Abschiedschaos

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Vor Aufregung kaum schlafend, stand ich besonders früh auf. Bereits in voller Reisemontur und mit meinen Waffen ausgestattet, ging ich in den Stall, in dem mich schon Ramira freudig wiehernd begrüßte. Während sie Ihre extra Portion Hafer kaute, striegelte ich sie intensiv. Meine Gedanken hingen in der Zukunft...  Was mir diese wohl bringen mag? Von einer wohlklingende, unverwechselbare Männerstimme wurde ich unterbrochen - Haldir stand vor Ramira und hatte mich anscheinend etwas gefragt. 

„Mhhhm?" war meine verlegene Reaktion. 

„Wolltest du dich gar nicht von mir verabschieden?" fragte er mich mit einem traurigen lächeln. Haldir war ein sehr guter Freund und mein Lehrmeister in Bogenschießen. Arwen brachte mir  den Nahkampf mit Kurzschwertern und Dolch bei.

„Ach Haldir, warum das lange Gesicht? Noch bin ich nicht weg. Glaubst du wirklich ich wäre ohne Abschied von euch gegangen?" „Nein eigentlich nicht." erwiderte er mit einem Lächeln. Trotz seines Lächeln verrieten seine Augen, dass er traurig war.

„Ich werde dich unglaublich vermissen Lenya!" Nach diesen Worten folgte eine sehr lange und innige Umarmung. Mein Griff lockerte sich bereits, doch er war noch nicht bereit dazu, mich loszulassen. Sanft drückte ich ihn von mir und schaute in seine goldenen Augen. Die Trauer wollte einfach nicht weichen. Für einen Moment schien es mir, als ob sein Gesicht mir näher kommen würde. Ehe ich darüber weiter nachdenken konnte, ertönte Vaters Stimme durch den Stall und schon war Haldir wieder ganz der Alte. 

„Tochter, du bist aber früh auf den Beinen. Bitte komm mit mir. Wir wollen noch einmal alle gemeinsam Frühstücken. Haldir kommst du auch?!" So gingen wir gemeinsam zum großen, steinern Tisch und aßen fröhlich lachend das Frühstück. Gandalf gesellte sich dazu und musterte mich aufmerksam.

„Bereit?"

„Bereit!" Gab ich mit vollem Enthusiasmus zur Antwort.

Unsere Pferde standen bereit auf dem Hof und auch alle, die sich von mir endgültig verabschieden wollten. Tränen vergoss ich nicht. In meinem unendlichen Optimismus ging ich fest davon aus, auf kurz oder lang alle wiederzusehen. Haldir stand bei Ramiras Kopf, bereit mir aufzuhelfen. Doch bevor ich aufsteigen konnte, hielt er meine Hand fest. 

„Warte!" 

Verdutzt verharrte ich abwartend in meiner Bewegung. Noch einmal wurde ich fest von Haldir umarmt. „Versprich mir auf dich gut aufzupassen und heil wiederzukommen!" sprach er in einem flehenden Ton. Bevor ich antworten konnte, legte er seine Lippen auf meine. Vollkommen überrascht und perplex lies ich es geschehen. Wärme durchflutete meinen Körper. Aus unerklärlichen Gründen genoss ich diesen sanften – hingebungsvollen Kuss. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns und das Letzte was ich zu ihm sagte: „Ich verspreche es." war so leise, dass wirklich nur er es hören konnte. Es zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht.

Elegant schwang ich mich nun in den Sattel. Ramira spürt meine Aufregung und warf einige male mit ihrem Kopf. Gandalf folgend galoppierten wir los. Ich spürte den Wind in meinen Haaren und mit jedem Meter, den wir uns von Bruchtal entfernten, fühlte ich mich befreiter und sorgloser wegen dem Gefühlschaos das Haldir bei mir hinterließ. 

Der Plan sah vor, innerhalb von wenigen Tagen im Auenland zu sein. Wir ritten im mäßigen Tempo, damit unsere Pferde sich nicht allzu sehr verausgaben, denn die Reise würde danach noch viel länger werden...

Während des Ritts lernte ich Gandalf seine bisherigen Abenteuer,  Geschichten und natürlich auch ihn selbst besser kennen. Es wurde nie langweilig. Auf meine Frage, wieso er ausgerechnet mich für diese Unternehmung auserwählte, bekam ich eine kurze Erläuterung gefolgt von einem Schulterzucken.

„Ich traf euren Vater und nach einer Weile erzählte er mir stolz von seiner abenteuerlustigen Tochter, die langsam flügge wird und die weite Welt erkunden wolle. Außerdem seid Ihr wohl geschickt in der Kampfkunst und wisst Euch zu verteidigen. Mein Bauchgefühl hat entschieden, Euch mit zu nehmen."

Fürs erste reichte mir die Antwort und im stolzen, aufrechten Sitz, ritten wir weiter zum Auenland .... zu Bilbo Beutlin.

Wenn Legolas stirbt, sterbe ich auch! (Legolas FF) - BeendetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt