24|| bus rides

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„Ja. Warum?", frage ich und Lewis' Mutter lächelt mich nur warm an.
„Ich kenne diesen Jungen gut und er hatte doch nie so eine lange Beziehung wie mit dir."

Ich runzle die Stirn und mein Dad fängt an zu husten und hält sich seine Serviette vor den Mund.
Lewis neben mir kichert tonlos und seine Mom klopft meinem Dad auf den Rücken, der neben ihr am anderen Ende des Tisches sitzt.

-

Am Freitag vor dem Ball scheint die ganze Schule in Aufruhr wegen der anstehenden Veranstaltung zu sein.
Mein Freund läuft mit mir an der Hand durch die Menge an Schülern im Foyer, die sich kurzfristig noch dazu entscheiden haben, doch noch jemanden zum Ballkönig und zur Ballkönigin zu wählen.

„Samuel! Ich wollte nochmal mit dir reden!?", stelle ich fragend fest und Samuel dreht sich grinsend um. Sein Blick wandert zu seiner warmen Hand, die meine völlig umschließt, blickt mir dann in die Augen und er ruft über den Lärm der Menge: „Das holen wir nach, aber erst haben wir noch Physik, babe."

„Babe.", wiederhole ich lachend und sein Grinsen wird noch breiter. Dann dreht er sich um und zieht mich weiter hinter sich her. Ich starre auf meine Doc Martens und achte darauf, dass ich niemandem auf den Fuß trete, bis wir beim Physikraum angekommen sind und Samuel meine Hand loslässt.

Sofort ist sie wieder der Kälte des Naturwissenschaftstraktes ausgesetzt und ich stecke sie schnell in meine Hosentasche.
In den letzten Tagen ist es draußen immer dunkler und regnerischer geworden. In drei Wochen ist Halloween und ich bin schon fast drei Wochen mit Samuel zusammen.

Ich will auf eine gewisse Weise, dass unsere Fakebeziehung endet. Selbst kann ich mir nicht erklären warum, aber auf eine andere Weise will ich weiter so tun, als wäre ich seine Freundin und hinter dem Rücken aller versuchen Madison eifersüchtig zu machen und dazu noch herauszufinden wer mir den Liebesbrief geschrieben hat.

„Vee? Kommst du?", fragt Samuel plötzlich. Ich blinzle zu ihm hinauf und betrete schnell den Raum um mich dann auf meinen Platz neben Eugene zu setzen, der nur niedergeschlagen seinen Block anstarrt und einzelne Kästchen des Papiers mit einem schwarzen Gelmarker ausmalt.
Das kann nur eins bedeuten.

„Hat er Schluss gemacht?", frage ich entsetzt. Eugene seufzt hörbar und blickt zu mir herüber.
„Coole Jeans.", murmelt er.
„Du willst also nicht reden.", bemerke ich mit einem Blick auf meine hellblaue Mom Jeans, die ich schon lange besitze.

Schnell werfe ich Samuel, der auf der anderen Seite des Klassenraums, neben Emilio sitzt einen Seitenblick zu.
Er unterhält sich nur angeregt mit seinen Sitznachbarn. Stetig dieses verschmitzte, spitzbübische Grinsen aufgesetzt, als hätte er total den Durchblick.
Mein Fake- Freund fährt sich durch die dichten, dunkelbraunen Haare, die wie immer recht messy sind und verzieht sein Gesicht zu diesem verwirrten Blick, der dann zu mir wandert.
Schnell wende ich den Blick ab, grinse in mich hinein und wende mich dann wieder meinem besten Freund zu.

„Eugene. Es tut mir so leid.", er nickt und ich umarme ihn.
„Mir auch.", flüstert er leise.
„Aber nicht das mit Isaac. Sondern das mit Samuel."
„Was mit Samuel?!", frage ich entsetzt.
„Ist Samuel... hast du... was zur Hölle?!"
Mein bester Freund lacht lauthals los, verdreht dann lächelnd die Augen und sagt dann leise: „Vee. Ihr seid nicht mal in einer richtigen Beziehung und du stehst total auf ihn."

Die Augen verdrehend wende ich mich dem Stoff von letzter Stunde zu.
Plötzlich fahre ich zu Eugene herum.
„Du weißt von der Fake- Beziehung?!", zische ich und er kichert nur.
„Keine Sorge. Ich bin der einzige, der gute Schauspielkunst, die keine ist durchblicken kann. Kannst du ihm nicht einfach von deinen Gefühlen erzählen?"
Ich sehe Eugene an und schüttele lächelnd den Kopf.
„Du hast keine Ahnung."

-

Nach der Schule stehe ich im Bus, der total voll ist weil irgendwelche Sechstklässler sich entschlossen haben zum Diner Essen zu gehen und das hier der einzige Bus ist, der dort vorbei fährt.
Lauter Leute steigen ein, unter ihnen auch ein großer Junge mit dunkelblraunen, wuscheligen Haaren und einer College- Jacke.

Samuel quetscht sich durch den vollen Gang, wobei ihm ein paar sechstklässler böse Blicke zuwerfen. Er steht nun direkt vor mir und sagt nur: "Hi."
Der braunhaarige Junge hält sich an einem Halteriemen fest und ich sehe zu ihm hoch. Wir stehen dicht aneinander, würde ich also meinen Kopf vorneigen, würde er gegen seine Brust stoßen. Um diesen Gedanken zu verdrängen frage ich nur beiläufig: "seit wann fährst du mit diesen Bus... warum fährst du überhaupt Bus?"

Mein fake- freund grinst und antwortet: "Mein Auto ist in der Werkstatt und nebenbei mag ich es Bus zu fahren... wenn er nicht grade mit sechstklässlern vollgetopft ist." er wirft einen bösen Blick zu den kleinen Jungen und Mädchen, die ständig wenn der Bus ruckt fast gegen uns fallen. Zu viel Körperkontakt für meinen Geschmack, aber Samuels ist vertraut und irgendwie nicht unangenehm. ".. und ich fahre mit diesem Bus, weil du meintest, dass wir reden müssen."

Plötzlich bremst der Busfahrer scharf und ein Rucken geht durch die stehende Menge. ich falle gegen Samuel und er hält mich wohl instinktiv mit seinem freien Arm fest. "Nicht so stürmisch, Babe." ich löse mich knallrot von ihm und boxe ihm angesichts seines spielerischen Grinsens leicht gegen die Schulter.

„Ich bin also dein Babe. Das klingt echt bescheuert." „-Und das findest du gut." „Das hab ich nicht gesagt.", streite ich es ab. „Findest du es gut?" „ja- nein. Warte mal- ist das eine Fangfrage?!"

Samuel fängt lauthals an zu lachen und lässt mich los. Die Augen verdrehend blicke ich in sein breit grinsendes Gesicht, das er direkt wieder zu einem neutralen Gesichtsausdruck verzieht, als ich ihn böse ansehe.

„Wie läuft es denn mit Madison?", frage ich beiläufig und ziehe mein Handy aus meiner Jeans.
„Gar nicht. Du und ich sind ja zusammen.", antwortet er gespielt überrascht.
Ich werfe ihm ein gespielt böses ich trete dir gleich in den Arsch- Grinsen zu und er lacht: „Dieses Grinsen gefällt mir."

Die Augen verdrehend laufe ich auf einen freien Platz zu. Der Bus ist mittlerweile zur Hälfte geleert weil die Sechstklässler ausgestiegen sind.
Es ist etwas leiser, aber trotzdem hört nicht jeder die Gespräche der anderen.
Samuel setzt sich lässig auf den Sitz neben meinem und blickt mich abwartend an.
„Was?"
„Wir haben immer gesagt, dass wir reden und haben es nicht wirklich getan. Morgen ist der Ball und da dachte ich lieber spät als nie..."
„Ah.", ich setze mich gerade hin.

Wie soll ich das erklären?
Ich sehe in seine rehbraunen Augen und beobachte, wie sich seine Lippen erst kräuseln und dann zu seinem typischen Samuel- Grinsen verformen.
„Also... wie lange wollen wir...", ich senke die Stimme und komme mit meinem Gesicht ein wenig näher an Seines um sicher zu stellen, dass auch wirklich nur er hört, was ich zu sagen habe.

„...wie lange wollen wir das hier-", ich zeige mit dem Finger erst auf mich und dann auf ihn. „-noch durchziehen?" „Um ehrlich zu sein wollte ich das auch fragen.", gesteht er und lehnt sich in seinem Sitz zurück.
„Lass uns nach dem Ball Schluss machen. Wer den Brief geschrieben hat bekommen wir eh nicht heraus und dass du Madison jetzt auf dich aufmerksam und eifersüchtig gemacht hast ist klar.", sage ich und Samuel nickt langsam.

„Also ich finde unsere Beziehung eigentlich ganz lustig. Es macht Spaß mit dir so zu tun als ob." ich lache leise auf.
„Meine Eltern haben das mit dir wirklich geglaubt.", Samuel nickt. „Dein Cousin liebt mich- nicht der große, Miguel, aber der kleine." „Ja stimmt. Leo fand dich mega toll."
„Ich finde deine Familie sehr nett- abgesehen von deiner Großtante. Die ist echt schräg und hat eine Stimme wie eine kaputte Hupe. Die hat in ihrem Leben bestimmt schon viel Stoff geraucht."
Ich fange an zu lachen und werde dann wieder ernst. „Wahrscheinlich. Sie ist innerlich -glaub ich- ziemlich zerstört."

„Das ist bei meinem Onkel väterlicherseits auch so.", Samuel verzieht für einen kurzen Moment schmerzlich das Gesicht.
„Was...?" „Nichts. Nur mein Dad.", er presst die Lippen aufeinander und fährt sich nervös durch das dicke, verwuschelte Haar.
„Was ist mit deinem Dad?"
„Das ist eine komplizierte Geschichte..."

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