Obwohl es schon spät war, viel zu spät um einfach so angerufen zu werden, bimmelte Jeans Handy ununterbrochen. Das kleine Gerät blinkte, ohne auch nur eine Sekunde lang ruhig zu bleiben stetig auf.
Blink. Blink. Blink.
Es klang ganz stark danach, als ob jemand ganz viel Spaß hätte ihn zu ärgern. Er würde nicht nachschauen. Wer auch immer es war, er würde diese Person nicht siegen lassen, denn dafür war er nun mal viel zu ehrgeizig. Genervt (und ohne nachzuschauen, wer hier so spammte) drehte er sich auf seinem Bett um, die blau gestrichene Wand ansehend. In der Dunkelheit wirkte die Farbe jedoch beinahe schwarz, als marineblau. Doch die Benachrichtigungen hörten einfach nicht auf. Immer noch ertönte dieses störende 'Blink'.
Blink. Blink. Blink.
Selbst als er sein Kissen an seine Ohren drückte, vernahm er das gedämpfte Geklingel seines Handys.
Wer zum Teufel musste sich jetzt so höllisch aufspielen? Jean erinnerte sich an letzte Woche, als Sasha ihn die ganze Zeit Nachrichten geschickt hatte, da ihr Kühlschrank leer gewesen war und sie essen wollte. Warum sie ihn damit nerven musste blieb ihm bis heute ein Rätsel. Sasha hatte manchmal ihre Probleme. Doch dieses jetzige Klingeln machte ihn deutlich aggressiver als beim Vorfall von letzter Woche. Es war regelmäßiger. So, als würde jemand immer gleich viel Zeit brauchen, um seinen Text zu schreiben. Vielleicht war es wieder Sasha, nur das sie diesmal traurig war, weil ihr Essen ungenießbar war. Oder es war sein Kumpel Connie, der sich selbst gerne 'den ultimativen Prankking' nannte. Falls es dieser King sein sollte, dann würde er erst recht nicht ans Handy gehen.
Blink. Blink. Blink.
Jeder einzelner kontrollierter Faden in ihm drohte zu platzen. Er spürte die gewaltige Wut in sich. Er begann nicht nur die Person hinter den Nachrichten zu hassen, sondern auch sein an sich unschuldiges Handy.
Blink. Blink. Blink.
Es reichte ihm. Jean riss sich seine Bettdecke vom Körper und stand widerwillig auf. Das elektronische Gerät, das ihm alle Nerven raubte, lag auf seinem Schreibtisch, dass neben seinem Bett stand. Er hätte auch im Liegen danach greifen können, doch seine Wut hatte ihn endgültig wach gerüttelt. Mit einer Hand stützte Jean sich an der Tischkante ab, mit der anderen entsperrte er das Handy. Im Benachrichtigungsfeld hatte er die Nachrichten nicht lesen können, doch er hatte erfahren, dass Eren der nervtötende Täter war. Mit ganzen 108 Spammnachrichten.
»Was will der Mistkerl...?«
Schnell überflog er den geschickten Chat:
Eren:
Jan
Jen
Jaen
Daen
Baen
Haen
Klaen
Klean
Clean
Bean
Dean
Jean
Oh
Jeeeeeeeaaaaannnn
P
A
R
T
Y
Paetyyyy
Parzyyyyy
Partyyyy
Kommmmm
Onnnnn
Duzzzz
Duzuuu
Duuuuu
Allllllllllllleeeeeeiiiiinnnene
Frnejd
Freznnnt
Freunttt
Freundddddddd
Nixhtj alllleiiiinnenene
Nixhtj scsnrne
Nix schlafgen
Schlagen
Schlafen
Onnnnnnnnnnn
Jeqannnnnnn
Jeannnnnnnnnn
Pfe4d
Ferd
I jaaaaaaaaaaa
Ihaaaaaaaaaa
Pferdd
🐎
🐎
🐎
🐎
🐎
🐎
🐎
Pwrddddddd
Btttttweweee
Nix allleinn3
Alleineeee
Duuuuuuuu
Ichhhhhhhhhhhhh
Trinkennnnnnnnnnnnnn
Reineeerrrrrr nix da mer
Forhin
Daaaaaaaa
Jezzzz
Nix daaaaa
Alleineeeet
Dzzuz
Freunttt
Hilfeereew
Hejkekebheien
Jrkevejnrehjekuwkekej
Kekjeifkwjlkr
Jwijto2lgep3
Nkwleblpen1
Jeannnnn
Arscjj
Onnnnn
Kommmmm
Bpajhhhhhhh
Dzuuu
Spiel
Arsxh
Hhhjfkfkgch
Ich
Dann
Asaaaauzz
Habbabababahhah
Hehehehh3
Hivijihuj
Hicihihihi
Duuuuu
Macccchhsr
Abbpsieht
Duuuuuu
Abewcbaunnnnnnn
Beummmmmm
Vammmmmm
Bammmmm
Biiiimmmsmmama
Duuuuu
Nerwwwu
J
E
A
N
N
Iii
Spppppöööztze
Hasen!!!!!
Er hätte ihn einfach ignorieren können, denn das Geschriebene war totaler Blödsinn. Doch Jean überkam ein mulmiges Gefühl. Wenn Eren getrunken hatte, sollte man ihn lieber nicht alleine lassen. Aus vorherige gesammelten Erfahrungen wusste der junge Mann, dass sein Rivale in so einem Zustand nicht viel mitbekam und tatsächlich die gesamte Welt auf den Kopf stellen konnte. Jedenfalls in seiner Umwelt. Sein Gewissen drängte ihn, ja fast schon zwang, ihn zu Eren zu fahren und ihn ruhig zu stellen. Die Müdigkeit war inzwischen komplett von ihm abgefallen. Und bis er wieder einschlafen würde, würde es viel zu lange dauern. Er hatte also nicht nur die Möglichkeit zu helfen (und eventuell Leben zu retten), sondern auch auf gewissenhafter Weise eine Pflicht dazu. Jean würde es also tun. Dem selbstmordgefährdeten Bastard großzügig Hilfe leisten. Mit einem Aufseufzen wählte er die Nummer von Eren, damit er schonmal wusste, wohin er mit seinem Wagen zu fahren hatte. Es klingelte nicht lange....
- "Ohhhhh, Jeanny ruft an! Hurra!"
Die lallende Stimme vom angetrunkenen Eren beunruhigte Jean zutiefst. Vom Text her hatte er entziffern können, dass Reiner große Schuld an dem Schlamassel trug.
Doch um Reiner musste er sich später kümmern. Was jetzt wichtig war, war...Eren.
"Eren, sag mir sofort, wo du steckst."
- "Du lässt mich nicht alleine, Jeanny! Dafür könnte ich dich küssen! Aber, ich darf nicht. Du weißt ja..."
Das letzte Wort flüsterte er mit einer Gruselstimme:
- "Levi."
Das Wichtigste war nun bloß nicht wütend zu werden. Also, Ruhe bewahren.
"Eren, schon verstanden."
»Du Arsch«, stellte er im Stillen am Ende des Satzes.
"Aber ich muss wissen, wo du steckst."
Um sicher zu gehen, eine gescheite Antwort zu bekommen, fügte er hinzu:
"Zum Feiern und so..."
Eren biss an. Ein Gepolter war aus der Leitung zu hören, bis der junge Mann losjubelte:
- "Yeeeessss! Jeanny, ich bin zu Hause. Du weißt ja wo! Also komm her und lass mich ja nicht hängen!"
Ohne ein weiteres Wort legte Jean augenverdrehend auf. Er hatte es geschafft. Jetzt musste er zum nächsten Schritt schreiten. Sicherstellen, dass Eren nichts Dummes anstellte.
.
.
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Ungeduldig hämmerte Jean an der Tür zu Erens Studentenwohnung.
"Eren, ich bin es, Jean. Mach auf!"
Er hörte, wie es innen polterte. Der Junge, der sich drinnen befand, fluchte laut los und tauchte schließlich vor der Tür auf.
"Meine Gummistiefel hassen mich..."
Eren sah nicht gerade gut aus an diesem Abend. Seine Gesicht war blass und die grünen Augen waren fast nicht zu sehen, da seine Pupille sich extrem geweitet hatte. Sein braunes Haar klebte durch seinem Schweiß auf seiner Kopfhaut. Er sah nicht aus, wie ein Student, der gerne feierte. Eher wie ein Drogenabhängiger, der zu wenig Sonnenlicht im Leben gesehen hatte
Doch als er seinem Studentenkumpel ansah, hellte sich seine Miene sofort auf.
"Hey, Jeanny ist da! Hurra! Hurra! Komm rein, Kumpel!"
Jean musste sich arg bemühen, um ihn nicht eine rein zu hauen.
Ruhe bewahren, nur die Ruhe bewahren.
"Eren....ich hab ne bessere Idee. Wir könnten zu mir ja gehen..."
Natürlich musste Eren dazwischen reden.
"W-Was? Ich bin doch noch nicht so weit! Ich brauche mehr Zeit, Jeanny!"
"Ich mein es nicht so, Eren. Ich...hab nur mehr Zeug zum Trinken, verstehst du?"
Sofort war der Angesprochene Feuer und Flamme. Seine Augen wirkten wieder normal als er Jeans Hand nahm und ihn zum Auto zog. Schnell korrigierte Jean die Richtung und brachte Eren zu seiner eigenen Karre.
"Nehmen wir doch mein Auto."
.
.
.
Eren wurde kein bisschen mehr müde. Sofort nachdem sie angekommen waren, bewegte er sich in die Küche.
"Jeanny! Wo ist denn das Zeug, dass du hast?"
Jean hatte sich während der anstrengenden Autofahrt einen Plan zurechtgelegt. Mit einer möglichst ruhigen Stimme rief er Eren zu:
"In meinem Zimmer, Eren! Schau dort nach!"
Keine Sekunde später ging der angetrunkene Eren zu seinem Schlafzimmer aka Lernzimmer.
Leise, um ja nicht bemerkt zu werden, folgte Jean ihm auf Zehenspitzen.
»Drei...«
»Zwei...«
»Eins...«
"Jeanny, ich sehe hier gar nichts, wieso ist dein Zimmer so dunkel?"
Wumm.
"W-Was? Jeanny, mach die Tür auf!"
Der Türknauf zitterte unter dem Rütteln auf der anderen Seite, in der Eren nun eingesperrt war. Kurz dachte Jean, dass die Tür aufspringen würde, durch die Gewalt seines Gefangenen.
"Eren, leg dich ins Bett und schlafe ein wenig. Morgen schmeiß ich dich sofort raus."
"Jeanny!"
"Hör auf mich so zu nennen. Und jetzt los, geh ins Bett. In mein Bett."
Patzig antworte der wie ein Verbrecher behandelte Eren:
"Ich denke nicht dran. Du bist so gemein, Jeanny!"
Auch wenn es Eren nicht sah, zuckte 'Jeanny' gleichgültig mit den Schultern.
"Dir Tür bleibt zu, also halt bis zum Morgen durch. Ich schaue später nach dir."
Jetzt wo Eren sicher verwahrt in seinem eigenen Raum hockte, konnte Jean erleichtert aufatmen. Das Wichtigste war erledigt. Wie es seinem Rivalen erging war ihm nun völlig egal. Langsam machte sich Jean auf den Weg ins Wohnzimmer, dass ihm für diese Nacht als Schlafplatz dienen würde. Gemächlich ging er seinen Korridor entlang, als die inzwischen verzweifelte Stimme Erens ihn umdrehen ließ. Der gefangene Junge hatte den Kampf zur Öffnung der verschlossenen Tür aufgegeben.
"Warte. Bitte."
Eren blieb erstaunlich ruhig. Entweder ließ die Wirkung des Alkohols langsam nach oder es war unglaublich gutes Schauspiel. Jean tippte eher auf den ersten Fall, denn für den zweiten war Eren im Allgemeinen zu unfähig. Natürlich war für Jean klar, dass er die Tür nicht einfach so öffnen würde. Doch der emotionsvolle Audruck in Erens Stimme machte ihn neugierig.
"Was willst du?"
Jean hatte sich mit dem Rücken an die Tür gelehnt um den Studenten besser hören zu können. Was er nicht wusst war, dass Eren in der genau gleichen Position auf der anderen Seite saß. Von seinem Platz aus hörte er Eren lauthals schlucken.
"Wieso tust du das?"
"Was genau?"
"Das hier. Mich einsperren."
Es hätte wütend klingen sollen, doch für ihn klang es eher akzeptierend. So, als würde er wissen, dass es keine schlechte Idee war ihn in einem Zimmer einzusperren.
Warum stellte er dann überhaupt die Frage? Jean tat das, was er immer machte. Was ihm schon immer gefallen hatte. Ohne Umschweife erzählte er Eren die Wahrheit:
"Wenn du mich durch deinen verdammten Nachrichten aufweckst und mir zu verstehen gibst, dass du nicht ganz klar im Kopf bist, dann hab ich eine gewisse Pflicht dich sicherzustellen."
"Du hättest alles ignorieren können."
Das brachte Jean zu einem aufrichtigen Lachen.
"Ach ja? Damit du die Welt bedrohst? Du weißt, was mit dir passiert, wenn du getrunken hast. Das letzte Mal warst du kurz davor eine Bank auszurauben. Natürlich musste ich etwas dagegen tun. Und stell dir nur mal vor, wenn Levi etwas herausgefunden hätte. Wir beide wären danach vollkommen am Arsch."
Auf Erens Seite blieb es still. Er schien nachzudenken.
"Jean, ich dachte nur Freunde helfen sich gegenseitig. Aber du hasst mich. Und ich hasse dich. Trotzdem hast du mir geholfen."
"Schätze mal, ich hasse dich nicht so sehr, wie du angenommen hast."
Eren gähnte ausgiebig. Ein Stein fiel Jean von Herzen, endlich würde sein nicht so verhasster Kumpel schlafen.
"Du Jean, ich finde dich korrekt. Wir denke, wir sind Freunde."
"Denkst du?"
Eine Antwort bekam er nicht mehr. Denn Eren war eingeschlafen. Ein kurzes Schnarchen war von der anderen Seite zu vernehmen.
Mehr zu sich, als zu Eren, murmelte er.
"Vielleicht hast du ja recht. Wir könnten Freunde sein..."
Er begab sich ins Wohnzimmer, um auch ein bisschen Schlaf abzubekommen. Und während er auf seiner Couch lag, dachte er an das vorher geführte Gespräch nach. Eren war so normal gewesen. Ja, an sich sogar sympathisch. Wie konnte es dann sein, dass sie sich gegenseitig so verabscheuen? Jean wusste nicht wieso, doch er beschloss von nun an mehr Verständnis für Erens Probleme zu zeigen. Der Typ war echt schwer in Ordnung. Und mit diesem Gedanken entglitt Jean der Realität und begab sich in eine erträumte Welt. Eine Welt, die nur er kannte.
.
.
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Am nächsten Tag, früh am Morgen, war es nicht der Wecker, der Jean aus seiner Traumwelt riss. Es war ein gedämpftes Gebrüll und lautes Gerüttel. Noch immer schlaftrunken taumelte der müde junge Mann zu seinem Zimmer.
"Tür auf, verdammt! Was soll das? Mach die behinderte Tür auf!"
Eren in seinem Element. Voll in Rage.
Mit einer schnellen Handbewegung entsperrte Jean seine Zimmertür und ließ Eren hinausstürmen.
"Jean, was zum Teufel soll das?"
Für ihn war die Situation mehr als belustigend. Eren schien sich an gar nichts mehr zu erinnern.
"Du kannst gleich gehen, Eren. Aber beantworte mir eine Sache."
Er bekam nur einen verständnislosen Blick zugeworfen.
"Würdest du sagen, wir sind Freunde?"
"Was? Niemals, du behinderte Pferdefresse!"
Jegliche Gedanken und Versprechungen von gestern waren vergessen. Nichts würde sich je bei ihnen ändern. Sie waren Eren und Jean, Rivalen bis zum Ende aller Tage.
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AoT Oneshots
FanfictionHier findet ihr verschiedene Szenarien, die sich rund um Attack On Titan drehen. Mal ein wenig ernstere Themen, aber auch oft genug weniger Ernst in den Oneshots. Da jedes Kapitel eine andere Geschichte erzählt, kann ich mehr auch nicht sagen. Vie...