21. Handlungsunfähig

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Je näher der Schulabschluss und somit auch die Hochzeit rückte, umso mehr machte Pansy der Schulsprecherin das Leben schwer. Sie setzte alles daran, Hermine schlecht zu machen, setzte Gerüchte über sie in die Welt, die allmählich auf fruchtbaren Boden fielen. Pansy hatte angenommen, dass Hermine für Draco nur ein Techtelmechtel sei; nie im Leben wäre sie auf den Gedanken gekommen, er könne mehr in ihr sehen als noch schnell eine Liebschaft vor der Ehe.

Dementsprechend hatte sie zu Anfang nur ein müdes Lächeln für die beiden übrig gehabt. Als die Beziehung dann doch länger anhielt, wurde sie allmählich nervös. Pansy schrieb daher einen Brief an ihre Mutter, um ihr ihr Leid und ihre Befürchtungen mitzuteilen, was Mrs. Parkinson dazu veranlasste, Malfoy Manor einen Besuch abzustatten. Theatralisch berichtete sie Lucius über die Verfehlungen seines Sohnes und beschwor ihn, dafür zu sorgen, dass Draco die Ehre ihrer Tochter nicht länger in den Schmutz zog. „Wie sieht das denn aus, wenn der zukünftige Ehemann mit einer Anderen, noch dazu einem Schlammblut liiert ist?“ Lucius war natürlich ebenfalls empört gewesen, was wiederum Pansy erfreute.

Es war eben Verlass auf den Hass des alten Malfoys, dachte sie damals. Als am zweiten Weihnachtsfeiertag die elegante Eule der alteingesessenen Familie einen Brief von Lucius brachte, in dem stand, er habe seinem Sohn klar und deutlich zu verstehen gegeben, was er von ihm in Zukunft erwarte, wähnte Pansy sich nun schon am Ziel ihrer Träume. Sie wählte ihr Verlobungskleid mit Bedacht aus und freute sich unbändig auf den Silvesterabend, an dem sie offiziell zur Verlobten von Draco Malfoy werden sollte.

Draco… So lange sie sich zurück erinnern konnte, hatten ihre Eltern ihr immer von ihm vorgeschwärmt, die beiden zusammen gebracht, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Später, als Pansy dann älter war und wusste, was es hieß, verheiratet zu sein, hatten sie ihr nebenbei erklärt, dass sie einmal Draco's Frau werden würde. Sie hatte schon damals ihr Herz an den blonden Jungen verloren gehabt, daher war diese Eröffnung für sie das schönste Geschenk, dass ihr hatte gemacht werden können.

Ihr Leben drehte sich von nun an nur noch um Draco, darum, ihm zu gefallen und jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Dass er ihr nicht dieselben Gefühle entgegen brachte, wie sie für ihn hegte, störte sie nicht. Sie wusste, dass Liebe wachsen konnte; dass auch Vernunftehen durchaus glücklich werden konnten. Daher setzte das junge Mädchen alles daran, um Draco für sich zu gewinnen. Dass ausgerechnet Hermine Granger ihr auf die letzten Meter den Platz streitig machen wollte, war das absolut lächerlichste, was ihr je untergekommen war. Nachdem Malfoy Senior seinem Sohn den Kopf gewaschen hatte, konnte nichts mehr schief gehen – dachte sie.

Der letzte Tag des Jahres entpuppte sich als der schlimmste, den Pansy je hatte. Alles, was Rang und Namen hatte, war anwesend. Auf der Einladungskarte prangte in großen Lettern, dass die Familien Malfoy und Parkinson an diesem Abend eine erfreuliche Mitteilung zu machen hatten, und jeder, der in diesen Kreisen verkehrte, wusste in dem Moment bereits, was Sache war.
Doch zu ihrem Entsetzen ließ Draco sich entschuldigen.

Offiziell war er kurzfristig unpässlich geworden, doch die mitleidigen Blicke, die man ihr den Rest des Abends zuwarf, zeugten davon, dass niemand diese Ausrede glaubte. Tief gedemütigt hatte Pansy kurz nach Mitternacht das Fest verlassen, sich an diesem Abend in den Schlaf geheult und geschworen, dass sie es Draco und diesem Schlammblut heimzahlen würde.

Das junge Mädchen hatte geahnt, dass Granger nicht von der Verlobung wusste; bei deren Gerechtigkeitssinn, so dachte Pansy, würde sie wohl ziemlich schnell mit ihm Schluss machen. Daher sorgte sie dafür, dass diese kleine Information an die richtigen Leute geriet und stellte kurz darauf befriedigt fest, dass ihre Rechnung aufgegangen war. Wie erwartet zeigte Hermine Draco die kalte Schulter.

Einige Wochen ging es so weiter, doch dann merkte Pansy, dass die zwei längst nicht mehr so niedergeschlagen und deprimiert waren wie noch einige Tage zuvor. Frustriert begann sie daher nun, ihre Rivalin zu triezen, wo sie nur konnte. Sie beschloss, einen Keil zwischen die beiden zu treiben, koste es, was es wolle. Wie sie es anstellen sollte, wusste sie allerdings nicht; für mehr als kleine Beleidigungen reichten die Gelegenheiten nicht, die sie mit Hermine aufeinander traf – bis ihr eines Tages der Zufall zur Hilfe kam.

Da das Haus Slytherin, bedingt durch die Verluste des Kampfes, in diesem Schuljahr nur spärlich besetzt war an Schülern, hatte man wiederum Pansy zur Vetrauensschülerin ernannt. Bedingt durch diesen Umstand benutzte sie dieselben Örtlichkeiten wie Hermine, war ihr bisher allerdings nie dort begegnet, da diese meist das eigene Bad benutzte. An diesem Tag jedoch betrat Pansy das Bad der Vertrauensschüler und staunte nicht schlecht, Hermine am Waschbecken stehen und sich die Hände waschen zu sehen.

Wie immer trug die Schulsprecherin ihren Zauberstab im Hosenbund; dadurch, dass sie den Umhang ausgezogen hatte, war er unübersehbar. Einer inneren Eingebung folgend huschte Pansy leise zu Hermine und entwendete ihr ihren Zauberstab. Mit einem empörten Aufschrei drehte diese sich um. „Was soll das?“ keifte sie und stemmte die Hände in die Hüften. „Gib mir sofort meinen Zauberstab zurück!“

Pansy schnalzte mit der Zunge. „Tse,tse… wer wird denn da so unhöflich werden?“ Lässig ging sie zu Tür, schloss sie und grinste Hermine dabei hinterhältig an. „Was willst du, Parkinson?“ Langsam verlor Hermine die Geduld, doch Pansy ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie lehnte sich gegen die Tür und musterte ihr Gegenüber abschätzig. „Tja, was will ich eigentlich?“ stellte sie eine Gegenfrage, tippte sich mit ihrem Zauberstab an die Lippen, um ihre Überlegenheit zu demonstrieren und tat, als würde sie scharf nachdenken.

Dann hellte sich ihr Gesicht auf. „Wie wäre es für's erste, wenn du dich deiner Situation entsprechend benehmen würdest?“ Hermine schnappte nach Luft. „Du spinnst doch!“ Pansy legte den Kopf schief. „Nicht?“ Dann muss ich wohl nachhelfen.“ Bltzschnell richtete sie den Zauberstab auf sie. „PETRIFICUS TOTALUS!“ Steif wie ein Brett kippte Hermine nach hinten, und Pansy konnte gerade noch verhindern, dass sie mit dem Kopf an die Becken knallte. Ruppig stellte sie die bewegungsunfähige Schülerin an die Wand. „Nicht, dass ich mich noch wegen Körperverletzung verantworten muss.“ Erklärte sie gehässig, während Hermines Augen unsicher flackerten.

Mit verschränkten Armen stellte sich Pansy nun vor sie. „So ist's schon besser. Wo waren wir stehen geblieben?“ Sie machte eine Pause. „Achja…du wolltest wissen, was ich von dir will. Na, ich glaub', du kannst dir schon denken, worum es hier geht, oder?“ Sie beobachtete Hermine genau, und als diese nicht reagierte, sondern sie nur mit aufgerissenen Augen anstarrte, hakte sie nochmal nach. „ODER?“

Jetzt senkte die Schulsprecherin die Augen, hielt sie kurz geschlossen und sah Pansy wieder an. „Na also, ich wusste doch, dass wir uns verstehen würden.“ Im Kopf der Slytherin überschlugen sich die Gedanken; fieberhaft überlegte sie, wie sie dieses Geschenk des Himmels am Besten nutzen sollte. Dann überzog ein diabolisches Grinsen ihr Gesicht. „Also, wir zwei haben folgendes Problem: Du bist mit Draco zusammen und sollst es nicht. Ich soll mit ihm zusammen kommen, kann aber nicht, weil du mir im Weg stehst.“ Sie sprach zu Hermine wie zu einem kleinen, trotzigen Kind, dem man geduldig erklären musste, warum es etwas nicht durfte.

„Dir ist ja klar, dass das kein Zustand ist, nicht?“ Sich langsam schließende Augen waren die Antwort. „Nein, wirklich nicht. Du bist ein verdammt hartnäckiges Weib, Granger, das steht mal fest. Freiwillig gibst du ihn sicherlich nicht frei, richtig?“ Auffordernd sah sie Hermine an, wartete auf Antwort, bekam aber keine. Pansy runzelte die Stirn. „Du willst dich nicht mit mir unterhalten? Okay, kein Problem, ich kenn die Antwort auch so. Und da ich mit meiner Vermutung richtig liege, muss ich halt dafür sorgen, dass du in Zukunft die Finger von ihm lässt.“

Mit Befriedigung sah sie die Angst im Blick der Schulsprecherin aufblitzen. „Aber nein, Granger, wo denkst du hin? Ich würde dir niemals etwas antun, glaub' mir. Draco würde mir den Rest meines Lebens zu Hölle machen.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung war die Vertrauensschülerin bei Hermine und stellte sich dich vor sie. Dann beugte sie sich zu ihr, bis sie ganz dicht am Ohr des verängstigten Mädchens war.

„Aber was will er machen, wenn das Mädchen, mit dem er zusammen ist, davon auf einmal überhaupt nichts mehr weiß? Wenn sie sich dumm stellt und ihn wieder hasst, wenn der Status  von vor einigen Monaten wieder hergestellt ist in ihrem Kopf?“ Die feinen Schweißperlen, die sich an Hermines Stirn bildeten und langsam herabrannen, ehe sie sich an ihrem Hals verloren, waren für Pansy eine unvorstellbare Genugtuung.

Langsam zog sie sich wieder zurück und machte einen Schritt rückwärts. Die Situation sichtlich genießend hob sie den Zauberstab. „Zeit, dich von Draco zu verabschieden und Malfoy wieder willkommen zu heißen – oder halt eben nicht.“ grinste Pansy boshaft. „OBLI –“
Weiter kam sie nicht, denn ein lautes „STUPOR“ ertönte, und Pansy fiel bewusstlos vornüber.

 Love againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt