Kapitel 56

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"Yasal hat heute den grauen und den weißen Klan zusammen gebracht, um zwei Lebensstränge miteinander zu verweben. Aus zwei Suchenden wird nun ein Paar, zwischen zwei gleichwertigen Klanen wird nunmehr ein familiäres Band gespannt!" beginnt Liorme die Trauung.

"Bei Yasal, dem großen Herrscher, beim grauen Fuchs der Gerechtigkeit und bei der lebensspendenden weißen Füchsin, symbolisieren die Bänder, die nun die beiden physisch verbinden, auch ihre Verbundenheit im emotionalen und vor allem im seelischen Sinn!" Fährt sie mit der Trauung fort.

Liorme führt ihre eigene Hand auf das grau-weiße Band, welches lose auf den nebeneinander liegenden Händen der bald Vermählten liegt. Daraufhin nimmt sie die Enden und bindet sie in einer Schleife zusammen die sie dreimal bindet. Die daraus resultierende Schleife ist ein Blumenstrauß. Alessia kann ihren Augen kaum trauen und merkt wie sich langsam Tränen in ihren Augen bilden. Dabei handelt es sich nicht um Tränen der Trauer, auch nicht um jene der Freude. Es sind Tränen der Wut, denn dieser Teil der Zeremonie sollte ihrer Mutter zustehen. Dann tritt Liorme wieder auf den Platz, an dem der Zeremonienmeister stehen sollte. 

"Aus zwei unabhängigen Familienwappen der Grauen und des Weißen, wird das der Grauen fortbestehen. Das der Weißen wird nun feierlich abgelegt und an mich übergeben!" erklärt Liorme überschwänglich. 

Alessia wird schlecht, fortan wird sie zwar als eine Heilerin angesehen, auch als rechte Tochter der weißen Füchsin, aber ihren Kindern wird der Weg erschwert dieselbe Laufbahn wie sie einzuschlagen. Außerdem geht sie stark davon aus, dass es nicht mehr lange dauert, bis man von der neu geformten Familie Kinder erwartet.
Alleine diese Vorstellung lässt ihr ganz flau im Magen werden. Ist sie dazu schon bereit?

Einige Diener der Grauen und Weißen tretten an Alessia heran. Sie nehmen eine ihrer eigenen Ketten ab und geben ihr eine neue. Alessia hebt den Arm nach außen. 

"Zur Erinnerung an die Herkunft der Mutter, empfängt die Braut einer Tätowierung des Lebens!" erklärt l
Liorme und schon spürt Alessia den ersten Schmerz unter der Haut. Ein kurzer Seitenblick von Alessia reicht um das Vorgehen zu begreifen: Ein Diener hält ein Tintenfass, ein anderer den Arm und ein dritter einen spitz zulaufenden Stock. Dieser wird in die Tinte getunkt und anschließend in Alessias Arm versenkt. Es geschieht leise, aber intensiv und schmerzhaft.

Die Prozedur dauert eine Weile, daher fährt Liorme fort. Sodann sind Geräusche des Schicke zu hören, als Liorme Alessias Kette übergeben wird, welche üblicherweise beiseite gelegt wird. Doch heute ist alles anders, als Liorme mit den Traditionen bricht und sich die Kette selbst umlegt.

Das Getuschel beginnt und im gleichen Moment schreit Alessia auf, da sie weder den Schmerz der Tätowierung will noch das Liorme die Kette ihrer Familie trägt. 

"Hat mich das Biest nur deshalb für diese Hochzeit ausgesucht, um meine Kette zu bekommen, die schon meiner Großmutter gehört hat?" fragte sie sich wutentbrannt, während der Schmerz ihre innere Wut weiter antreibt. 

"Ruhe bei der Trrauung!" fordert Liorme ruhig und gelassen ein. 

Das Gemurmel verstummt sofort und alle sind wieder fokusiert auf die drei, die vorne stehen. 

Liorme nimmt einen Zeremoniendolch, der reichlich mit Diamanten bestückt ist. Er ist handwerklich so gut gearbeitet, dass Alessia fast im gleichen Moment weiß, dass er wohl irgendwie gefunden oder gestohlen wurde. Einen kurzen Augenblick fragt sich die Braut, ob sie jemals ein Land sehen würde, in dem solche Dinge hergestellt werden würden. Doch die Frage schüttelt sie ab als Liorme den Dolch zu dem Band an Alessias Hand führt und feierlich die Bänder löst. Sodann kommen ein paar Jünglinge mit einem Eimer voll Schlacke. In diesen werden die Bänder, nachdem sie gelöst wurden, eingelegt und zum Trocknen gebracht. 

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