Wir räumten die Sachen aus und immer wieder musste ich sie angucken. Es geschah ganz unbewusst, sie zog mich an. Und manchmal auch aus. Ich mochte beides. Plötzlich sah sie mir direkt in die Augen und mein Herz begann heftig zu schlagen. »Was ist?«, fragte sie und ihre Stimme hatte einen verführerischen Unterton, der mich völlig aus der Bahn warf. »Ich... ähm... also... nichts«, stotterte ich verlegen und hätte mir am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Sie kam auf mich zu und ich senkte den Blick. Sie nahm meine Hände und zog danach mit einer Hand sanft mein Kinn nach oben, sodass wir uns wieder ansahen. »Du bringst mich manchmal nur durcheinander, völlig aus dem Konzept, Julia Wagner«, flüsterte ich ihr leise zu. Sie lächelte. »Das war mein Ziel.« Dann küsste sie mich und Glück breitete sich in meinem gesamten Körper aus.
Als alle ausgeräumt hatten, trafen wir uns in der Lobby des Hostels. Wir hatten als Verpflegung nur Frühstück gebucht, deshalb würden wir die beiden Tage abends außerhalb essen. Aber das war überhaupt kein Problem, denn auf dem Weihnachtsmarkt gab es genug Möglichkeiten. Wir entschieden uns dafür, dass wir uns heute den Markt beim Alexanderplatz ansehen wollten. Also stiegen wir ihn die U-Bahn und fuhren los. Unterwegs redete ich mit Herrn Pohl, aber schon wieder erwischte ich mich dabei, wie ich immer wieder zu Julia sah. Sie war einfach wunderschön. Sie hatte das allerschönste Lachen und mir wurde warm um das Herz, wenn sie mich ansah.
Dann stiegen wir aus. Es war eisig kalt. Zum Glück hatte ich an meine Handschuhe gedacht. Die Klassen hatten sich entschieden, sich erst den Rummel anzusehen, den man hinter dem großen Kaufhaus »Alexa« fand. Einige Mädels wollten shoppen, aber ich ging mit zum Rummel runter. Wir überquerten die große und stark befahrene Kreuzung vor dem Einkaufszentrum und dann teilte sich die Gruppe auf. Julia blieb mit ihren Mädels in meiner Nähe. Wir gingen um das Gebäude herum. So viele Menschen waren unterwegs, das war echt verrückt. Mich rempelte jemand an und lief weiter. Ohne sich zu entschuldigen. Ich schüttelte den Kopf. Egal. Ich wollte den Tag genießen. Wir schlenderten über den Platz und vor dem Break Dancer blieben die Mädels und Jungs stehen.
»Lasst uns mitfahren«, meinte Richard aus der Parallelklasse. Die anderen stimmten freudig zu. Julia ergriff die Chance und fragte mich, ob ich mit ihr fahren würde. Die anderen hatten einen Partner, sie müsste sonst alleine fahren. Das war doch schon wieder ein Trick, dachte ich amüsiert, aber ließ mich überreden. Also saßen wir dicht zusammen in einer Gondel. Es war ein schönes Gefühl, ihr in der Öffentlichkeit so nah sein zu dürfen. Ich schloss die Augen und wollte den Moment einfangen, doch dann ging es plötzlich los. Ich riss sie wieder auf und konnte Julia lachen sehen. Erst drehten wir uns relativ langsam, doch dann wurden wir schneller. Ich griff nach Julias Hand, ganz unbewusst. Adrenalin wurde in meinem Körper ausgeschüttet und ich fühlte mich gut. Sie drückte meine Hand und ich grinste sie an. Dann war die Fahrt vorbei und wir stiegen aus.
Wir gingen noch weiter, doch dann wurde es langsam dunkel. Alle waren auch leicht durchgefroren. Zuvor hatten wir einen Treffpunkt vereinbart, an dem wir uns kurze Zeit später trafen. »Ich würde sagen, wir essen jetzt alle etwas und danach trinken wir noch einen Glühwein«, schlug Herr Pohl vor und erntete dafür Jubel. Ich aß ein Fladenbrot mit heißem Schafskäse. Es schmeckte ausgezeichnet. Und der Glühwein wärmte mich ein wenig. Da alle Schüler über 18 Jahre alt waren, durften sie bleiben und später ins Hostel kommen. Herr Pohl blieb trotzdem bei der Gruppe, aber mir war kalt. Ich wollte zurück. Ins Warme. Aber tatsächlich wollten alle noch bleiben. »Frau Melling, ich würde Sie gern begleiten. Ich habe Kopfschmerzen«, meinte Julia und verzog leicht das Gesicht. Ich nickte ihr zu und wir verabschiedeten uns. Als die anderen nicht mehr in der Nähe waren, boxte ich ihr leicht gegen den Oberarm. »Du kannst ganz schön gut lügen«, meinte ich lachend und sie stimmte mir zu. »Ich wollte die Gelegenheit nutzen und noch etwas Zweisamkeit mit dir haben. Willst du zurück ins Hostel? Oder wollen wir noch etwas trinken gehen?« Ich überlegte. Ja, warum eigentlich nicht? »Wir gehen noch etwas trinken. Nur wo?«, fragte ich sie und sie zog die Augenbrauen nach oben. »Nele, wir sind hier in Berlin. Hier gibt es Bars wie Sand am Meer.«
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Sturzflug ins Herz || txs
Romance»Ich glaube, ich bin verliebt.« Meine beste Freundin Luisa sah mich mit ausdrucksloser Miene an. »Nele, das ist doch wunderbar. Gibt es doch endlich wieder einen Mann an deiner Seite?« Wortlos schüttelte ich den Kopf und in ihrem Blick erkannte ich...