20|| it's called a „fake date"

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Nach der Schule laufe ich zum Parkplatz, wo Samuel schon in seinem Jeep auf mich wartet.
„Hey, wie geht's Dunn?"
„Hey. Ganz gut.", sage ich und lächle ihn an.
Er setzt diesen Blick auf, den ich so sehr an ihm mag und lässt den Motor an.

„Hast du Hunger?", er konzentriert sich voll und ganz auf die Straße. Samuels Gesichtszüge sind angespannt und seine Haare zerstrubbelt und das sieht nur bei sehr wenigen Menschen gut aus...

„Ähh... ja.", antworte ich und schalte das Radio an.
„Fast Food?" „Aber immer. Kann ich mein Handy mit dem Radio verbinden?", frage ich und er nickt.
Schnell mache ich meine Oldies- Playlist an und kurz darauf schnippse ich im Takt von Wake me up before you go go von Wham! mit.

„Oh Gott, Dunn, du bist so weird.", bemerkt Samuel und klopft mit seinen Fingern auf das Lenkrad.
Wir hören dem Song zu bis ich umschalte.

„Ich liebe die Backstreet boys.", sage ich zu Samuel, der nur matt grinst.
„Schonmal was von Nsync gehört?" „Sicher, die sind fast noch besser."
Wir sind kurz still bis ich anfange das tell me why mitzusingen und Samuel auf einmal ain't nothing but a mistake singt. Leise, aber man kann es hören.

Begeistert singe ich weiter und drehe mich zu Samuel: „You are my fire. The one desire."
„Am I?", fragt er. Ich werde rot und singe einfach weiter.

Als wir beim McDonalds Drive in bestellen und durchfahren sieht die Dame an der Ausgabe und an als, wären wir irgendwelche abgespaceten Homies vom Mars.

Sie hat kurze dunkle Haare und einen grauen Ansatz. Ihre Haut sieht ziemlich rau und gealtert aus, wobei ich sie vom Gesicht her so mitte 50 einschätzen würde. Auf dem kleinen Namensschild, das an ihr ärmelloses, weißes Hemd gepinnt ist steht Brigitte Malkins. Wenn dieser Vorname nicht amerikanisch ist, dann weiß ich auch nicht.

„Ich mag eure Musik.", sagt sie nach einer kurzen Pause. Brigitte hat eine richtige Raucherstimme. Ich sehe vom Beifahrersitz aus, wie Samuel ihr zu grinst, dann das Essen entgegen nimmt und bezahlt. „Danke, Mrs Malkins.", sagt er verschmitzt und dreht Britney Spears If you seek Amy noch ein bisschen lauter.

„Tschüss!", rufe ich ihr zu und setze mein breitestes Lächeln auf. Sobald wir wegfahren kann ich im Rückspiegel erkennen wie Brigitte ihr trotziges Gesicht kurz verzieht- vermutlich ist es ein Lächeln-, etwas zu sich selbst murmelt und dann ihren Kopf schüttelt.

Samuel neben mir fängt lauthals an zu lachen.
„Hast du das grad gesehen. Sie hat gesagt: Solche Blagen.", er lacht weiter und ich stimme mit ein.

Wir fahren die Straße entlang und aus den Lautsprechern des Radios dröhnt true love von P!nk.
„Wie ironisch.", sage ich und mustere Samuels Profil. Seine Mundwinkel zucken nach oben und er fängt an in der Tonlage der Sängerin das Lied mitzusingen.

Als er aufhört atmet er schwer und sagt: „du hast recht."
Manchmal vergesse ich, dass es nur gespielt ist, einfach weil es Spaß mit ihm macht und er so ein Idiot ist. Ich hasse ihn und ich mag ihn.

„Wohin fahren wir eigentlich?", frage ich Samuel nach einer Weile und er grinst nur.
„Wir fahren ins Autokino. Wohin sonst?", verwirrt sehe ich ihn an.
„Ein unechtes Date? Wow, wer ist denn da, dem wir das vorspielen sollen?", frage ich und er zuckt mit den Schultern.

„Es ist ja kein Date. Wir gucken einen alten Film im Autokino und dann fahren wir ganz pünktlich zu deiner Grandma, damit du die Familienfeier um 18:00 Uhr nicht verpasst.", erklärt er und ich grinse.

-

Wir setzen uns auf die Ladefläche des Pick- Ups, den er fährt, der vermutlich seiner Mom gehört und lehnen uns an die Heckscheibe des Autos. Es ist schon 16:00 und es wird langsam dunkel, aber trotzdem ist es nicht kalt.
Dafür dass ein Autokino nicht die neueste Attraktion ist, ist es ziemlich voll.

„Seit wann hast du denn dieses Auto?", frage ich und atme tief die Abendluft ein.
„Es ist das von meinem Dad... Ich fahre es nur zu bestimmten Anlässen.", antwortet Samuel mit einem zufriedenen Grinsen und klopft auf die Ladefläche, als wäre das Auto sein altes Baby, das mit ihm schon allerlei Roadtrips und Verfolgungsjagden durchgestanden hätte.
Ich frage nicht weiter nach und wende meinen Blick zur Leinwand.

