Kapitel 3

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Kapitel 3

Diese Nacht vergeht nicht so schnell wie die davor. Immer wieder wälze ich mich in meinem Bett hin und her, schaffe es aber einfach nicht, eine bequeme Liegeposition zu finden. Irgendwann gebe ich es auf, schalte meine Nachttischlampe ein, nehme mein Buch zur Hand und lese ein paar Kapitel weiter.

Erschrocken reiße ich die Augen auf und setze ich mich auf, als jemand an meiner Tür klopft. Ein Blick auf meinen Wecker verrät mir, dass es 11 Uhr vormittags ist. Also muss ich doch irgendwann eingeschlafen sein. Mein Magen ähnelt einer einsamen Wüste und das lässt er mich ordentlich spüren. Stöhnend erinnere ich mich wieder daran, dass jemand in mein Zimmer will. Zuerst denke ich schon, dass es sich um meinen Vater handelt, aber dann wird mir wieder bewusst, dass er seit zwei Tagen vermisst wird und Onkel George zu Besuch gekommen ist.

„Chloe? Kann ich reinkommen?“, fragt er vorsichtig durch das Holz, das uns von einander trennt.

„Ja“, gebe ich knapp zur Antwort und keine Sekunde später betritt er den Raum.

„Tut mir leid, falls du noch weiter schlafen wolltest, aber es ist bereits 11 Uhr.“ Soll das ein Grund sein, schon aufzustehen?

„Ist nicht tragisch“, versuche ich überzeugend zu sagen, aber wenn ich ehrlich bin, stört es mich extrem. Meine Schlafstörungen haben endlich nachgelassen und jetzt kann ich das nicht mal am Wochenende ausnützen, weil ich sowieso geweckt werde. „Ich mach mich noch schnell fertig, dann können wir gemeinsam frühstücken oder so. Du kannst dich schon mal in die Küche setzen“, meine ich und mache ihm damit mehr oder weniger klar, dass er aus meinem Zimmer verschwinden soll.

Als die Tür hinter ihm wieder ins Schloss fällt, lasse ich mich mit dem Gesicht nach unten auf meine Matratze fallen und seufze in meine Decke. Die Müdigkeit hat sich fast komplett verabschiedet, also könnte ich, selbst wenn ich noch so sehr wollte, jetzt nicht mehr einschlafen. Ich gebe diesen Gedanken auf, gehe zu meinem Schrank und suche mir bequeme Klamotten heraus. Schließlich ziehe ich mich um, frisiere mich und spaziere dann missmutig zu George hinaus.

„Gut geschlafen?“, fragt er mich während er in einer Zeitung blättert.

„Na ja, könnte besser gewesen sein. Du?“

„Geht mir ähnlich.“

Ich mache sofort einen Tee und nehme mir eine riesige Schüssel Müsli.

„Was willst du frühstücken?“, frage ich meinen Gegenüber, nachdem ich ebenfalls am Tisch Platz genommen habe.

„Nichts. Danke, aber ich esse morgens nie etwas. Allerdings könntest du einen Kaffee machen, wenn das keine Umstände macht.“ Er schenkt mir ein dankbares Lächeln, als ich erneut aufstehe und das Kaffeepulver aus dem Kasten hole.

Diese Leute, die in der Früh nichts essen, konnte ich noch nie so ganz verstehen. Wenn ich aufwache, ist das Erste, worauf ich mich freue, Frühstück. Okay, gestern ging es mir auch so, dass ich keinen Appetit hatte, aber das war etwas anderes. Nach ein paar Minuten sind mein Tee und sein Kaffee fertig und ich stelle zwei große Tassen auf den Tisch. Meine ist gelb und eine süße blaue Blume mit lachendem Gesicht ist darauf abgebildet, daneben eine Sprechblase, sodass die Blume „Hab einen schönen Tag!“ sagt. Ich fand sie schon immer irgendwie niedlich und Sophie hat sie mir mal geschenkt, also mag ich sie noch mehr. Georges Tasse hingegen ist einfach nur orange-braun gemustert. Gierig schlinge ich mehrere Löffel von meinem Müsli hinunter. Immerhin ist es eine Weile her, dass ich etwas gegessen habe, da schmeckt es gleich viel besser.

Während ich mit dem Essen beschäftigt bin, klingelt auf einmal Onkel Georges Handy. Ich werfe ihm einen flüchtigen Blick zu, kann aber in seinem Gesicht nicht erkennen, ob er froh, nervös oder neugierig auf den Anruf ist.

SternträumerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt