Kapitel 35

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Einige Monate später...

»Julia, kannst du bitte das Wasser aus dem Kühlschrank mitbringen?«, rief ich vom Balkon aus in die Wohnung und schloss die Augen. Ich war glücklich. Glücklich, weil Julia und ich endlich ein offizielles Paar waren. Alle wussten Bescheid. Niemand hatte ein Problem damit. Wir mussten uns nicht mehr verstecken.

Die Sonne schien mir ins Gesicht und ich atmete tief durch. Ein Lächeln breitete sich in meinem Gesicht aus. Frau Jühlich hatte mich im April eingearbeitet und es verlief alles wunderbar und nach Plan. Sie war sehr zufrieden mit mir und konnte mir mit ruhigem Gewissen die Leitung übertragen.

Der Anfang war sehr schwer für Julia und mich. Es war eine Umstellung und sie hatte diese auch etwas unterschätzt, wie ich vermutet hatte. Wir genossen die Wochenenden und Feiertage zusammen und als wir uns wieder voneinander verabschieden mussten, brach es uns immer wieder das Herz. Aber wir hatten es geschafft. Seit 9 Tagen wohnten wir nun zusammen und nichts hatte sich je besser angefühlt. Es war UNSERE Wohnung. Immer wenn ich daran dachte, konnte ich fast weinen vor Glück. Ich wollte gar nicht mehr an die Zukunft denken, denn ich genoss die Gegenwart zu sehr. Keine Worte konnten das beschreiben. Wir hatten jetzt den Sommer über zusammen frei, für mich ging es im September und für Julia im Oktober erst wieder los.

Sie hatte einen Studienplatz hier bekommen, nachdem sie ihr Abitur mit einem guten Schnitt abgeschlossen hatte. Die Universität war auch ganz in der Nähe. Auch sie konnte es noch immer nicht fassen. Gestern Abend im Bett hatte sie sich aufgesetzt und mir gesagt, dass das nicht real sein konnte. Es war wie ein Traum, meinte sie. Jeden Abend nebeneinander einschlafen zu dürfen – das war für uns beide eine Umstellung, aber eine positive.

Ich trug nun auch immer ihre Kette, die sie mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich liebte sie. Auch in den letzten Monaten hatte sie mir sehr geholfen, wenn ich sie zu sehr vermisst hatte. Wir hatten auch jeden Abend telefoniert, was mich manchmal traurig stimmte. Denn ich konnte nur ihre Stimme hören, sie aber nicht berühren. Aber das gehörte nun der Vergangenheit an.

Ebenfalls auch Michael. Er hatte seine Strafe erhalten und würde uns in Zukunft in Ruhe lassen, worüber ich sehr froh war. Das Gericht entschied sich für eine Freiheitsstrafe in Höhe von 2 Jahren und 10 Monaten und außerdem verlor er seine Approbation als Arzt. Zum Glück hatte Julia keine weiteren Schäden behalten. Noch immer konnte sie sich an einige Dinge nicht erinnern, aber sie konnte damit leben. Hauptsache sie war gesund.

»Bist du dir sicher, dass du Wasser in den Kühlschrank gestellt hast?«, riss mich Julia aus meinen Gedanken. »Eigentlich schon.« Sie runzelte die Stirn. »Ich konnte es nicht finden. Aber ich habe dir eine andere Flasche mitgebracht.« Sie stellte die Flasche auf den kleinen Tisch und beugte sich zu mir nach unten. Ich konnte in ihren Ausschnitt gucken, zwang mich aber dazu, es nicht zu tun. Stattdessen sah ich in ihr wunderschönes Gesicht. »Nele Melling, welch ein Glück habe ich mit dir. Ich möchte mit dir die Gegenwart genießen und in der Zukunft zusammen alt werden. Ich liebe dich so sehr, das kannst du dir nicht vorstellen. Du bist das Beste in meinem Leben. Einige Sachen fehlen aber noch zu unserem kompletten Glück, die nach und nach kommen werden. Aber eine Sache möchte ich gern jetzt schon erledigt haben.« Sie kniete sich hin und mir blieb das Herz stehen. Sie zog eine kleine Schachtel hinter ihrem Rücken hervor und mir entwich ein »oh«. Sie lächelte nun. »Deshalb möchte ich dich gern fragen, ob du...«, fing sie an zu sprechen, öffnete die Schachtel und ich sah einen kleinen Zettel darin stecken, auf dem stand: »... mit mir einen Hund aus dem Tierheim holen?« Ich lachte freudig auf. Ich liebte Hunde. Natürlich hatte ich im ersten Moment mit einem Antrag gerechnet, war aber absolut nicht enttäuscht. Wir waren noch nicht allzu lange zusammen, aber trotzdem hätte ich sie auf der Stelle geheiratet, aber was nicht war, konnte ja noch werden. »Ja, ich will«, antwortete ich noch glücklicher als zuvor und unsere Lippen fanden zueinander.

Sturzflug ins Herz || txsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt