31|| i wrote it.

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Eine Woche später stehe ich gemeinsam mit Samuel, Lewis, Lory, Jacob und ein paar anderen vor Giulias und Emilios Haus und sehe dabei zu, wie sie das letzte Mal die Tür abschließen, bevor sie durch den Vorgarten auf uns zu laufen.
Emilio sieht bedrückt aus- fast traurig- und Giulia hat einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, von dem man nicht sagen kann ob er nun fröhlich oder traurig ist oder beides gleichzeitig.

Ich stehe zwischen Lory und Jacob und streiche mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich verliere Heute nicht nur den Jungen mit den Gummibärchen, der mal ein sehr guter Freund für mich gewesen ist und meine beste, zickige, aber liebenswerte Freundin, sondern auch das Gefühl ein zweites Zuhause oder zumindest einen Ort zu haben, wo ich mich genauso willkommen fühle wie Zuhause.

Jacob legt mir den Arm um die Schulter und Lory drückt meine Hand als Giulia auf uns zu gelaufen kommt.
Sie umarmt mich wortlos und drückt mich fest an sich.
„Hör auf zu weinen, Vee. Davon kriegst du Akne."
„Das ist doch gar nicht war.", nuschele ich in ihre Schulter und wische mir erneut die Tränen aus dem Gesicht.
„Wir schreiben und facetimen und... Vee, wir halten unsere Freundschaft aufrecht, hast du gehört? Du bist mir wichtig."
Das war wohl das netteste, was Giulia jemals in ihrem Leben von sich gegeben hat und ich nicke als wir uns voneinander lösen.

Die beiden Geschwister umarmen alle Umstehenden und als Emilio mich umarmt bin ich fast überwältigt. Ich hatte erwartet, dass es nur ein halbherziges Arme umeinander legen wird, weil er mich offensichtlicher Weise nicht mag, aber er drückt mich fest an sich und zwingt sich tatsächlich ein Lächeln auf als er mich loslässt.
„Bye.", murmelt er. Er nimmt plötzlich meine Hand und schiebt mir unauffällig einen Zettel zwischen die Finger, so dass es keiner um uns herum erkennen kann.
Dann dreht er sich um und geht mit seiner Schwester zum vollgepackten Auto, wo ihre Eltern bereits sitzen und warten.

„Ich werde die beiden echt vermissen.", seufzt Jacob neben mir und schließt sich den anderen an, die dem wegfahrenden Auto hinterher winken.
„Ich auch.", stimmen Samuel und ich gleichzeitig zu und ich drehe mich zu ihm um.
Seine Augen glänzen traurig, aber als sie meine treffen lächelt er kurz.

-

Nachdem wir Giulia und Emilio verabschiedet haben gehen wir alle in verschiedene Richtungen davon.
Lewis und die anderen Jungs müssen noch zum Training und Lory muss nach Hause, also bleiben nur noch Samuel und ich über.
Wir laufen schweigend die March- Street hinunter, in Richtung Supermarkt- Parkplatz, wo wir beide unsere Autos geparkt haben.

Es ist früher Abend und es wird kälter als ich erwartet hätte. Ich ziehe meine Jacke enger um mich.
„Willst du meine Jacke?", fragt Samuel plötzlich leise und bleibt wie angewurzelt stehen.
Ich schüttele nur den Kopf und laufe stumm weiter.
„Vee. Wir können nicht nach allem, was passiert ist aneinander vorbei leben und uns nicht aussprechen wegen der Sache auf dem Ball!", ruft er mir hinterher.
Samuel läuft plötzlich wieder neben mir.

Natürlich können wir das nicht.
Aber ich kann mich auch nicht einfach an ihn ran schmeißen, wenn er insgeheim auf Madison steht.
Trotzdem müssen wir reden.

„Du hast recht.", stelle ich fest und bleibe stehen.
Es fahren kaum Autos und die Umgebung ist so ausgestorben, dass man einfach mitten auf der Straße stehenbleiben kann.
Samuel seufzt und fährt sich durch die dunkelbraunen Haare.
„Wollen wir nicht lieber auf den Bürgersteig gehen?"
„Nein."
„Vee, ernsthaft?"
Ich verdrehe die Augen und ziehe ihn ein paar Meter weiter auf reine Straßeninsel zwischen den beiden Fahrstreifen.

