Kapitel 9

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„Guten Morgen. Ich bin für mein Vorstellungsgespräch hier. Ich sollte mich bei Ihnen anmelden.", fing ich an der rothaarigen Dame im Eingang des Büros zu erklären. Diese hob nur einmal kurz ihren Blick von dem Papierstapel vor ihr und unterbrach mich, bevor ich meinen Namen nennen konnte: „Da sind Sie hier falsch. Die neue Sekretärin wird für Büro 8 nebenan gesucht." ,,Ich bin hier für die Stelle als Kriminalpsychologin. Dr. Susan Phillips ist mein Name. Bin ich immer noch falsch hier?", fragte ich. Sie schaute mich erschrocken an und stotterte vor sich her: ,,Oh, oh ja natürlich Dr. Phillips. Entschuldigen Sie, ähm ich dachte nicht, dass wir eine, ähm Frau erwarten. Ich, ich werde sofort bei Mr. Millon Bescheid geben. Er erwartet Sie schon."

„Sie glauben nicht, wie sehr ich mich freue Sie in meinem Team zu haben. Ich bin begeistert von Ihren Qualifikationen und Erfahrungen, die Sie mitbringen. Und das in Ihrem Alter. Hatten Sie schon länger geplant in Richtung Kriminalpsychologie zu gehen?", fragte Mr. Millon am Ende unseres Gespräches. „Ich habe mich schon lange dafür interessiert, doch nicht gedacht wirklich einmal in diesem Bereich arbeiten zu können. An der Uni hatte ich ein paar extra Kurse belegt und später Weiterbildungen gemacht. Für meine Selbstständigkeit war das natürlich nicht nötig, doch hat mir wertvolle Erfahrungen gegeben."

Es klopfte an der Tür des Büros und herein kam ein mittelgroßer, gutgebauter Mann, etwa Mitte 50 mit grauen zurückgegelten Haaren und einem schicken Anzug. Seine strengen Gesichtszüge waren auffällig. Mr. Millon begrüßte ihn freudig: „Chief Superintendant Boson, Sie kommen gerade recht. Darf ich Ihnen Dr. Susan Phillips vorstellen? Sie hat die Stelle als Kriminalpsychologin und wird vermutlich einem der Ihnen unterstellten Inspektoren zugeteilt. Direkt etwas praktische Erfahrung wir ihr gut tun, da auf theoretischer Ebene sehr viel Wissen vorhanden ist." „Frau Doktor, schön Ihre Bekanntschaft zu machen.", dabei musterte mich Boson von oben bis unten und fügte dann hinzu: „Ich denke bei Hopkins oder Lestrade dürfte sie gut aufgehoben sein. Ohnehin äußerte Lestrade gestern den Wunsch Verstärkung für sein Team zu bekommen. Jedoch von diesem Möchtegern-Detektiv Holmes. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht mit unserem eigenen Personal bewältigt bekommen. Gut, dass ich wieder etwas Ordnung in den Saftladen bringe. Würde mich freuen bald mehr von Ihnen zu hören, Ms. Phillips. Ich hoffe, Sie leben sich schnell ein. Sobald wir etwas für sie haben melde ich mich bei Ihnen, Millon."

Mit Millon besprach ich noch meine Einarbeitungsphase und die verschiedenen Seminare, die ich noch zu besuchen hatte. Dann stellte er mir Kollegen vor, mit denen ich die nächsten Wochen viel zusammenarbeiten würde. Ich hatte das Gefühl, er stimmte nicht mit allem, was Boson gesagt hatte überein. Doch der Gedanke direkt mit Greg zusammen arbeiten zu können machte mich ganz kribbelig. Vor allem, dass man mir zutraute schon recht bald an einem Fall mitzuarbeiten war fantastisch. Das war alles so aufregend und ich konnte es immer noch kaum fassen, was für eine Chance ich bekommen hatte.

„Und wie lief es?", fragte Greg mich später. „Ich würde behaupten ziemlich gut. Ich hab meinen Arbeitsvertrag unterschrieben, die neuen Kollegen kennengelernt und Superintendant Boson. Dein Gespräch mit ihm verlief wohl nicht, wie erhofft. Seine Meinung über Sherlock ist sehr gering. Aber er hat angesprochen, dass ich vermutlich deinem Team zugeteilt werden könnte.", berichtete ich. „Na, da hast du wohl ordentlich Eindruck bei ihm gemacht. Das sollten wir feiern. Willst du mit zu mir kommen?" „Ein andermal gerne, denn ich passe heute auf Lisa auf. Sie wohnt in der Wohnung über mir und ihre Eltern gehen heute Abend ins Theater. Wenn ich arbeiten bin, kümmert sie sich mittags nach der Schule um Julia. Im Gegenzug passe ich ab und zu auf sie auf, denn ein Babysitter ist was für Kleinkinder, aber mich zu besuchen ist natürlich toll. Wenn dir das nichts ausmacht kannst du gerne mit zu mir. Nur Wünsche fürs Abendessen kannst du nicht mehr einreichen, sondern musst mit Nudeln und Tomatensoße leben. Denn das hab ich schon versprochen." „Das klingt doch gut. Also zu dir." Wir stiegen in sein Auto ein, doch er startete den Motor nicht direkt. „Da ist noch etwas.", fing er an, mit dem Blick gerade aus auf die Betonwand der Tiefgarage gerichtet. „Mein Anwalt hat vorhin angerufen. Die Scheidung ist durch. Ich bin ein freier Mann. Ganz offiziell." Er drehte den Kopf zu mir und ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Ich lächelte zurück und meinte nur: „Das freut mich, Greg." Das tat es wirklich, doch im selben Moment stieg Panik in mir auf. Denn ich hatte das Gefühl, er wollte nun eine eindeutige Entscheidung meinerseits. Und das hatte er auch verdient. Ich wollte ihn nicht länger hinhalten. Doch ich war mir noch nicht ganz sicher über meine Gefühle. Es sprach so viel für ihn, doch war ich überhaupt gut genug für ihn? Ich wollte ihn nicht verletzten oder in Gefahr bringen. Er brannte für seine Arbeit und ich wollte ihn in keinen Zwiespalt bringen. Doch das würde ich irgendwann tun. Schließlich war mein Bruder der Boss des größten kriminellen Netzes Londons, wenn nicht sogar Englands oder der Welt; wer wusste das schon so genau? War er sich dessen bewusst? Seine Scheidung war nun durch. Ein abgeschlossenes Kapitel. Doch er sollte nicht das nächste öffnen, nur um erneut verletzt und enttäuscht zu werden. Wahrscheinlich waren das die wirklichen Gründe, die mich zurück hielten. Ich wollte Greg gegenüber noch etwas sagen, doch ich fand nicht die richtigen Worte. So schwiegen wir die Autofahrt weitestgehend, doch Greg schien zufrieden, denn das Lächeln blieb.

Stay with me. GL (BBC Sherlock Ff Fan Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt