EXOrcists

Showtime

Tao

Mein Blick wandert langsam durch die Halle des alten Fabrikgebäudes, in dem sich noch nichts rührt. Nach unserer Ankunft in Dongdaemun-gu haben wir gerade mal eine halbe Stunde gebraucht um es zu finden. Am Rande des Stadtbezirks steht das einzige Gebäude, das aussieht wie zum Abriss freigegeben. Von außen ist es eine schlichte Bruchbude, obwohl die Mauern noch vollständig sind. Zugegeben, sie sind nicht mehr so weiß wie sie wohl einmal waren, aber es gibt keine offensichtlichen Löcher oder ähnliches. Anscheinend hält Won Ils Gang sie halbwegs in Schuss. 

Von innen sieht die alte Fabrik auch nicht besser aus. Es scheint, als hätte man sie geplant ausgeräumt, hier stehen keine Maschinen mehr, die verschiedenen Hallen und Zimmer in den vier Stockwerken sind allesamt leer. Man kann nicht einmal mehr erkennen, was hier früher hergestellt wurde. Das einzige, was sich noch finden lässt, sind Scherben von zerbrochenen Fenstern, die niemand weggeräumt hat, und ab und zu einige Kisten. Kris und ich haben sie überprüft, aber sie enthalten nur Schrauben, ein paar kleinere metallische Bestandteile oder schlicht und einfach gar nichts. Die Leitern und Plattformen, mit denen man von einem Stockwerk zum anderen gelangen kann, sind zwar rostig und quietschen bei jedem Schritt, aber sie halten durchaus noch einen ausgewachsenen Mann aus. Vielleicht auch zwei, aber ich würde nicht zu viel riskieren. Auch das Dach hat eindeutig schon bessere Zeiten gesehen. Einige Löcher lassen den Regen durch, der sich in kleinen Pfützen auf dem Boden sammelt und diesen mit der Zeit aufgeweicht hat. Es war von Anfang an kein großes Projekt, die Erde, auf der ich stehe ist wortwörtlich nur Erde, ohne Kunststoffabdeckung oder ähnliches. Okay, momentan ist es matschige Erde, weil es erst heute Morgen geregnet hat. 

Regen und Sonne zusammen …

Ich ziehe leicht am Kragen meines Shirts, schon die ganze Zeit spüre ich den Schweiß unangenehm feucht an meinem Hals runter kriechen.

„Alles klar?“ Kris' tiefe Stimme klingt deutlich durch das Headset an meinem rechten Ohr. Auf unseren Missionen sprechen wir immer chinesisch miteinander. Es ist nicht so, als ob wir das absichtlich machen würden. Irgendwie hat es sich so ergeben und seit wir zufällig bemerkt haben das es auch als Geheimsprache wirkt, damit Koreanische Gegner uns nicht verstehen können; sollte es ihnen gelingen uns abzuhören, haben wir beschlossen das beizubehalten. Ich muss außerdem zugeben das ich es mag wenn Kris chinesisch spricht. Seine Stimme klingt dann weicher. Und wir fühlen uns einander näher, wenn wir unsere gemeinsame Muttersprache benutzen. Ich hebe leicht den Kopf und schaue an dem Berg Kisten, hinter dem ich mich verstecke, vorbei und zu Kris hoch, der am Geländer des ersten Stockwerks steht. Seine hohen Wangenknochen zeichnen grimmige Entschlossenheit in sein Gesicht. Als ich ein Knirschen von draußen höre, spüre ich, wie sich auch meine eigenen Gesichtszüge verhärten.

„Es kann losgehen“, flüstere ich. Es ist kaum mehr als ein Hauchen, aber Kris versteht und tritt einen Schritt zurück. Die Schatten scheinen geradezu auf ihn gewartet zu haben und hüllen ihn augenblicklich in Dunkelheit.

Ein letzter Blick auf meine Digitaluhr entlockt mir dann doch noch ein Lächeln.

23:00

Auf die Minute pünktlich …

Das Haupttor öffnet sich mit einem unangenehm lauten Quietschen. Die Schritte der Männer werden leiser, als sie von dem Asphalt auf die Erde treten. Ich wage es nicht, hinter den Kisten hervorzuschauen um sie zu zählen und die Erde verschluckt die Laute zu sehr um an Geräuschen viel festmachen zu können. „19 Mann. Nicht zu erkennen. Sind komplett in Schwarz gekleidet, verdecken alle ihre Gesichter mit Mützen und dunklen Tüchern.“ „Verstanden.“ Es hat schon einen Sinn, dass wir uns aufgeteilt haben. Kris beobachtet von oben, aus sicherer Entfernung die Szene, während ich, zum direkten Angriff bereit, unten postiert bin. Ich nehme an, dass es der Anführer Won Il ist, der jetzt seine Stimme erhebt. „Bringt ihn rein!“