„Vee, ich-" „Warte.", sage ich plötzlich. Der Zettel ist immer noch in meiner Jackentasche und ich kann nicht mehr warten ihn zu lesen.
„Was zur Hölle...?", Samuel starrt mich an, als ich das Stück Papier aus meiner Tasche ziehe und entfalte.
„Was ist das denn jetzt schon wieder?"

Venus,
Es tut mir leid, dass ich dir das hier erst so spät sage- zu spät, aber ich war zu feige und hab dich abgewiesen.
Es tut mir leid, dass ich dich immer weggestoßen habe, früher und letztens auch.
Du warst immer da, wegen Giulia und früher haben wir sogar zu dritt gespielt.
Es tut mir einfach nur leid, dass ich mich verhalten hab wie ein Arschloch und mich von dir abgewandt habe, einfach um meine Schüchternheit mit Verbitterung zu überspielen. Ich weiß, dass es falsch war.
Insgeheim mag ich dich nämlich. Also wirklich, wirklich.
Deswegen hab ich dir vor einem Monat, bei diesem beschissenen Spiel einen Brief geschrieben und dir meine Gefühle gestanden. Du hattest immer einen Platz in meinem Herzen, auch wenn ich scheiße zu dir war und es nicht wahr haben wollte, dass ich mich in die beste Freundin meiner Schwester verliebt habe.
Ich hab ihn geschrieben. Und das hat alles ins Rollen gebracht. Plötzlich bist du mit Samuel zusammen und Lewis und Jacob ringen nur so darum, Kontakt zu dir zu haben.
Ich hoffe, dass Samuel und du es trotz eurer Trennung hinbekommen- ihr verdient einander einfach. Ihr seid beide unglaublich gute Menschen und verdient einander.
Ich hoffe auch, dass wir uns irgendwann mal wieder sehen und über alles lachen können- vor allem über diesen peinlichen Brief hahaha.
Viel Glück.
- Emilio.

Ich halte die Luft an.
Emilio hat ihn geschrieben.
Er ist in mich verliebt- oder zumindest war er das.
Ich sehe zu Samuel hoch, der offensichtlich mitgelesen hat und mich mit großen Augen ansieht.
„Ich hatte keine Ahnung.", presst er hervor.
„Ich auch nicht.", ich muss angesichts seines überraschten Gesichts lachen.
„Heißt das, dass alles gut ist? Heißt das, dass sich jetzt alles erledigt hat?"

Samuel lächelt.
„Bevor du das sagen kannst, müssen wir reden."
Er holt tief Luft und mein Herz fängt an zu klopfen wie ein Presslufthammer.
„Vee. Das mit der Fake- Beziehung hat sich für mich dazu entwickelt, dass ich alles anders empfunden habe. Also was ich für dich empfinde... Ich hab einfach angefangen alles zu sehen, als wäre es echt und ich wollte einfach nur Bestätigung, als es nicht einseitig ist, als ich dich geküsst habe und es tut mir leid. Ich liebe dich."

Als wenn die Umgebung aus dem Tiefschlaf erwacht wäre weht der Wind wieder und die Blätter der Herbstbäume rascheln vor sich hin.
Samuel streicht mir eine lose Strähne hinters Ohr und atmet tief ein. Dann setzt er wieder sein Grinsen auf, das ich so sehr liebe.

Und dann sage ich, was ich mir nie hätte eingestehen können. „Ich liebe dich auch."
Er zieht mich an sich heran. Ich lege meine Hände in seinen Nacken und lege meine Lippen vorsichtig auf seine.

das war die kitschigste Stelle, die ich je in meinem Leben geschrieben habe omg. Ich werde dieses Buch hiermit auf on hold stellen, falls ich nochmal weiterschreiben will- aber trotzdem wäre das hier ein gutes Ende.
Wenn noch Fragen offen sind, stellt sie, oder sie sind einfach offen.
Danke fürs Lesen und Kommentieren und alles andere <3

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