Kapitel 5

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Lucy:

,,Fühlst du dich jetzt besser, da du weißt, wo du bist?", frage ich neugierig, da Evangeline und ich beide nicht einschlafen können. Kurz denkt das Mädchen, welches in meinem Alter zu sein scheint, nach bevor sie von der Decke zu mir blickt. Dabei fallen ihr ihre dunkelblonden Harre vor ihr Gesicht. Geduldig streicht sie sie zurück und wartet lange mit ihrer Antwort. 

,,Du musst wissen, dass mein Vater mir von seinen Reisen immer ein Buch mitgebracht hat, Lucy. Es waren immer Bücher, die etwas mit Magie und Fabeln zu tun hatten. Mutter mochte diese Bücher nie, da sie viel zu nah an die Realität gebunden ist. Also ist mein Vater nachts immer zu mir geschlichen und wir haben uns in den Garten gesetzt und Bücher gelesen. Dabei habe ich immer die Sterne beobachtet. Ich habe immer an Magie geglaubt, aber dann plötzlich in diese zauberhafte Welt gerissen zu werden, ist immer noch unglaublich!", strahlt sie und springt auf.

Lachend tänzelt sie durch das Zimmer, bis eine Welle das Schiff unsanft trifft und sie wieder auf das weiche Bett geworfen wird. Dabei zieht sie scharf die Luft ein, als sie auf ihren Rücken fällt. Besorgt runzle ich die Stirn, doch Evangeline hat schon wieder ihr Lächeln im Gesicht. Ihr Gesicht stützt sie auf ihre Handflächen ab und sieht mich abwartend an.

,,Wie bist du das erste Mal nach Narnia gekommen? Was hast du gesehen?", fragt sie neugierig und das ängstliche Mädchen von vorhin ist fast ganz verschwunden. Grinsend erinnere ich mich zurück. 

,,Obwohl Narnia von Jadis regiert worden war, sah Narnia im tiefen Winter bezaubernd aus. Es war als hätte man die Welt in Puderzucker getaucht.", erzähle ich ihr, worauf ihre braunen Augen zum Strahlen anfangen. 

,,Das kann man von unserem Winter in London nicht wirklich behaupten. Es ist mehr Matsch als Schnee.", lacht sie, worauf ich zustimmend nicke. 

,,Wieso warst du eigentlich bei Eustachius?", frage ich verwirrt, als ich daran denke wie sie plötzlich aufgetaucht ist. 

,,Ich wollte ihm Nach- Oh mein Gott! Eustachius! Ich habe ihn komplett vergessen.", ruft sie erschrocken aus, doch ich beruhige sie schnell, indem ich ihr die Hand auf die Schulter lege. 

,,Mach dir keine Sorgen. Ihm geht es gut. Ich kann schnell nach ihm sehen, wenn du willst.", biete ich ihr freundlich an, da ich mir auch Sorgen um meinen Cousin mache. 

,,Danke.", antwortet sie erleichtert. Kurz drücke ich noch einmal ihre Schulter, bevor ich aufstehe und das Zimmer verlasse. Während ich den Gang entlanglaufe, summe ich eine alte Melodie, die einst Narnianen bei unserem letzten Besuch gespielt haben. In der Kajüte angekommen, höre ich das vertraute Schnarchen, über das sich mein Bruder sehr oft aufgeregt hat. Eustachius schläft also immer noch. Schmunzelnd schließe ich wieder leise die Tür und gehe zurück in das Zimmer von Evangeline und mir. Auf dem Weg bleibe ich jedoch vor dem Zimmer meines Bruders stehen, aus dem Stimmen zu hören sind. Verwirrt klopfe ich und warte auf ein Zeichen. 

,,Herein.", ertönt seine Stimme und ich drücke die Tür auf. Kaspian und Edmund scheinen miteinander diskutiert zu haben. 

,,Was ist los?", frage ich misstrauisch, als Edmunds Augen verärgert aufblitzen. 

,,Dein Bruder meint, dass wir dem Mädchen nicht trauen können.", meint Kaspian schmunzelnd, worauf ich nur die Augen verdrehen kann. Typisch Ed. 

,,So habe ich das nicht gesagt.", widerspricht jedoch Edmund sofort, ,,Ich sagte nur, dass wir vorsichtig sein sollten." 

,,Wieso? Weil sie mit Eustachius befreundet ist?", verteidige ich Evangeline sofort. In den letzten Stunden, in denen wir über Gott und die Welt (eher Aslan und Narnia) geredet haben, ist sie mir ans Herz gewachsen. Natürlich habe ich auch mitbekommen, dass sie etwas vor uns verheimlicht, aber dafür gleich misstrauisch sein?

,,Das vielleicht auch, aber als ich sie vorher aus dem Wasser ziehen musste, war sie komplett versteift.", erzählt Edmund verwirrt. 

,,Stell dir vor, du wärst von einem magischen Bild in die Tiefe des Meeres gezogen worden, ohne zu wissen was los ist. Hättest du dann nicht auch Angst?", verteidigt auch Kaspian sie. 

,,Ja, schon. Es ist nur schwierig zu glauben, dass sie nicht schwimmen kann.", grübelt Edmund wieder. 

,,Sie kann schwimmen. Das hat sie mir erzählt.", rutscht es mir heraus, worauf mich die beiden Jungs neugierig ansehen. 

,,Und?", dringt mein Bruder nach.

,,Sie hat es mir nicht erzählt, aber sie hat aus irgendeinem Grund Angst vor dem Wasser. Und ich respektiere ihre Entscheidung.", antworte ich. 

,,Kannst du es herausfinden?", fragt diesmal auch Kaspian. 

,,Natürlich würde ich es auch gerne wissen, aber erst, wenn sie es mir freiwillig sagen will. Falls ihr eure Neugier nicht kontrollieren könnt, fragt sie selbst!", antworte ich genervt. Dann trete ich einige Schritte näher an meinen Bruder heran. ,,Evangeline ist ein wundervolles Mädchen und auch eine Freundin von mir. Dein Verhalten heute war wirklich mies ihr gegenüber." Während ich das sage, lege ich eine Hand auf seine Schulter, worauf er mich schuldbewusst ansieht. 

,,Ich werde mich bei ihr entschuldigen.", meint er, woraufhin er anfängt zu grinsen. Ich will mich gerade umdrehen, um den Raum zu verlassen, als ich abrupt stehen bleibe. 

,,Was ist los, Lucy?", fragt Kaspian besorgt. 

,,Als wir vorhin in unserem Zimmer waren, hat sie vor Freude angefangen zu tanzen. Durch die Wellen ist sie wieder auf das Bett gefallen. Dabei hat sie schmerzhaft gezischt. Sie hat irgendwelche Verletzungen am Rücken. Aber wieso sagt sie uns nichts?", spreche ich meine Gedanken laut aus. Die beiden Männer zucken mit den Schulter. 

,,Vielleicht ist sie durch einen Gegenstand oder etwas ähnlichem im Zimmer verletzt worden, als wir nach Narnia gekommen sind.", vermutet mein Bruder besorgt.

,,Wir sollten sie darauf ansprechen. Es könnte sein, dass es sich entzündet oder ähnliches. Aber jetzt sollten wir zu Bett gehen.", bestimmt Kaspian, während er versucht ein Gähnen zu unterdrücken. Gedankenverloren wandere ich zum Zimmer zurück, nachdem ich den Beiden eine gute Nacht gewünscht habe. In unserem Zimmer angekommen, will ich sie sofort auf das Thema ansprechen, doch das dunkelblonde Mädchen ist schon friedlich auf unserem Bett eingeschlafen. Seufzend und doch glücklich schlüpfe ich aus meinen Schuhen heraus und wickle mich um die Bettdecke. Durch das sanfte Wiegen der Wellen und dem Geräusch des Meeres bin ich schnell eingeschlafen. 

Lost Souls/Edmund PevensieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt