Ein neuer Feind

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Kim Woo Bin

Gut gelaunt durchquere ich den langen Flur, der zum Büro meines Vaters führt. Wer hätte gedacht, dass mein heutiger Auftrag so einfach ist? Dieses mal musste ich niemanden töten. Es stand auch keine Erpressung, Folter oder ähnliches auf dem Programm. Nein, ich habe nur gefilmt. Habe zwar keine Ahnung, wieso, aber wenn mein Vater das will, wird es schon wichtig sein. Ich muss schon zugeben, dass ich von der „Show“, die ich vor ein paar Tagen miterleben durfte, ziemlich beeindruckt war und bin. Diese beiden Jungs hatten echt was drauf. Wie heißen sie nochmal? Tao und Kris? Auch das Teamwork war nicht schlecht.

Aber das liegt wohl zum Teil auch daran, dass die beiden sich sehr nahestehen. Der Schuss am Ende und Kris' Reaktion war schon sehr rührend.

„Woo Bin!“ Ohne Vorwarnung stürzt sich eine Gestalt auf mich. Lachend fange ich meinen Bruder auf und umarme ihn fest, bevor ich ihn wieder auf dem Boden absetze.

„Wir haben uns jetzt 'ne ganze Woche nicht gesehen. Bist du nicht froh, dass du zurück bist?“ Das klingt, als ob er hören will, dass ich ihn vermisst habe …

Meine Lippen verziehen sich zu einem Grinsen und ich wuschele ihm durch die Haare. Sie sind zwar nicht besonders lang, aber immer noch lang genug um meiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. „Natürlich bin ich froh. Ich bring das hier nur noch schnell zu Dad. Danach können wir zusammen trainieren gehen.“ Mein Bruder wirft einen Blick auf die Kamera in meiner Hand und nickt dann. „Mach das. Scheint 'ne dringende Angelegenheit zu sein, so plötzlich wie sie dich nach Korea geschickt haben. Bis gleich.“ Entspannt gehe ich weiter. Nach dieser überschwänglichen Begrüßung fühle ich mich wieder richtig zuhause. Am Ende des Flures angelangt klopfe ich gegen die große Tür, die aus dickem, milchigen Glas besteht. Ohne auf eine Antwort zu warten, die ich sowieso selten bekomme, stoße ich nachlässig die Tür auf und betrete das Büro.

„Ich bin wieder da, Dad.“ Mein Vater steht mit dem Rücken zu mir am Fenster, das die ganze rechte Wand einnimmt.

„Leg sie auf den Tisch und geh dich dann ausruhen.“

Noch bevor er zu Ende geredet hat, bin ich bereits vorgetreten und habe die Kamera auf den großen Holztisch gelegt, auf dem nur ein Laptop steht. Lautlos drehe ich mich um und verlasse wie gewünscht den Raum. Draußen steht überraschenderweise mein Bruder vor mir. Er lächelt leicht und legt einen Arm um meine Schultern. „Alles okay?“ Ist es okay, wenn unser Vater so gut wie gar nicht mit uns spricht und uns benutzt, um Aufträge von J auszuführen? Dem mysteriösen Vorgesetzten meines Vaters, den weder mein Bruder noch ich je gesehen haben?

Eigentlich nicht, aber was soll man da machen?

„Alles okay.“ Mein Bruder lächelt, aber das Lächeln erreicht seine Augen nicht. Er weiß, dass ich ihn anlüge. „Okay.“

 

Als Kim Woo Bin das Zimmer verlassen hat, tritt aus einem Hinterzimmer eine weitere Person zu seinem loyalsten Untergebenen. Gemächlich nimmt er sich die Kamera und betrachtet die Aufnahmen. „Das sind sie also ja?“

„Ja. Laut Schulregister sind Wu Yi Fan und Huang Zi Tao an einer Schule in Seoul angemeldet. Das Duo unter dem Namen EXO, welches du da siehst, arbeitet für die Seoul Polizei. Das ist natürlich strengstens geheim, aber unser Informant hat bestätigt, dass es Yi Fan und Zi Tao sind. Ich werde demnächst unseren Plan in die Tat umsetzten.“

Die Person legt den Kopf schief und wirft dem anderen einen Blick zu. „Das wäre alles nicht passiert, wenn du vor fünf Jahren deinen Job richtig erledigt hättest.“ Das ernste Gesicht der Person hellt sich ein wenig auf, als ein leichtes Lächeln um seine Mundwinkel spielt. „Aber eigentlich sollte ich dir dankbar sein. Ich denke, dass wir bei ihnen endlich die Lösung des Rätsels finden …“

„Das denke ich auch, J.“

EXOrcistsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt