Kapitel 12

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Blitzschnell haben wir die Wachen entwaffnet und uns ihre Schwerter geschnappt. Während wir die Wachen im Zaum halten, holt Evangeline die Schlüssel einer bewusstlosen Wache und befreit sowohl sich als auch Lord Bern. Danach wirft sie die Schlüssel gekonnt zu Kaspian und mir, worauf wir uns blitzschnell befreien. Mehr Wachen kommen auf uns zu, doch da wir mittlerweile bewaffnet sind, war es kein Problem sie zu besiegen. 

Nach kurzer Zeit konnte ich hinter mir Evan keuchen hören, als sie einen jungen Mann die Treppen hinunter stoßt. Doch erst als wir die Wachen ausgeschaltet haben, konnte ich zu ihr gehen. Sofort richtet sich ihr Blick auf mich, worauf sie erleichtert aufspringt. Jedoch schwingt ihre Erleichterung sofort in Erschütterung um.

,,Wir haben diese Männer getötet.", flüstert sie fassungslos. Vorsichtig lege ich meine Hände auf ihre Schultern, worauf sie mich ängstlich ansieht. Ihre Hände zittern und obwohl sie versucht, das zu verstecken, fällt es mir auf.  

,,Diese Männer haben unschuldige Menschen versklavt, verkauft und misshandelt. Sie haben Unschuldigen ihr Leben genommen, indem sie sie dem Nebel zum Fraß vorgeworfen haben. Du trägst keine Schuld, Evan.", flüstere ich beruhigend, worauf sie versucht mich anzulächeln, doch es war falsch und vor Sorge getränkt. Da ich keine Worte fand, um sie zu trösten, nehme ich ihre zarte Hand in meine und so folgen wir Lord Bern und Kaspian, welche schon auf dem Weg zu unseren Seemännern sind. Während des langen Weges, lasse ich ihre Hand nicht los, da sie in Gedanken versunken ist und immer noch niedergeschlagen war. Erst als wir unten ankommen suchen ihre Augen sofort nach jemandem.

,,Wo ist Eustachius? Wo ist Lucy?", fragt sie besorgt, doch wir werden von einer hellen Stimme unterbrochen. 

,,Ed! Angie!", ruft meine Schwester und umarmt uns beide so stürmisch, sodass ich ungewollt Evans Hand loslasse. Trotzdem bin ich froh, dass es meiner Schwester gut geht und drücke sie noch einmal fest, bevor ich sie loslasse.

,,Weißt du wo Eustachius ist?", fragt Evan besorgt, nachdem auch sie Lucy umarmt hat. Doch meine Schwester schüttelt den Kopf.

,,Während wir kämpften, habe ich ihn aus den Augen verloren.", antwortet sie nun. Sofort sucht das blonde Mädchen neben mir wieder nach meinem Cousin. Nach kurzer Zeit hört sie auf, da sie ihn nicht findet und wendet sich wieder uns zu. 

,,Was ist mit euch geschehen?"

,,Sie wollten uns auf dem Sklavenmarkt verkaufen. Bevor sie uns aber weggeführt haben, haben Reepicheep und Drinian eingegriffen und die Männer angegriffen. Kurze Zeit später seid ihr aufgetaucht.", antwortet sie ,,Was ist mit euch passiert?"

,,Wir wurden in einen Kerker geführt und eingesperrt. In der Zelle war zufälligerweise Lord Bern. Er erzählte uns, dass der Nebel gefährlich sei und das Böse bald die Überhand gewinnt. Diese Männer haben Unschuldige als Opfer für den Nebel ausgewählt, um den Hunger des Nebels zu Stillen.", antworte ich sachlich mit versteckter Wut, während wir uns auf den Weg zu den anderen machen. 

Die Antwort meiner Schwester ging in den Jubelschreien unter. Menschen strömen auf die Straßen und weinten, knien sich vor Kaspian nieder oder fielen sich gegenseitig in die Arme. Wir folgen Kaspian zu den Schiffen, nachdem er eine Rede über die Befreiung dieser Insel gehalten hat. Die Menschen folgen uns hinunter zum Hafen. Im Trubel verliere ich Evangeline aus den Augen, doch ein glückliches Lächeln kann ich mir nicht verkneifen. Plötzlich hält uns ein Mann auf. Seine Haare sind braun und lang. Seine Augen prägen Falten, als hätte er lange gearbeitet.

,,Meine Frau wurde vom Nebel verschluckt. Ich bin ein tüchtiger Seemann und habe mein ganzes Leben auf See gearbeitet. Nehmt mich mit, um sie zu finden. Bitte.", bittet er Kaspian. Kurz wendet sich Kaspian zu Drinian und mir, worauf wir unauffällig nicken.

,,Willkommen bei der Besetzung der Morgenröte.", antwortet Kaspian feierlich und schlägt dem Mann freundlich auf die Schulter. Bevor wir jedoch gemeinsam zu den Boten gehen, werden wir von Lord Bern unterbrochen. Erschrecklicher weise war mir sein Verschwinden nicht aufgefallen. In seinen Händen hält er ein silbernes Schwert.

,,Diese Schwert übergebe ich euch, König Kaspian. Es wurde von Aslan selber geschmiedet und ist mit einem Zauber belegt. Jeder der sieben Lords bekam eines von ihm persönlich. Es soll euch Glück bringen.", erklärt er und übergibt es Kaspian. Kaspian bietet ihm darauf an, ihn mitzunehmen, um ihm auf der Suche zu helfen, während er das Schwert entgegennimmt. Doch der Lord lehnt dankend an, mit der Begründung, dass er sich um die Insel kümmern wolle, nachdem sie ja jetzt vom Sklavenhandel befreit wurde. Danach wendet er sich an Evangeline, welche plötzlich hinter mich geschlichen ist.

,,Evangeline Gresham. Das ist dein voller Name, oder?", fragt er das Mädchen neben mir vorsichtig, worauf sich Evangeline neugierig zu ihm umdreht.

,,Ja, das ist er. Ich wurde nach meiner Großmutter benannt, welche leider früh an einer Krankheit starb.", antwortet sie, doch in ihrer Stimme lag ein verstecktes Fragezeichen.

,,Wie hieß dein Vater, meine Liebe?", fragt er weiter, doch in seinem Blick lag Trauer.

,,Jonathan. Jonathan Gresham.", antwortet sie, doch ihre Stimme klang brüchig. Kaspian und die Männer beladen derweil das Schiff mit Vorräten, doch meine Aufmerksamkeit gilt dem Mädchen neben mir. Sie hat nie etwas über ihre Familie erzählt, geschweige denn von ihrem Vater.

Lord Bern seufzt tief und greift in seine Jackentasche. Er zieht ein Foto heraus. Ein sehr altes, das aussah als würde es bald auseinanderfallen, wenn man es nur falsch berührt.

,,Was hat das mit meiner Familie zu tun?", fragt Evan und fährt sich mit ihren Händen über die Oberarme, als würde sie eine Gänsehaut bekommen. Lord Bern übergibt ihr das Bild. Evangeline hält sich erschrocken die Hand vor den Mund.

,,Mein Vater trug dieses Bild immer bei sich! Wie kam es nach Narnia?", fragt sie hysterisch, worauf sie versucht sich selbst zu beruhigen. 

Lost Souls/Edmund PevensieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt