Wiedersehen || Jean x Marco

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Jean Kirschstein schlug die Augen auf.

»W-Was? Wo ist das Schlachtfeld?«

Der gerade noch kämpfende Soldat stand vom Boden auf und schaute sich verwirrt um.
D-Das war doch der Esssaal vom Trainingslager! Was war nur gerade passiert?

"Jean. Du bist da."

»Warte....was?«

Er blickte sich noch einmal um. Und tatsächlich...dort saß jemand.
Er war es.
Seine Sitzhaltung.
Sein Schatten.
Sein Lächeln.

"MARCO?!"

Jean war überwältigt von diesem erfreulichen Gefühl, dieser Wärme.
Marco war doch- oder etwa nicht?
Sein verstorbener, bester Freund lächelte ihn an.

"Hallo,Jean."

Der schwarzhaarige Junge stand von der Sitzbank auf und streckte ihm die Hand aus.

"Du hast bestimmt einige Fragen, also lass mich es erklären. Laufen wir ein Stück?"

Jeans braune Augen weiteten sich. Mit einer winzigen Verzögerung ging er auf Marco zu. Allerdings ignorierte er die ausgestreckte Hand, stattdessen umarmte er ihn stürmisch.

"Marco....du...."

Er flüsterte leise in die Schulter von ihm herein, er konnte es einfach nicht glauben. Es war genauso wie früher.
Der Esssaal.
Die unbequemen Bänke.
Die zerkratzen Tische.
Die Umarmungen.
An Marco hing immer noch derselbe Geruch wie früher.
Es war tatsächlich wie früher.

"Ich....ich dachte du wärst tot! Ich....Marco,VERDAMMT! Was ist hier los?!?"

Der totgeglaubte Soldat löste sich von der Umarmung.
Er wirkte nicht mehr so glücklich wie zuvor. Eher...traurig. Schmerzhaft.

"Jean, es ist nicht so, wie du glaubst zu denken. Können wir bitten ein bisschen laufen?"

Der um drei cm kleinere von Beiden bewegte sich jedoch nicht von der Stelle. Er musterte seinen besten Kumpel von oben bis unten, bis er schließlich nickte.

"Ja,jaa...erzähl."

Zusammen bewegten sie sich zur Tür, nach draußen. Wo der Trainingsplatz auf sie bereits wartete.
Marco fing an:

"Weißt du,irgendwie hab ich die Nahkampfstunden gemocht. Vor allem wenn ich mit dir zusammen arbeiten sollte."

Noch bevor Jean ihm antworten konnte, sprach sein bester Freund weiter.

"Du bist nicht der Einzige, der an diesen Ort gekommen ist. Vor dir waren beispielsweise Eren und Armin hier gewesen. Aber...sie sind wieder zurück, in deine Welt zurück. In die lebende Welt."

Die lebende Welt...

"Nur ich...bin hier. Schon lange."

Die Stimme des verstorbenen Soldaten wurde von Wort zu Wort leiser. Das Ende hauchte er nur. Aber Marco sammelte sich wieder und redete weiter.

"Jean, ich glaube, dass du auch gehen wirst. Nein, du MUSST wieder gehen. Du hast es nicht verdient, an so einen Ort auf ewig zu bleiben. Ich will dich kämpfen sehen, da draußen."

"Warum gehen wir dann nicht einfach zusammen von hier fort?"

Marco lächelte ihn kurz an. Seine Sommersprossen wirkten nicht so kraftvoll, wie sie es früher einmal waren. Vielleicht war doch nicht alles beim Gleichem geblieben.

"So geht das leider nicht. Ich denke nur die Lebenden können zurückkehren. Leute wie du, Eren oder Armin. Ich...ich bin aber tot."

Tot.

"Das ergibt doch gar keinen Sinn! Wir sollten es versuch-"

"Das habe ich doch schon", unterbrach Marco mit bemühter ruhiger Stimme. Doch trotzdem konnte Jean ein Zittern bei ihm ausmachen. Marco hatte Angst.
"Ich habe alles abgesucht, alles. Denkst du, dass wenn ich nicht einen Weg gefunden hätte, ihn nicht längst benutzt hätte, um wieder heim zu kehren? Ich bin hier gefangen, Jean. Und ich werde dafür sorgen, dass dir nicht dasselbe passieren wird."

Mit Tränen in den Augen schaute Jean Marco an. Die großen, glänzenden Augenpaare wirkten voller Trauer. Niemand hatte dieses Schicksal verdient. Vor allem nicht Marco.

"Ich lasse dich hier nicht in Stich! Ich meine, wir haben uns erst jetzt wieder getroffen! Ich kann doch nicht, nein ich will hier noch gar nicht weg!"

Jeans Worte wurden brennend wie Feuer. Er wurde wieder wütend. Er hatte seine Emotionen nicht unter Kontrolle. Sie flossen einfach hinaus, ohne irgendetwas zu beachten.

"Marco, ich werde  jetzt nicht verschwinden! Wie sollte ich auch, wenn der wichtigste Mensch in meinem Leben sich gerade hier befindet! Vergiss es! Lange genug habe ich alleine gekämpft. Ich bleib hier, bei dir!"

"Beruhig dich, Jean."

.
.
.
»Beruhig dich, Jean.«
»Beruhig dich, Jean.«
»Beruhig dich, Jean.«
.
.
.

Wie lange hatte er diese Worte nicht mehr gehört?

Marco war der Einzige gewesen, der ihn so beruhigen konnte. Mit genau dieser Wortwahl. Mit den Worten, die er gerade eben benutzt hatte.

Die Beine von Jean Kirschstein sackten zu Boden und Jean bemerkte abermals die sich bildeten Tränen. Er weinte um die vergangene Zeit. Um Marco. Ihm wurde bewusst, wie schrecklich er ihn vermisst hatte. Er verstand endlich den Schmerz, den er so lange gespürt hatte, der ihm manchmal den Atem geraubt hatte. Ein Schmerz, den Marco verursacht hatte.

"Marco...ich vermisse dich...jeden einzelnen Tag."

Da kam es wieder. Das traurige Lächeln.

"Ich bin doch immer da. Wann immer du kämpfst,ich bin dabei."

Sie schauten sich in die Augen. Laßen die darin abzulesenden Gefühle füreinander.

"Kämpfe weiter, okay?"

Mühselig nickte der Angesprochene.

"Kämpfe und überlebe."

Das darauffolgende Lachen war nicht traurig. Es schenkte Hoffnung und Aufmunterung. Die Verzweiflung verschwand innerhalb Sekunden.

"Okay, für dich."

Und von einem Moment zum Nächsten verschwamm die Sicht des Soldaten.
War es schon etwa so schnell soweit?

"Muss ich gehen? Marco?"

Auch Marco wirkte wie weit entfernt.
Verschwommen.

"Weiterkämpfen, Jean. Bitte, Jean, weiterkämpfen."

Weiterkämpfen, Jean.
Weiterkämpfen, Jean.
Weiterkämpfen, Jean, weiterkämpfen.

"JEAN! WEITERKÄMPFEN!"

Mit einem Ruck schlug er seine Augen auf. Armin beugte sich zu ihm, er hatte ihm gerade eine geklatscht.

"W-Was?"

"Jean! Den Mauern sei Dank! Wir müssen weg hier, schnell!"

Er war zurückgekehrt. In die lebende Welt. Und Marco...er war immer noch weg.

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AoT OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt