13|| his sister

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Einen Tag nachdem ich mich mit Giulia gestritten hab fahre ich zu Dad ins Krankenhaus.
Ich hole mir einen Kakao und betrete das Krankenzimmer.

„Hi, Dad.", mein Dad lächelt mich an und setzt sich auf.
Dann zuckt er zusammen, weil die Narbe an seiner Lippe beim Lächeln spannt.
„Hi, Vee. Wie war's in der Schule?"

Ich überlege. Heute Morgen haben Lewis und McKayla mich abgeholt und ich hatte sechs Stunden Unterricht. Dann bin ich mit Lewis zurück nach Hause gefahren. Sonst ist nicht wirklich was passiert.

„Wie immer.", antworte ich also und sehe mich im Zimmer um.
Tatsächlich ist hier nur das Krankenbett, ein Beistelltisch, zwei Stühle und Dad an seinem Tropf.

„Und was ist mit dir? Bekommst du auch mal Gesellschaft? Zimmergenossen sozusagen?", frage ich Dad, der nickt und antwortet: „Ja, ein kleines Mädchen, Liza. Sie hat Krebs. Sie war zwar nur vorübergehend mal hier, aber wir haben uns gut verstanden, also kommt sie ab und zu vorbei."

Ich nicke und frage: „Wie alt ist sie denn? Jünger als ich?" „Ja, ich glaub sie ist erst sieben oder so. Kein schönes Schicksal für so eine gute Seele."
Ich schlucke und muss an dad Bild von Eugene aus dem Kunstunterricht denken.

Es klopft an der Tür und kurz darauf wird sie geöffnet.
Eine Schwester lächelt uns zu und sagt: „Sie haben Besuch."
Ein kleines Mädchen und ein Junge in meinem Alter betreten den Raum.

Das Mädchen sieht exakt aus, wie das Mädchen auf Eugenes Bild und der Junge wie... wie Eugene.
„Eugene!", rufe ich und er sieht erst überrascht aus, dann lächelt er.
„Hey, Vee."

Dad und das kleine Mädchen sehen zu uns und ich erkläre: „Dad, das ist Eugene, ein guter Freund von mir.", dann wende ich mich dem kleinen Mädchen zu. „Hi, ich bin Vee und du?" sie lächelt und antwortet: „Liza. Eugenes Schwester."
Ich reiße die Augen auf und sehe zu Eugene, der nur traurig lächelt.

Schnell knie ich mich vor sie und nehme ihre zierliche Hand.
„Danke dass du bei meinem Dad bist wenn ich es nicht bin. Es beruhigt mich, dass er in so guten Händen ist." Lizas Augen leuchten und sie lächelt stolz.

„Können wir kurz reden?", fragt Eugene kleinlaut und wir gehen kurz vor die Tür.
„Warum hast du uns nie erzählt dass deine Schwester krebskrank ist?", frage ich ihn als wir uns auf zwei Stühle im Flur setzen. „Es hat sich nie ergeben. Erst wollte ich es nicht sagen und dann hab ich es nicht für nötig gehalten."

Ich sehe ihn an. „Sie ist das Mädchen auf meinem Lieblingsbild." er nickt.
„Sie sieht glücklich aus, Eugene."
Eugene holt tief Luft „Sie versucht jeden Moment zu leben als wäre es ihr letzter. Liza kann es noch schaffen. Ich weiß es."

„Ich glaub sie ist stark genug dafür."
„Genau wie du. Sie erinnert mich sehr oft an dich.", sagt er und ich lächle ein wenig.
„Wie geht es Lewis?", fragt Eugene plötzlich. „Lewis? Wieso Lewis?"

„Du stehst auf einen von diesen Jungs. Entweder Lewis, Jacob oder Samuel. Ich weiß nur noch nicht auf welchen."
„Tendenz?", frage ich als würde es mich nicht interessieren, wobei genau das Gegenteil der Fall ist.

„Lewis. Er sieht dich auch immer so an... da funkt es.", er grinst und sieht auf seine, in seinem Schoß gefalteten, Hände.
„Mhm." „Was?! Tut es das wirklich?!", fragt er aufgeregt und ich muss anfangen zu lachen.

„Nein, aber gut. Ich find ihn schon süß, aber es funkt nicht."
Eugene nickt fachmännisch.
„Dann Jacob. Der ist übertrieben nett zu dir und du springst drauf an, außerdem seid ihr Troy und Gabriel-"
„Ms Dunn, Mr Fitz Gerald. Sie kennen sich?", es ist dieser Kranken- Bruder.

„Gordon.", Eugene steht auf und Gordon lächelt höflich.
„Wir sind sowas wie beste Freunde.", erkläre ich und lege Eugene eine Hand auf die Schulter.
„Schön. Ich wollte grade ihren Vater darüber informieren, dass er schön früher raus kann."

Begeistert sehe ich zu Eugene.
„Das ist großartig. Wann?"
„In ein paar Tagen. Er muss dann aber zum Checken vorbeikommen."
Ich nicke. „Danke, Gordon."

Wir setzen uns wieder und Gordon betritt das Zimmer meines Dads.
„Erzähl jetzt einfach was zwischen dir und Jacob ist.", fordert Eugene mich auf.
„Nichts um ehrlich zu sein."

Er verdreht die Augen. „Und Samuel?" „Er ist nett und irgendwie witzig und charmant gleichzeitig."
„Und dieses Grinsen.", ergänzt Eugene schwärmerisch. „Ja.", stimme ich zu und dann merke ich, was ich grade tue.
„Ha!", triumphiert mein Freund und ich werde rot.

„Samuel ist schon toll aber nicht so."
Eugene grinst breit und sagt: „Das war bei Isaac und mir auch so, nur dass Issac eher der Lewis Typ ist und Lewis ist perfekt für dich. Außerdem ist er dein Nachbar und seine kleine Schwester liebt dich."

Ich grinse und stehe auf. „Wollen wir zurückgehen?", Eugene steht auf und folgt mir zurück in Dads Zimmer, wo er und Liza zusammen Mensch ärgere dich nicht spielen.
„Ich liebe dieses Spiel!", ruft der braunhaarige Junge neben mir und nimmt seine Schwester von Stuhl hoch, um sich selbst und sie dann auf seinen Schoß hin zu setzen.

Ich setze mich auf die Bettkante, auf der auch das Spielbrett liegt.
„Ich mag es weil ich oft gewinne. Ich hasse es aber auch, weil wenn ich verliere ärgere ich mich und- der Name dieses Spiels frustriert mich."

Dad lacht und Liza guckt mich mit großen Augen an.
„Wollen wir in einem Team spielen?"
Ich willige ein und zwei Stunden später steht es 6 zu 2 für uns.

Ich bringe Eugene nach Hause und fahre dann zu mir.
Es ist schon fast dunkel und die Straßenlaternen spenden gedämpftes Licht. Auf dem Weg zur Tür sehe ich Greg, der im Vorgarten der Khans eine Lichterkette in einem Baum anbringt.
Es ist merkwürdig, aber irgendwie fühlt es sich an, als würden die Khans schon Jahre neben uns wohnen.

„Hey, Greg!", rufe ich und gehe zum Zaun, der ihren Vorgarten von unserem abtrennt.
„Hey, Venus. Wie geht's?" „gut.", antworte ich und mustere die vielen, kleinen Glühbirnen die am Hauptkabel angeordnet sind.

„Das wird wunderschön aussehen, wenn es fertig ist.", versichere ich meinem Nachbarn, der mich dankbar anlächelt.
„Vielleicht sollten sie dort oben links noch ein bisschen Licht hinmachen, dann ist es gleichmäßig verteilt."

„Sie hat Recht, Dad.", meint eine Gestalt, die auf der Veranda sitzt.
„Hi, Vee.", Lewis lächelt mir zu.
„Hi. Und ähh... gute Nacht. Wir sehen uns Morgen, oder?" er nickt und als ich mich abwende kann ich sehen wie Greg Lewis einen vielsagenden Blick zuwirft.

-

Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen und mir Essen mit in mein Zimmer genommen habe, denke ich über die Situation gestern mit Giulia nach.

Irgendwie macht das alles keinen Sinn. Aber trotzdem bin ich so wütend auf sie.
Ich setze mich auf mein Bett und blicke die Birke im Nachbargarten an, die durch das Licht in meinem Zimmer, welches durchs Fenster auf sie fällt leicht beleuchtet wird.

Tatsächlich könnte ich das mit der Fake- Beziehung nochmal überdenken, schließlich habe ich doch irgendwie nichts mehr zu verlieren. Ob Giulia nun eifersüchtig ist oder nicht kümmert mich nach dieser Sache auch nicht mehr, außerdem will ich immer noch herausfinden, wer diesen Brief geschrieben hat.

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