. Ich hatte ein schwarzes Auge gezeichnet, mit grauen Konturen. Es sah gar nicht mal so schlecht aus. Nur unheimlich. Es starrte mich direkt an.

Ich wollte es übermalen und durchstreichen, doch Aby stieß meine Hände grob beiseite. Sie nahm einen sehr dunkelblauen Stift und zeichnete feine Linien in das Auge. Jetzt sah es viel schöner und lebendiger aus, dennoch eiskalt und gnadenlos. Ich wollte die Zeichnung nicht haben, also drückte ich sie Aby wortlos in die Hand, die sie erfreut noch etwas verschönerte.

Zoe und Nelly saßen Aby und mir gegenüber, und diskutierten leise. Auch das war mir gar nicht aufgefallen, sie redeten wieder miteinander. Stumm hörte ich ihnen zu.

"Aber du könntest dich doch etwas mehr zurück nehmen!", zischte Zoe.

"Ich weiß wirklich nicht was du meinst. Ich bin nun mal verliebt und ich werde mich nicht verstecken!" Nelly warf unserem Lehrer schnell einen Blick zu.

"Als meine Freundin könnte man allerdings Rücksicht nehmen, gerade dann, wenn wir frisch getrennt sind, und ich noch darunter leide!" Zoe schien außer sich vor Wut. Ich verstand sie. Sie hatte noch viele gute Argumente vorzubringen, die sie am Liebsten Nelly ins Gesicht geschrien hätte.

"Zoe, ich kann nichts dafür! Liam hat mit dir Schluss gemacht, was soll ich denn da machen! Du solltest wirklich mal über deine Einstellung nachdenken", fauchte Nelly. Zoe starrte sie ungläubig an.

"Meine Einstellung?!" Sie sah kurz zum Lehrer und duckte sich. "Das könnte man dir auch sagen! Und noch mal, der Punkt ist nicht der, dass Liam Schluss gemacht hat, sondern der, wie asozial du dich mir gegenüber jetzt verhältst!"

Nelly ballte ihre Hände zu Fäusten. "Ich bin nicht asozial! Lerne doch einfach selbst mit deinen Problemen umzugehen, dann will vielleicht noch mal jemand mit dir zusammen sein!" Nelly wurde lauter, und ich wollte dazwischen gehen und sie warnen, doch Zoe war schneller.

"Wenn ich wollte könnte ich sofort einen neuen Freund haben! So viele Jungs wollen was von mir! Ich will jedoch nur den einen, und den kann ich nicht mehr haben und das akzeptiere ich ja auch! Aber dann sei nicht so scheiße mit mir!" Auch Zoe war nun relativ laut, Aby sah von ihrer Zeichnung auf. Ihre Augen scannten kurz die Situation, dann lehnte sie sich zurück und grinste wissend. Verständnislos sah ich sie an.

"Was?" Sie zuckte mit den Schultern. "Die schreien sich kurz an und dann ist eh alles vorbei!"

Diesmal wollte ich wirklich dazwischen gehen, doch jetzt war auch Nelly schneller. "Das zeigt mal wieder du wie undankbar du bist!" Sie sprang vom Stuhl auf, alle Augen waren nun auf Nelly und Zoe gerichtet. Auch die des Lehrers. "Dir liegt gar nichts an uns! Für dich sind doch nur Jungs wichtig! Du bist so oberflächlich!"

Zoe schnaubte. Zu meiner Erleichterung trat der Lehrer nun zu Nelly und sah sie fragend an. "Wenn es ein Problem gibt, dann klärt das bitte nach der Schule." Etwas leiser fügte er hinzu: "Vielleicht kannst du, Abigail, Nelly nach draußen begleiten, um sich ein wenig abzureagieren." Aby sprang nickend auf und folgte Nelly, die schon fast draußen war.

Liam selbst lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und zog Aby am Ärmel zurück. "Ging es um mich?", fragte er grinsend.

"Ja!" Aby lachte und Liam stimmte leise mit ein. Dann waren die beiden Freundinnen auch schon draußen auf dem Gang. Kopfschüttelnd drehte ich mich wieder zu Zoe. Diese saß grimmig auf ihrem Platz, den Blick auf dem Boden. Ich seufzte. Wieso konnten sie ihre Differenzen nicht einfach beseitigen? Wir hatten wirklich andere Probleme.

Nelly und Aby tauchten bis zum Unterrichtsende nicht mehr auf. Die letzten Minuten vor Schluss wurde ich wirklich unruhig. Auch Zoe sah immer wieder zur Tür.

Als es endlich gongte verließen Zoe und ich schnell das Klassenzimmer. Wie ließen unsere Taschen im Gang fallen und liefen wie selbstverständlich ins Sekretariat. Wir fragten nach Aby oder Nelly, doch auch hier waren sie anscheinend nicht. Zoe rannte fast die Treppe hinunter und riss die Tür auf. Schneeflocken wirbelten uns durch die Haare. Sie zückte ihr Handy und wählte Abys Nummer. Ich konnte Abys aufgewühlte Stimme selbst hören.

"Zoe! Ihr müsst schnell herkommen es ist etwas ganz komisches passiert!"

Das Geheimnis der grünen InselWo Geschichten leben. Entdecke jetzt