Sobald der Vorspann des Films anfängt weiß ich, welches er ist.
„Wusstest du, dass ich diesen Film kenne und liebe?!", frage ich Samuel überrascht und er schüttelt den Kopf.
„Ich weiß nur dass er lustig ist und die Jungs und Madison wissen, dass wir hier sind."

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. „Also gehen wir hier nur hin wegen Madison und den Jungs? Das wir hier sind falls sie wie durch ein Wunder auftauchen?" „Dunn, darum geht es doch- ich will Madison eifersüchtig machen und du willst herausfinden ob Lewis und Jacob wirklich eifersüchtig sind und dir vielleicht sogar sagen, dass sie den Brief geschrieben haben. Es läuft alles.", sagt er.

„Na gut. Ich dachte du wärst nett.", sage ich trotzig. „Bin ich doch, ich hätte es auch einfach sagen und es dann nicht tun können.", ich nicke. Ein Stück weit hat er recht.

Wir gucken also zusammen Die Hochzeit meines besten Freundes mit Julia Roberts und Cameron Diaz und er lacht tatsächlich mit. Am Anfang hätte ich fast gedacht, er fände es überhaupt nicht witzig, aber jetzt schon.
An der Stelle, an der der schwule Freund der Hauptperson- George- anfängt I say a little prayer von Aretha Franklin zu singen kann ich es nicht mehr zurückhalten. Leise summe ich mit und dann sehe ich zu Samuel herüber.

Sein Gesicht wird von dem Licht, welches die Leinwand zurück wirft angeleuchtet und er lächelt. Es ist kein Grinsen, es ist ein Lächeln, welches ich erst sehr selten an ihm gesehen habe.
Ein wunderschönes Lächeln.

Samuels Blick schweift ab und unsere Blicke treffen sich. Sein Lächeln wird noch breiter.

-

„Du musst jetzt dort um die Kurve.", erkläre ich und er biegt ab.
„Da. Jaja- jetzt abbiegen."
Samuel parkt sein Auto in der Einfahrt meiner Grandma.
„Es ist Punkt 18:00 Uhr. Perfekt."
„Mein Zeitgefühl ist eben toll."

Ich schüttele grinsend den Kopf. „Willst du mitkommen?", frage ich ihn und auf einmal hellt sich seine Miene auf. „Du willst dass ich mitkomme, Dunn?", ich verdrehe die Augen. „Was hab ich denn grad gesagt?" „Aber ich bin nicht eingeladen, das ist unhöflich.", Samuel legt den Kopf schräg.

„Wenn wir hier noch weiter rumlabern sind wir nicht mehr pünktlich. Komm' jetzt mit.", ich steige aus seinem Auto und knalle die Tür zu.
Samuel folgt mir und ich drücke auf den Klingelknopf meiner Grandma.

„Sie hassen es, wenn du über dich selbst redest. Meine Großtante ist die schlimmste.", die Tür wird langsam aufgemacht und das Gesicht meines Cousins taucht auf.
Er ist schon 18, verhält sich aber trotzdem manchmal wie ein kleiner Junge.

„Hi.", sagt er lässig, immer noch den Kopf durch den Türspalt gestreckt. „Hey.", ich reiße die Tür auf und umarme ihn.
„Das ist mein Freund, Samuel. Samuel, das ist mein Cousin, Miguel."

Die beiden grinsen sich kurz an und ich gehe durch den Flur ins Wohnzimmer, wo meine zwei Tanten, meine Großtante, mein Onkel und mein anderer Cousin auf den Sofas um den Wohnzimmertisch herum sitzen und sich unterhalten.

Ich begrüße alle und stelle Samuel vor, der mir einfach folgt und lächelt. Meine Mom wirft mir einen vielsagenden Blick zu, als ich ihn hinter mir her, in die Küche ziehe und kurz zurückschaue.

„Grandma!", rufe ich und meine Großmutter, die mit einer Schürze am Herd steht dreht sich um.
„Hallo Schätzchen.", sagt sie und umarmt mich. Meine Grandma ist einen Kopf kleiner als ich und ich kann hören wie Samuel hinter mir leise kichert.

„Granny, das ist Samuel, mein Freund.", sie reißt die Augen auf und checkt Samuel kritisch ab.
„Schön dich kennenzulernen.", sagt sie und umarmt Samuel auch, der überrascht zu mir schaut. Im Gegensatz zu mir, ist Samuel zwei Köpfe größer als meine Grandma und ich sehe weg, um nicht laut loszulachen.

Meine Granny löst sich von Samuel und tritt einen Schritt zurück, um uns zusammen zu betrachten.
„Das ist ja schön, dass ich dich mal kennenlerne, Samuel."

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