1. Partner wider Willen

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,,Was hat sie sich nur dabei gedacht?"
Aufgebracht schob sich das junge Mädchen durch die Menschenmenge,die auf dem Gleis auf ihren Zug wartete, im Schlepptau zwei Jungen und ein Mädchen, alle drei in ihrem Alter. „Glaubt sie im ERNST, ich würde mich mit diesem Widerling freiwillig in einem Raum aufhalten? Ein GANZES Jahr lang?" Ihre Augen blitzen vor Zorn. Sie hielt mit enormem Tempo auf die Absperrung zu, die die Gleise 9 und 10 voneinander trennten. In letzter Sekunde riss sie der Schwarzhaarige zur Seite, sonst wäre sie unweigerlich in die Sperre gerannt.

„Was?!" Genervt riss sie sich von ihm los.
„Mine!" raunte Harry halblaut. „Alle Leute gucken schon nach dir. Du kannst doch nicht einfach so da durch rennen!" Schuldbewusst sah Hermine sich um.
Tatsächlich: Einige der Umstehenden starrten sie an, als wäre sie verückt geworden.

„Jetzt beruhig dich mal für einen Moment, damit wir zum Zug kommen." Ginny nahm ihre Freundin besänftigend in den Arm und zog sie mit sich, wieder auf die andere Seite der Absperrung. Hermines Nasenflügel bebten, doch sie zwang sich zur Ruhe, um nicht wieder aufzufallen.

Nach einigen Minuten hatte das Interesse der Neugierigen an ihr nachgelassen und die vier nahmen wieder Kurs auf, Richtung Abtrennung der Gleise. Ein kurzer Blick noch, ob auch kein Muggel hinsah, und sie traten geradewegs in die Sperre hinein - um sich einen Augenblick später auf Gleis 9 ¾ wieder zu finden, auf dem der Hogwarts-Express schon unter Dampf stand und auf seine Passagiere wartete.

„Ron, sag doch auch mal was dazu!" Hermine funkelte ihren Freund an, der mit einer Hand den Koffer zog und die andre tief in der Hosentasche vergraben hatte.

Mit verbissenem Gesicht kämpfte er sich an den Abteilen vorbei. „Was soll ich dazu noch sagen? Du weißt, dass ich alles andre als begeistert bin von der Aussicht, dass meine Freundin sich mit diesem...diesem... FRETTCHEN ein Jahr lang die Räume teilen soll." Abrupt blieb er stehen. „Am liebsten wär mir, du würdest das Amt ausschlagen, und das weißt du auch!"
"WAS?! Damit er sich noch mehr über mich lustig machen kann? Sagen kann, ich wär ein Feigling?" sagte Hermine energisch, und der Rothaarige rollte mit den Augen.

Diese Diskussion hatten sie in den vergangenen Wochen schon öfters geführt, jedes Mal mit demselben Ergebnis. Dabei hatte sie sich so gefreut, als sie den Brief der Schule bekam mit der Liste der Sachen, die sie für das nächste Schuljahr brauchte. Diesmal war neben dem üblichen Gerede ein persönliches Wort der Direktorin dabei. Sie teilte der jungen Frau mit, dass sie das kommende Schuljahr die Aufgabe der Schulsprecherin übertragen bekommen hatte.

Doch als Hermine las, wer neben ihr ebenfalls dieses Amt bekleiden sollte, blieb ihr der Atem weg. Seit diesem Tag regte sich die junge Hexe darüber auf. Sie verstand nicht, dass Professor McGonagall ihr so was antun konnte. Die Rektorin wusste genau, was sie ihr damit abverlangte. Hermine hatte eine Eule nach Hogwarts geschickt, und um eine Erklärung gebeten; die Antwort, die sie erhielt, war nicht wirklich aufschlussreich gewesen: sie solle sich bis zum ersten Schultag gedulden, dann würden alle ihre Fragen beantwortet werden.

Ron verfluchte seine ehemalige Hauslehrerin bereits zum X-ten Mal. Den Rest der Ferien war Hermine unausstehlich gewesen. Aber den Posten ablehnen? Nein, das ließ ihr Stolz nicht zu.  Während Harry, Ron und Ginny ihr Gepäck auf die Ablage wuchteten, stand Hermine in der Tür und sah den anderen sehnsuchtsvoll dabei zu.

Als Ginny endlich alles verstaut hatte, betrachtete sie ihre Freundin nachdenklich. „Sollen wir dich nicht doch begleiten?" fragte sie schließlich. Seufzend schüttelte die Braunhaarige den Kopf. Mit einem Blick auf ihren Freund antwortete sie schief grinsend: ,,Als Schulsprecherin kann ich wohl kaum dulden, dass jemand zum Mörder mutiert." Sie trat zu Ron und gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Er hat mich in all den Jahren nicht klein bekommen, und das schafft er auch im letzten nicht!" Aufmunternd blickte sie ihn an. Dabei war ihr selbst alles andere als heiter zumute. „Wehe, er guckt dich auch nur schief an! Dann sorg ich dafür, dass er bekommt, was das Zaubererministerium nicht auf die Reihe bekommen hat, das schwör ich!"

„Ich hab eher Angst um Malfoy." Feixte Harry und wuschelte sich den Pony ins Gesicht. Den hatte er sich wachsen lassen, um nicht ständig der Narbe wegen angestarrt zu werden. Die war zwar seit dem Sturz Voldemorts immer mehr verblasst, aber es war pure Gewohnheit des Schwarzhaarigen, sie immer verdecken zu wollen. Ginny kicherte, und selbst Ron konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Mit einem letzten wehmütigen Blick schnappte Hermine sich ihre Sachen, verließ ihre Freunde und machte sich auf den Weg zum Abteil der Schulsprecher. Dort angekommen, zupfte sie sich ihre Uniform zurecht, straffte die Schultern und zog die Tür auf.„Welche Schande!" Auf einem der Sitze hatte es sich bereits ihr Schulsprecherpartner bequem gemacht, setzte sich aber direkt auf und ordentlich hin, als sie das Abteil betrat. „Jetzt muss ich mich ja doch benehmen - in Gegenwart einer Lady." Das letzte Wort betonte der blonde Mann auf eine Weise, die Hermine einen Moment stutzen ließ. Wäre es verächtlich oder bösartig gesprochen worden, hätte sie nicht weiter darauf geachtet. Das war sie gewohnt. Doch er hatte es tatsächlich gesagt, als würde er genau das meinen, was das Wort eigentlich bedeutete. „Malfoy!" begrüßte sie ihn schließlich mit einem Kopfnicken, trat ein und schloss die Tür. Nachdem sie ihr Gepäck ins Netz gewuchtet hatte, zog sie aus ihrer Handtasche ein Buch, setzte sich und begann, darin zu lesen, ohne den Slytherin noch einmal beachtet zu haben.

 Love againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt