Kapitel 27

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,,Ich auch.", stimme ich ihm zu.

,,Schon blöd, wenn man Retter von Narnia sein soll.", lacht er und lehnt seine Stirn an meinen Kopf. Ich lehne mich an ihn und schlinge meine Arme um seinen Oberkörper.

,,Noch dazu, wenn man Hochkönig von Narnia ist, nicht wahr?", erwidere ich grinsend. Mit einem Ruck steht Edmund auf, sodass er mich mit nach oben zieht.

,,So sehr ich auch hier mit dir hier liegen bleiben möchte, so sehr will ich auch deinen Vater finden und Narnia retten.", sagt er flüsternd und drückt mir einen Kuss auf den Haaransatz.

Als wir weiter gehen wollen, stolpere ich wieder, sodass Edmund mich -wahrscheinlich, ich kann ihn ja nicht sehen- elegant auffängt. Ich kann sein Grinsen schon fast spüren, als ich mich wieder aufrichte. Damit ich nicht noch einmal hinfalle, nimmt er meine Hand in seine und zieht mich weiter. Als ich so hinter ihm her gehe, werden meine Knie weich. Ich kann mich glücklich schätzen Edmund kennengelernt zu haben. Mittlerweile musste ich mir eingestehen, dass er mehr als nur ein Freund ist. Aber insgeheim wusste ich das schon von dem Moment an, als er mich aus dem Wasser zog. Selbst als er abweisend zu mir war, fühlte ich mich von ihm angezogen. Als ich so hinter ihm her gehe, fühle ich mich sogleich glücklich als auch traurig. Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir Narnia verlassen werden. Werden wir uns dann immer noch so nahe stehen? 

Als wir auf die anderen aufschließen, brauchen wir nicht mehr lange, bis wir zu den Booten kommen werden. Während wir ihnen nachgelaufen sind, haben Edmund und ich nicht mehr mit einander geredet. Doch wir mussten nichts sagen, um zu wissen, was der andere fühlt. Trotzdem fühle ich einen Kloß in meiner Kehle stecken, als wir in die Boote steigen. Wäre es besser ihm zu sagen, was ich fühle? Meine Gedanken kreisen fast nur um Edmund. Ich habe keine Angst, dass er mich zurückweisen wird -nicht, dass er es nicht tun könnte- sondern davor, dass ich ihn verliere. Insgeheim weiß ich, dass sein Tod mich wahrscheinlich härter treffen würde als der meines Vaters. Ich spüre wie mein Mut verraucht. Nein, ich darf nicht daran denken, was passieren könnte. 

Egal, wer dort oben auf uns heruntersieht, Aslan, Gott, meinetwegen auch irgendein griechischer Gott, darf nicht zulassen, dass Edmund stirbt. Nicht nur wegen mir. Wegen seiner Familie. Wegen Lucy. Die Beiden sind wie Licht und Schatten. Der Schatten kann ohne das Licht nicht existieren. 

Auf der Morgenröte angekommen, teilt Kaspian sofort die Truppen zu. Ca. ein dutzend Männer laufen nach unten, um die Ruder zu bedienen. Die anderen bleiben hier und holen Waffen aus einem Zimmer. Sauber gestapelt und aufgereiht liegen die Armbrüste und Schwerter da. Als sie so da liegen, jagen sie mir ungeheuer viel Angst ein. Wir wissen ja nicht einmal genau, gegen was wir eigentlich kämpfen. 

,,Angie? Kommst du?", fragt Lucy leise und zupft an meinem Hemd. Erschrocken nicke ich und gemeinsam gehen wir in unser Zimmer. Dort drin wartet schon Gael auf uns. Als sie uns entdeckt, springt sie aufgeregt von der Bettkante. 

,,Ich will auch kämpfen!", ruft sie sofort. Sanft drücke ich sie zurück aufs Bett. Ihre braunen Augen sehen mich aufgebracht an und sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust.

,,Gael. Wir haben doch schon einmal darüber geredet. Es ist zu gefährlich. Dein Vater will auch nicht, dass dir etwas passiert.", sagt Lucy eindringlich. Gael schürzt die Lippen, als verdrückte sie sich einen Kommentar, doch bleibt still. 

,,Wir sollten unsere Rüstungen anlegen.", sagt sie plötzlich ernst, als sie auf ihre eigene sieht, die in der Ecke auf sie wartet. Auf einmal grinst sie breit. Misstrauisch ziehe ich eine Augenbraue hoch, als sie zu mir kommt. 

,,Ich habe nicht viele Schlachten gefochten. Also weiß ich nicht genau, wie man dieses Teil anlegt.", lügt sie grinsend, während ich sie noch immer genau beobachte, ,,Du brauchst noch eine Rüstung. Frag doch meinen Bruder ob er dir hilft." 

Geschockt sehe ich sie an, worauf sie in Lachen ausbricht. Wenig später muss ich auch lachen, doch eine gewisse Röte lässt sich nicht verstecken. Nervös versuche ich meine Haare hinzurichten. Ich musste mich ein wenig an die Länge gewöhnen, doch ich finde ich sehe hübsch aus. Nervös binde ich meine Haare zusammen, als Lucy mich am Arm schlägt. 

,,Wenn ihr euch nicht küsst, verliere ich meine Wette.", lacht sie, worauf ich sofort aufhöre zu lachen.

,,Du hast darüber gewettet, dass wir uns küssen?"

,,Mit Kaspian. Es geht zwar um nichts, aber es würde meine Ehre zerstören.", antwortet sie grinsend und hält sich theatralisch an die Brust. 

,,Hat er etwa gesagt, dass wir uns nicht küssen würden?", frage ich lachend. Lucy winkt ab. 

,,Nein. Er sagte nur, dass Edmund nicht den Mut aufbringen würde, es zu tun. Also würdest du es tun?", fragt sie und wechselt so abrupt das Thema, sodass ich fast die Frage nicht verstanden habe. 

,,Ich glaube- ja. Ja. Aber nicht wegen deiner Wette.", lache ich, um meine Nervosität zu überspielen. Lucy sieht mich jedoch mit einem schiefen Blick an, der mir sagt, dass sie mich durchschaut. 

,,Ihr zwei gehört zusammen. Wenn mein Bruder es aber nicht schafft, seinen Mut zu finden, den nächsten Schritt zu machen, dann werde ich ihm gehörig den Hintern versohlen. Falls er sich irgendwie dämlich dir gegenüber verhält, dann weißt du hoffentlich, dass du auf mich zurückkommen kannst.", sagt sie laut. Gael verfolgt neugierig unser Gespräch, doch sie sagt nichts, sondern hört gespannt zu, als würde sie ein Tennismatch ansehen. 

,,Du redest von uns, als wären wir schon zusammen.", lache ich nervös. Lucy schüttelt lachend ihren Kopf, sodass ihre langen Locken um sie wirbeln.

,,Seid ihr das den nicht?", fragt Gael plötzlich. ,,Ich dachte immer, ihr seid schon zusammen."

Während Lucy lachend auf dem Bett liegt und Gael verwirrt zwischen uns hin und her sieht, fühle ich mich, als hätten sie es ziemlich gut beschrieben. Unhörbar seufze ich auf, sodass es die anderen es nicht hören können. Wenn es denn nicht schon so wäre. 

Lost Souls/Edmund PevensieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt